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Datenkrake Krankenkasse

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Haben Sie von Ihrer Krankenkasse einen Fragebogen mit allen möglichen medizinischen und persönlichen Fragen bekommen? Gesetzlich Krankenversicherte, die Krankengeld beziehen oder eine Kur planen, erhalten häufig von ihrer Krankenkasse einen sogenannten Selbstauskunftsbogen.

Darin sollen sie sich beispielsweise äußern zur Krankheit äußern, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat, deren voraussichtlicher Dauer, nach den durchgeführten Untersuchungen, nach ihrem Beruf, nach geplanten Reha-Maßnahmen, nach genauen Einzelheiten zur Berufsausübung und oft auch nach ganz per­sönlichen Dingen. Alle Informationen leitet die Krankenkassen dann gegebenenfalls an den zuständigen Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weiter.

Fragebögen häufig unzulässig

Die Krankenkassen sind in vielen Fällen zwar verpflichtet, ihren MDK mit einer Prüfung zu beauftragen, etwa bei beantragten Leistungen wie Reha-Maßnahmen oder zur Überprüfung von Arbeitsunfähigkeit, aber sie dürfen diese Befragung nicht selbst vornehmen! Nur der MDK darf Ihre gesundheitlichen Daten erfragen, und das auch nur, so weit es im konkreten Einzelfall erforderlich ist. Eine direkte Datenerhebung durch die Krankenkassen sieht das Gesetz nicht vor. Weder die Fragen, die der MDK Ihnen stellt, noch Ihre Antworten sollen für die Krankenkasse zugänglich sein. Der MDK hat Ihrer Krankenkasse nur das Ergebnis seiner Begutachtung mitzuteilen.

Datenschutz hat Vorrang

Auch die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), Andrea Voßhoff, sieht das so:

„Häufig versuchen Krankenkassen, z. B. in Fällen der Arbeitsunfähigkeit oder der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen, über Selbstauskunftsbögen und Erhebungen bei den behandelnden Ärzten, gestützt auf allgemeine Schweigepflichtentbindungserklärungen, an detaillierte Informationen zum Gesundheitszustand oder zur allgemeinen Befindlichkeit der Versicherten zu gelangen. Die Versicherten sollen etwa Auskünfte und Selbsteinschätzungen zur physischen und psychischen Verfassung (Arbeitsfähigkeit, Suchtprobleme, etc.) und zum allgemeinen Lebensumfeld (Wohnverhältnisse, Eheprobleme, finanzielle Situation) geben. Diese Vorgehensweise entspricht in vielen Fällen nicht den sozialdatenschutzrechtlichen Vorgaben.

In § 275 SGB V ist eindeutig die Zuständigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) in Abgrenzung zu den Krankenkassen geregelt. Der Gesetzgeber hat dem MDK die Begutachtung und Prüfung medizinischer Sachverhalte im Auftrag der Krankenkassen übertragen. Dazu darf er – soweit im Einzelfall erforderlich – medizinische Daten erheben, die über die Befugnis der Krankenkassen hinausgehen. Aus dieser Aufgabenübertragung lässt sich schließen, dass die Kassen die detaillierten medizinischen Informationen gerade nicht erhalten sollen. Sie dürfen lediglich um die Übermittlung der Behandlungsdaten unmittelbar an den MDK ersuchen. Dies bestätigt auch die Regelung des § 277 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach darf der MDK der jeweiligen Krankenkasse nur das Ergebnis der Begutachtung mitteilen, nicht aber die Informationen, aufgrund derer der MDK zu seinem gutachterlichen Ergebnis gelangt ist. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob die gewonnenen Erkenntnisse überhaupt geeignet sind, eine seriöse Leistungsentscheidung der Krankenkasse zu stützen, solange die Angaben lediglich auf pauschalen Fragestellungen in standardisierten Erhebungsbögen beruhen. Selbsteinschätzungen der Betroffenen mangelt es an einer belastbaren medizinischen Grundlage, so dass diese Angaben selbst für eine Begutachtung durch den MDK kaum verwertbar sein dürften.

Eine Durchbrechung des Grundsatzes der abgegrenzten Datenerhebungsbefugnisse von Krankenkasse und MDK stellt die seit August 2015 bestehende gesetzliche Befugnis (§ 44 Abs. 4 SGB V) der Krankenkassen dar, ein sogenanntes Krankengeldfallmanagement durchzuführen. Um den Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind, zu erfüllen, dürfen die gesetzlichen Krankenkassen die hierzu erforderlichen personenbezogenen Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Voraussetzung hierfür ist aber eine schriftliche Einwilligung und eine vorherige schriftliche Information des Versicherten. Die Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Die Teilnahme am von Krankenkassen angebotenen »Krankengeldfallmanagement« ist also freiwillig, die Nichtteilnahme führt zu keinen leistungsrechtlichen Einschränkungen.”

(Aus der Broschüre „Sozialdatenschutz – Rechte der Versicherten”, herausgegeben von der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Bonn 2015)

Was tun, wenn Sie einen solchen Fragebogen bekommen?

Sie müssen entscheiden:

  • Wollen Sie das „Krankengeld-Fallmanagement” Ihrer Krankenkasse freiwillig unterstützen? Dann füllen Sie den verlangten Bogen aus.
  • Wenn nicht: Antworten Sie, dass Sie bereit sind, alle notwendigen Auskünfte zu Ihrer Krankheit direkt an den MDK (den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) zu senden, sobald Sie dazu aufgefordert werden.

Diese Antwort sollte keine Nachteile für Sie zur Folge haben. Wenn doch: Informieren Sie uns – auch gerne, wenn Ihre Krankenkasse Sie bittet, einen Selbstauskunftsbogen auszufüllen. Verbraucherzentrale Hamburg, Fachabteilung Gesundheit + Patientenschutz, Kirchenallee 22, 20099 Hamburg
E-Mail: patientenschutz@vzhh.de, Fax: (040) 24832-290

Stand vom Freitag, 1. April 2016

VBZ HH

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