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Datenschutz in Deutschland im weltweiten Vergleich

skylarvision (CC0), Pixabay
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Interview mit Rechtsanwalt Mike Rasch, Fachanwalt für Datenschutzrecht: „Deutschland als Vorreiter im Datenschutz“

Interviewer: Herr Rasch, Deutschland gilt international als Vorreiter im Datenschutz. Wie ist dieser Ruf entstanden?

Mike Rasch: Deutschland hat eine lange Tradition im Datenschutz, die stark von seiner Geschichte geprägt ist. Sowohl die Überwachung im Nationalsozialismus als auch die umfassende Kontrolle durch die Stasi in der DDR haben das Bewusstsein für Datenschutz extrem geschärft. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht im berühmten Volkszählungsurteil von 1983 festlegte, ist ein Kernstück dieses Bewusstseins. Es schützt jeden Bürger davor, dass persönliche Daten ohne sein Wissen und Einverständnis gesammelt und verwendet werden. Diese Grundrechte sind in Deutschland tief verwurzelt und spiegeln sich in unseren Gesetzen wider.

Interviewer: Welche Rolle spielt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in diesem Kontext?

Mike Rasch: Die DSGVO ist ein Meilenstein im europäischen Datenschutzrecht. Sie setzt nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten EU hohe Standards und wird international als Vorbild angesehen. In Deutschland wurde die DSGVO durch das Bundesdatenschutzgesetz ergänzt, was eine besonders strenge Auslegung der Vorschriften gewährleistet. Diese Verordnung gibt Bürgern weitreichende Rechte über ihre Daten, etwa das Recht auf Auskunft, Löschung oder Berichtigung. Unternehmen und Organisationen sind verpflichtet, sehr sorgsam mit personenbezogenen Daten umzugehen, und Verstöße können teuer werden – bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens.

Interviewer: Im internationalen Vergleich: Wie steht Deutschland da?

Mike Rasch: Im Vergleich zu anderen Ländern hat Deutschland extrem strikte Datenschutzvorgaben. In den USA beispielsweise gibt es kein einheitliches Datenschutzgesetz, sondern eine Reihe sektorspezifischer Vorschriften, die nicht so umfassend sind wie die DSGVO. Länder wie China verfolgen hingegen einen eher entgegengesetzten Ansatz, bei dem staatliche Überwachung eine große Rolle spielt. Insofern kann man sagen, dass Deutschland – und Europa im Allgemeinen – einen sehr hohen Standard für Datenschutz gesetzt hat, der weltweit Beachtung findet.

Interviewer: Warum ist das Thema Datenschutz in Deutschland so wichtig?

Mike Rasch: Datenschutz ist hierzulande eng mit dem Schutz der Privatsphäre und den Grundrechten verbunden. Es geht nicht nur darum, zu verhindern, dass persönliche Daten missbraucht werden, sondern auch darum, den Bürgern die Kontrolle über ihre eigenen Informationen zu geben. In der digitalen Welt, in der Daten das neue Gold sind, ist es umso wichtiger, dass persönliche Informationen nicht unkontrolliert gesammelt und genutzt werden. Deutschland hat erkannt, dass der Schutz dieser Daten unerlässlich ist, um das Vertrauen der Menschen in die digitale Gesellschaft zu erhalten.

Interviewer: Wie gehen die Bürger in Deutschland mit dem Thema Datenschutz um?

Mike Rasch: Die meisten Menschen in Deutschland sind sehr sensibel, was den Schutz ihrer persönlichen Daten angeht. Es gibt hier eine tiefe Skepsis gegenüber der Sammlung von Daten, vor allem durch große Tech-Unternehmen wie Facebook oder Google, aber auch durch den Staat. Viele Bürger nutzen ihre Rechte nach der DSGVO aktiv, um etwa zu erfahren, welche Daten über sie gespeichert sind, oder verlangen die Löschung ihrer Daten. Gleichzeitig ist es interessant zu beobachten, dass dieselben Menschen oft die Bequemlichkeiten von datenintensiven Diensten nutzen – sei es beim Online-Shopping, in sozialen Netzwerken oder durch die Nutzung von Smartphones, die ständig Daten sammeln.

Interviewer: Also gibt es auch eine gewisse Ambivalenz im Umgang mit Daten?

Mike Rasch: Absolut. Viele Menschen wollen einerseits ihre Daten schützen und sind skeptisch, wenn es um die Sammlung und Speicherung persönlicher Informationen geht. Andererseits nutzen sie gerne die praktischen Vorteile moderner Technologien, die eben genau auf diesen Daten basieren. Es entsteht eine Art Balanceakt zwischen dem Wunsch nach Privatsphäre und dem Bedürfnis nach digitalem Komfort.

Interviewer: Welche Herausforderungen sehen Sie zukünftig im Bereich Datenschutz?

Mike Rasch: Eine der größten Herausforderungen ist der Umgang mit neuen Technologien wie Künstlicher Intelligenz oder Big Data, die riesige Mengen an Daten verarbeiten und oft schwer nachvollziehbar sind. Hier wird es für Gesetzgeber und Datenschützer zunehmend schwieriger, einen angemessenen Rahmen zu schaffen, der sowohl Innovationen ermöglicht als auch den Datenschutz gewährleistet. Zudem steht der Datenschutz in einem Spannungsverhältnis zu staatlichen Sicherheitsinteressen, etwa bei der Überwachung von Terrorismusverdächtigen oder der Strafverfolgung.

Interviewer: Ein besonders kontroverses Thema in Deutschland war ja auch die Corona-Warn-App. Wie haben Sie die Diskussion um Datenschutz in diesem Zusammenhang wahrgenommen?

Mike Rasch: Die Einführung der Corona-Warn-App hat das tiefe Misstrauen vieler Deutscher gegenüber staatlicher Datenerfassung erneut deutlich gemacht. Obwohl die App datenschutzrechtlich sehr streng konzipiert wurde, gab es viele Bedenken darüber, wie die Daten verwendet werden könnten. Das zeigt, wie sensibel das Thema in der Bevölkerung ist. Am Ende konnte die Regierung das Vertrauen vieler Menschen gewinnen, aber die anfängliche Skepsis war enorm.

Interviewer: Was können Unternehmen tun, um den Datenschutz ihrer Kunden besser zu gewährleisten?

Mike Rasch: Zunächst müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie die Vorgaben der DSGVO einhalten und transparent mit den Daten ihrer Kunden umgehen. Das bedeutet vor allem, dass sie nur die Daten erheben, die wirklich notwendig sind, und diese sicher speichern. Darüber hinaus sollten sie regelmäßig Schulungen für ihre Mitarbeiter durchführen, um das Bewusstsein für Datenschutz in allen Bereichen zu stärken. Es reicht nicht, einmal eine Datenschutzerklärung zu verfassen – Datenschutz muss ein integraler Bestandteil der Unternehmenskultur werden.

Interviewer: Abschließend, wie sehen Sie die Zukunft des Datenschutzes in Deutschland?

Mike Rasch: Datenschutz wird in Deutschland weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Mit den immer schneller voranschreitenden technologischen Entwicklungen wird der Schutz persönlicher Daten aber auch immer komplexer. Es ist wichtig, dass Deutschland und die EU als Ganzes ihre führende Rolle im Datenschutz behalten, um Bürgern auch in der digitalen Welt den Schutz zu bieten, den sie verdienen. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir Innovationen nicht ausbremsen. Es wird darauf ankommen, die richtige Balance zu finden.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Rasch, für diese ausführlichen Einblicke in das Thema Datenschutz!

Mike Rasch: Sehr gerne!

 

 

 

 

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