Unter dem Präsidentschaftsmotto „Gemeinsam. Europa wieder stark machen.“ haben sich die Justizministerinnen und Justizminister der 27 EU-Mitgliedstaaten bei ihrer informellen Videokonferenz am 6. Juli 2020 – der ersten Ratstagung während der deutschen Präsidentschaft – mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Corona-Krise und dem Kampf gegen Hetze und Desinformation befasst.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:
„Wir wollen ein starkes Europa, das besser gegen schwere Krisen wie die Corona-Pandemie gewappnet ist. Wir müssen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gerade jetzt stärken. Denn Populisten und Radikale versuchen die Not zu missbrauchen, in die Menschen durch die Corona-Krise geraten sind.
Rechtsstaatlichkeit und Freiheitsrechte gilt es zu schützen: durch parlamentarische Kontrolle, eine unabhängige Justiz und freie Medien. Keine Freiheit darf nur einen Tag länger eingeschränkt bleiben als unbedingt nötig. Demokratische Mitbestimmung muss auch in Krisenzeiten jederzeit gewahrt bleiben.
Wir sind im Umgang mit der Corona-Pandemie in Europa unterschiedliche Wege gegangen. So können wir jetzt voneinander lernen und uns alle besser schützen. Wir dürfen nicht vergessen: Das Virus gefährdet weiter Menschenleben.
Unser zweiter Schwerpunkt war der Kampf gegen Hass, Hetze und Fake News. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass die öffentliche Debatte verdreht und vergiftet wird.
In der Pandemie sind Leben gefährdet, wenn blanker Unsinn über Impfstoffe verbreitet oder das Virus schlicht geleugnet wird. YouTube, Facebook und Co. sind in der Verantwortung, sich nicht als Plattformen für Hass und Desinformation missbrauchen zu lassen. Wir müssen weitere Schritte hin zu klaren Verpflichtungen der Plattformen gehen. Mit Freiwilligkeit und Selbstverpflichtungen ist es nicht getan.“
Die Themen der Videokonferenz der Justizministerinnen und Justizminister waren:
- Umgang mit der Corona-Pandemie in freiheitlichen rechtsstaatlichen Demokratien Zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger waren die europäischen Staaten in den ersten Monaten der Corona-Pandemie gezwungen, Freiheitsrechte empfindlich einzuschränken. Dabei gab es unterschiedliche Wege.Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich darüber ausgetauscht, wie die Bürgerinnen und Bürger mit der Einschränkung ihrer Rechte umgegangen sind. Zudem haben sie die Frage diskutiert, wie die Politik auf Kritik, auf wissenschaftliche Erkenntnisse und auf Entscheidungen der Justiz reagiert hat. Das Ziel ist, Demokratien und Rechtsstaaten besser gegen Krisen wie die Corona-Pandemie zu wappnen.
- Desinformation und Hassrede entgegentreten Während der Pandemie verbreiten sich Gerüchte, Verschwörungstheorien und Falschnachrichten in Windeseile. Das Leugnen und Verdrehen von Fakten über das Virus kann Leben gefährden. Und es bedroht die Grundlagen der demokratischen Debatte.Verschwörungstheorien um die Corona-Pandemie sind zudem immer wieder mit Hetze gegen Menschen asiatischer Herkunft oder mit Rassismus und Antisemitismus verbunden. Das zeigt erneut, wie dringend der Kampf gegen Hass und Hetze sowie gegen Falschnachrichten und Desinformation im Netz ist. Über Gegenstrategien und weitere Schritte – etwa mit dem von der Europäischen Kommission geplanten Digital Services Act – haben sich die Justizministerinnen und Justizminister ausgetauscht.
Daneben stand das Thema Opferschutz und Unterstützung von Terroropfern auf der Agenda des Justizrates. Bundesjustizministerin Lambrecht kündigte an, die Strategie für Opferrechte der EU-Kommission in der deutschen Präsidentschaft aufzugreifen und weiter zu vertiefen.
An der Tagung nahmen unter dem Vorsitz der deutschen Bundesjustizministerin Christine Lambrecht die 26 weiteren Justizministerinnen und -minister der EU sowie die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Werte und Transparenz, Věra Jourová, der Kommissar für Justiz, Didier Reynders, der EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove, und aus dem Europäischen Parlament die Vorsitzenden des Rechtausschusses (JURI), Adrián Vázquez Lázara, und des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE), Juan Fernando López Aguilar, teil.
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