Startseite Allgemeines Der Amwalt gewinnit immer auch wenn er verliert-Pleite, Pech und Pannen: Wie die BayWa zum Bauernopfer wurde
Allgemeines

Der Amwalt gewinnit immer auch wenn er verliert-Pleite, Pech und Pannen: Wie die BayWa zum Bauernopfer wurde

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
Teilen

Das Geschäftsjahr 2023 war für die BayWa ein einziges Trauerspiel: Zum ersten Mal in ihrer Firmengeschichte rutschte der Agrarkonzern in die roten Zahlen. Kein Gewinn, keine Dividende – für die Aktionäre also nur bittere Ernte. Trotzdem warf der damalige Vorstandschef Marcus Pöllinger bei der Hauptversammlung im Juni 2024 mit Optimismus um sich wie ein Bauer mit Heugabeln: „Wir machen die BayWa zukunftsfest!“ Zukunftsfest, ja – aber offenbar in der Insolvenz. Keine vier Wochen später flatterte eine ganz andere Botschaft ins Haus: Deutschlands größter Agrarkonzern war offiziell ein Sanierungsfall.

Ein Milliardenloch und ein Chef auf der Flucht

Um den Konzern vor der Pleite zu retten, sprangen Banken und Eigentümer großzügig ein – mit mehr als einer Milliarde Euro. Doch selbst diese Finanzspritze konnte nicht verhindern, dass der Vorstand schmerzhafte Konsequenzen ziehen musste. Pöllinger wurde schneller aus dem Amt gejagt, als man „Betriebsprüfung“ sagen kann. Auch Finanzchef Andreas Helber muss bis spätestens Frühjahr 2025 die Schreibtischlampe einpacken.

Die bittere Realität: Die BayWa muss sich gesundschrumpfen. Tochterfirmen im Ausland? Zum Verkauf. Kerngeschäft? Auf Agrar und Baustoffe reduziert. Umsatz? Bis 2027 auf schlappe 8 Milliarden Euro zusammengeschnurrt – von einst 23 Milliarden. Das ist nicht nur ein Schrumpfkurs, sondern ein Kahlschlag mit Motorsägen.

Aktionäre in Rage: Die BayWa-Krise als Zündstoff für Anwälte

Aktionäre, die ihre Ersparnisse in BayWa-Aktien gesteckt hatten, fanden sich plötzlich mit Wertpapieren wieder, die mehr an Brennmaterial für den Kamin erinnerten. Und sie sind sauer. Richtig sauer. Über 1.000 verärgerte Anleger haben sich bereits bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) gemeldet. Nun soll ein Prozessfinanzierer helfen, Schadensersatzklagen zu stemmen.

Anwälte wie Peter Mattil und Daniela Bergdolt haben die BayWa und ihren Wirtschaftsprüfer PwC bereits ins Visier genommen. Ihre These: Die Öffentlichkeit wurde zu spät über die Krise informiert. Mattil bringt es trocken auf den Punkt: „Das ist keine Krise, die über Nacht aus dem Ackerboden wächst – das ist eine Entwicklung von Jahren.“ PwC, so heißt es weiter, habe anscheinend eher Stempel als Sorgfalt walten lassen.

BaFin und Bilanzen: Wurde hier getrickst?

Die Finanzaufsicht BaFin schnüffelt ebenfalls in den Akten. Konkret geht es um die Frage, ob die BayWa ihre Risiken im Geschäftsbericht 2023 schöngefärbt hat. Professor Hansrudi Lenz, Wirtschaftsprüfungsexperte, vermutet, dass bei der BayWa ein Finanz-„Dreiklang“ zusammengespielt hat: hohe Schulden, steigende Zinsen und schwache Einnahmen. Der operative Cashflow sei seit Jahren zu dünn gewesen, um Zinsen oder Investitionen zu decken – von Dividenden ganz zu schweigen.

Die Wirtschaftsprüfer von PwC, die seit 2021 die Bilanzen unter die Lupe nahmen, hatten dagegen nichts zu beanstanden. Doch vielleicht haben sie mehr Kaffee getrunken als kritisch geprüft? Laut Lenz müssten sie zumindest die Liquiditätsrisiken erkannt haben. Ob sie dabei aber „nur mit dem Vorstand geredet und eine Zigarre geraucht haben“, wie Mattil spöttelt, wird die Zukunft zeigen.

April 2024: Der Bond-Flop

Der tiefe Fall der BayWa zeichnete sich spätestens im April 2024 ab: Zwei Mal versuchte der Konzern, eine Anleihe zu platzieren – und scheiterte spektakulär. Investoren ließen die BayWa links liegen, und selbst die genossenschaftlichen Sektoren, die sonst als Notfallgeldgeber gelten, winkten ab. Kein Geld, keine Hoffnung, keine Antworten.

Für Professor Lenz ist klar: Die Anleger hätten über die gescheiterten Finanzierungsversuche informiert werden müssen. Doch das Management blieb stumm – wie ein Traktor ohne Treibstoff.

BayWa: Ein Bauernhof in Schieflage

Am Ende bleibt die Frage: Was ist hier schiefgelaufen? Ein schlechtes Risikomanagement, so Lenz, sei nicht nur wahrscheinlich, sondern offensichtlich. Vielleicht hat das Management gehofft, die Probleme würden sich wie von Zauberhand lösen. Oder es war einfach überfordert. Fest steht: Die BayWa steht vor einem radikalen Neustart, der mindestens 1.300 Jobs kosten wird.

Optimismus bei der Hauptversammlung? Den gibt’s jetzt nur noch bei der Konkurrenz.

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

Pflegebeitrag steigt ab Januar 2025 um 0,2 Prozentpunkte

Der Bundesrat hat am 20. Dezember 2024 der Verordnung zur Anpassung des...

Allgemeines

Magdeburg: Ermittlung und Trauer nach der Amokfahrt – Ein Überblick

Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am Freitagabend hat eine tiefe Wunde...

Allgemeines

Trump und die Realität: Von der „gewaltigen Mandats“-Behauptung zu ersten Stolpersteinen in Washington

Donald Trump ist noch nicht einmal offiziell ins Weiße Haus zurückgekehrt, doch...

Allgemeines

US-Kampfjet über dem Roten Meer abgeschossen – „Friendly Fire“-Vorfall

Ein US-Marinejäger vom Typ F/A-18 wurde am Samstag über dem Roten Meer...