Das Jahr 2025 könnte der Moment sein, auf den die Menschheit gewartet hat – zumindest wenn man OpenAI-Chef Sam Altman Glauben schenken mag. In einer epischen Geste digitaler Demokratie startete er kürzlich eine Umfrage auf X (der Plattform, die früher Twitter hieß, aber jetzt so klingt, als wäre sie von einem Comic-Bösewicht erfunden worden). Die Frage: „Was wünscht ihr euch von OpenAI?“ Die Antworten? Natürlich „AGI“ – Artificial General Intelligence. Weil wer träumt schon nicht von einer Zukunft, in der Computer endlich all unsere Fehler, Unsicherheiten und schlechten Entscheidungen besser machen können?
Altman, der Meister der Visionen, spricht mit Vorliebe von dieser schimmernden Zukunft der Superintelligenz. Aber natürlich nur im Allgemeinen, ohne sich auf konkrete Zeitpläne festzulegen – eine Fähigkeit, die man in der Tech-Branche offenbar perfektioniert hat. Dennoch scheinen viele seiner Kollegen überzeugt, dass der große Durchbruch kurz bevorsteht. Einige munkeln sogar, 2025 könnte das Jahr sein. Klingt nach einer hervorragenden Marketingstrategie: Die große „AGI-Grenze“ liegt immer ein paar Jahre entfernt – gerade nah genug, um spannend zu bleiben, aber weit genug weg, um nicht konkret zu werden.
Aber Moment mal … Was genau soll „AGI“ überhaupt sein?
Hier wird es nebulös, wie es sich für einen guten Tech-Trend gehört. AGI, so heißt es in klassischen Definitionen, soll ein KI-System sein, das dem menschlichen Denken ebenbürtig oder sogar überlegen ist. Der Philosoph Nick Bostrom spricht von einem „Intellekt, der deutlich intelligenter ist als die besten menschlichen Gehirne in praktisch jedem Bereich.“ Was für ein schöner Gedanke: Eine Maschine, die uns nicht nur in Mathematik schlägt, sondern auch in sozialer Kompetenz – etwas, womit viele Menschen bis heute kämpfen.
OpenAI, immer ein bisschen flexibler in den Definitionen, beschreibt AGI als eine KI, die die meisten wirtschaftlich wertvollen Aufgaben besser erledigen kann als Menschen. Kurz gesagt: Eine Maschine, die uns ersetzt. Klingt doch beruhigend, oder? Besonders wenn man bedenkt, dass wir noch nicht einmal ganz sicher wissen, wie wir den Begriff „AGI“ eigentlich definieren wollen. „AGI ist das, was Sie möchten, dass es ist“, schreibt der KI-Forscher Nathan Lambert. Mit anderen Worten: Eine Art religiöser Streitpunkt, nur ohne Tempel und mit Serverfarmen.
AGI: Die Geschäftsstrategie der Zukunft?
Spannend wird es, wenn man sich anschaut, wie der Begriff „AGI“ in den Verträgen zwischen OpenAI und Microsoft auftaucht. Dort wird AGI nämlich sehr pragmatisch definiert: Es handelt sich um KI-Systeme, die nicht nur menschliche Arbeitskraft in den meisten Bereichen übertreffen, sondern auch mindestens 100 Milliarden Dollar Gewinn erzielen können. Na, wenn das mal nicht die ultimative Definition von Intelligenz ist: Die Fähigkeit, die Kasse klingeln zu lassen.
Das erklärt vielleicht auch, warum OpenAI den Begriff AGI so gerne verwendet. Schließlich könnte der „offizielle“ AGI-Status dazu führen, dass sich das Unternehmen aus bestimmten vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Microsoft herauswinden kann. Man fragt sich fast, ob der wahre Durchbruch der AGI weniger mit Intelligenz zu tun hat und mehr mit Vertragsklauseln.
Und was ist mit der Superintelligenz für alle?
Die Vision einer AGI, die zugänglich, nützlich und günstig für alle ist – eine Art KI-Geschenk an die Menschheit – könnte ein bisschen … sagen wir, optimistisch sein. Das neue OpenAI-Modell „o3“, vorgestellt kurz vor Weihnachten (fast wie ein Geschenk, nur eben eines, das Millionen an Rechenkosten verschlingt), zeigt genau das: AGI wird nicht billig. Für manche Aufgaben benötigt dieses Modell mehrere tausend Dollar an Rechenleistung – für eine einzige Aufgabe.
Klar, die Kosten könnten irgendwann sinken, aber man sollte sich keine Illusionen machen: Der Weg zur menschenähnlichen Intelligenz wird eher eine Frage des Geldbeutels als der Technologie. Die Zukunft von AGI könnte also weniger wie ein gemeinsames Erbe der Menschheit aussehen und mehr wie ein teures Spielzeug für die großen Tech-Konzerne – oder für diejenigen, die bereit sind, ein kleines Vermögen für die nötige Rechenzeit zu zahlen.
Am Ende könnte AGI also weniger die Revolution der Menschheit sein, sondern die Revolution des Umsatzes. Sam Altman und Co. werden sicherlich eine hübsche Präsentation dazu haben, warum das eigentlich etwas Gutes ist. Vielleicht wird 2025 tatsächlich ein Wendepunkt – nur eben nicht für die Menschheit, sondern für die Quartalszahlen.
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