Im September 2007 setzte die Eidgenossenschaft Renato Vitetta als Honorarkonsul in Kalabrien ein. In seiner Funktion unterstützte Renato Vitetta das in Graubünden domizilierte internationale Energieunternehmen Repower AG bei der Entwicklung eines Projekts für ein Steinkohlekraftwerk in Saline Joniche, Kalabrien.
In einer Zivilklage, datiert 14. April 2014, adressiert an das Gericht in Reggio Calabria, erhebt Fabio Bocchiola, Leiter von Repower Italien, Delegierter des Verwaltungsrates der Projektgesellschaft SEI S.p.A. und Mitglied der Repower Konzernleitung, im Namen der Mailänder Projektgesellschaft SEI S.p.A. Klage wegen Rufschädigung gegen einige in der Provinz Reggio Calabria (RC) wohnhafte Personen, die sich gegen die Umsetzung des Projekts wehren. Es werden u. a. 4 Millionen Euro Schadenersatz gefordert. Rechtsvertreter des Klägers ist gemäss Briefkopf und Unterschrift das „Studio Legale Vitetta & Partners, Renato G. Vitetta“.
Gemäss Berichterstattung in der „Südostschweiz“ vom 6. Mai 2014 hat die von Fabio Bocchiola für SEI lancierte Schadenersatzklage nicht die Unterstützung seines Arbeitgebers Repower. Repower ist die einzige an der Projektgesellschaft SEI beteiligte Unternehmung mit Sitz in der Schweiz. Mit der Klage können also keine Interessen der Schweiz geltend gemacht werden.
Fragen:
1. Ist es im Interesse des Bundes, dass Honorarkonsul Vitetta einen Auftrag von Repower SEI annimmt und ausführt, mittels dem einzelne ausgesuchte Personen durch Auferlegung gerichtlicher Verfahren und horrende Schadenersatzforderungen ökonomisch bedrängt werden?
2. Ist sich das auswärtige Amt bewusst, dass der von Renato Vitetta vertretene Kläger, Fabio Bocchiola, wiederholt die Bevölkerung Kalabriens beleidigte, indem er sie, gemäss Medienberichterstattung in der Schweiz, wiederholt als „ungebildet“ titulierte?
Die Antwort des Ministeriums!
1. Die Honorarkonsuln der Schweiz üben eine ehrenamtliche Tätigkeit im Rahmen der Wahrung der Interessen der Schweiz aus und sind in dieser Funktion keine Angestellten des Bundes. Im Rahmen ihrer privaten wirtschaftlichen Tätigkeit sind die Honorarkonsuln grundsätzlich frei. Im vorliegenden Fall gilt dies insbesondere mit Blick auf die Wahl seiner wirtschaftlichen Partner in seiner Funktion als Anwalt.
Die private berufliche Tätigkeit eines Honorarkonsuls muss jedoch mit seinem Amt vereinbar sein, und die Fortdauer des Amtes ist davon abhängig. Diese muss dem Rahmen der vom EDA verabschiedeten Weisung entsprechen. Das EDA prüft dies im Lichte dieser Weisung regelmässig. Das EDA und die Schweizer Vertretungen in Italien haben die Annahme der Volksinitiative „Ja zu sauberem Strom ohne Kohlekraft“ im Kanton Graubünden zur Kenntnis genommen. Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 14.3334, „Hat der Bundesrat eine Haltung zu Auslandinvestitionen von Elektrizitätsunternehmen?“, ausführt, gibt das EDA den schweizerischen Auslandsvertretungen Kriterien vor, welche die Ausgestaltung und Intensität von Demarchen beeinflussen. Zu diesen Kriterien gehören die wirtschafts-, aussen- und entwicklungspolitischen Interessen der Schweiz, Gouvernanzfragen, die Erhaltung der Innovationskraft, Swissness, Verhältnismässigkeit sowie allfällige Reputationsrisiken.
Im vorliegenden Fall gilt es festzuhalten, dass die Schweizer Repräsentationsaktivitäten des aktuellen Honorarkonsuls in Kalabrien per Januar 2015 enden, dies gemäss einem vor ein paar Monaten im gegenseitigen Einverständnis getroffenen Entscheid.
2. Der Bundesrat hat keinen Einfluss auf das Verhalten von Personen, die von einem auch als Honorarkonsul tätigen Anwalt vertreten werden, und kann sich entsprechend auch nicht dazu äussern. Der Honorarkonsul selbst muss dafür besorgt sein, durch sein Verhalten die Achtung der Behörden und der Bürger seines Wohnsitzortes zu bewahren und dem Ansehen der Schweiz nicht zu schaden, wie dies die Weisung über die Honorar-Konsularposten und die Honorar-Konsularvertreter explizit vorsieht. Die Fortdauer des Amtes ist auch davon abhängig.
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