Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek, Fachanwalt für Handels- und Gewerberecht: „Was Sie über NDAs wissen sollten“
Interviewer: Herr Blazek, können Sie kurz erklären, was ein NDA ist und warum solche Verträge in der Geschäftswelt so wichtig sind?
Daniel Blazek: Natürlich. Ein NDA, also ein Non-Disclosure Agreement oder Geheimhaltungsvertrag, ist ein juristisches Instrument, das dazu dient, vertrauliche Informationen zwischen zwei oder mehr Parteien zu schützen. Der Hauptzweck ist es, sicherzustellen, dass bestimmte geschäftliche oder sensible Informationen, die zwischen den Parteien ausgetauscht werden, nicht ohne Zustimmung der anderen Partei an Dritte weitergegeben werden. Das ist besonders in Verhandlungen, bei Geschäftspartnerschaften oder bei der Zusammenarbeit an Projekten wichtig, wo Firmengeheimnisse oder strategische Informationen geteilt werden.
Interviewer: Muss man sich in jedem Fall an ein NDA halten, oder gibt es Ausnahmen?
Daniel Blazek: Grundsätzlich ist ein NDA rechtlich bindend, und Sie müssen sich an die darin festgelegten Bestimmungen halten. Es gibt jedoch einige wichtige Ausnahmen. Informationen, die bereits öffentlich bekannt sind, fallen in der Regel nicht unter das NDA. Zudem kann ein NDA Sie nicht daran hindern, Informationen offenzulegen, wenn Sie gesetzlich dazu verpflichtet sind, beispielsweise in einem Gerichtsverfahren oder gegenüber Behörden. Auch in Fällen, in denen es um illegale Aktivitäten geht, können Sie sich trotz eines NDAs äußern. Ein NDA darf nicht genutzt werden, um Betrug oder rechtswidrige Handlungen zu verdecken.
Interviewer: Angenommen, jemand hat ein NDA im Rahmen eines Finanzseminars unterzeichnet und später erhebliche finanzielle Verluste durch Investitionen erlitten. Darf die Person das öffentlich machen, obwohl sie an das NDA gebunden ist?
Daniel Blazek: Das kommt auf den genauen Inhalt des NDAs an. Ein NDA regelt in der Regel die Vertraulichkeit bestimmter Inhalte, wie etwa Methoden, die im Seminar besprochen wurden, oder geschäftliche Geheimnisse des Seminarveranstalters. Ihre persönlichen Erfahrungen, einschließlich Ihrer Verluste, sind jedoch möglicherweise nicht von diesem NDA erfasst. Es ist also nicht verboten, über Ihre Verluste zu sprechen – solange Sie keine geschützten Informationen des Seminars preisgeben.
Wenn aber durch das Seminar irreführende oder betrügerische Informationen vermittelt wurden, könnte es sein, dass Sie sogar gesetzlich dazu berechtigt oder verpflichtet sind, darüber zu sprechen. In diesem Fall hätte das NDA keine Gültigkeit, um illegale Praktiken zu vertuschen.
Interviewer: Das klingt, als wäre es manchmal schwierig zu wissen, was man preisgeben darf und was nicht. Was würden Sie in solchen Fällen raten?
Daniel Blazek: Absolut. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie gegen ein NDA verstoßen würden, rate ich dringend, einen Anwalt hinzuzuziehen. Der Anwalt kann das NDA im Detail prüfen und feststellen, welche Verpflichtungen Sie tatsächlich haben. Insbesondere in Fällen, in denen es um finanzielle Verluste oder mögliche Irreführung geht, ist es wichtig, genau zu wissen, welche Rechte und Pflichten Sie haben. In vielen Fällen können persönliche Verluste thematisiert werden, solange vertrauliche Informationen des Veranstalters geschützt bleiben.
Interviewer: Könnte ein Veranstalter eines Finanzseminars ein NDA dazu nutzen, kritische Stimmen oder Beschwerden zu unterdrücken?
Daniel Blazek: Leider ja, solche Versuche gibt es. In einigen Fällen versuchen Unternehmen oder Veranstalter, durch aggressive NDA-Klauseln Kritik zu unterdrücken, indem sie den Teilnehmern verbieten, negative Erfahrungen zu teilen. Solche Klauseln könnten jedoch rechtlich anfechtbar sein, vor allem wenn sie dazu dienen, rechtswidriges Verhalten zu verschleiern oder Teilnehmer daran zu hindern, ihre berechtigten Beschwerden vorzubringen. Ein NDA sollte in der Regel den Schutz legitimer Geschäftsgeheimnisse betreffen und nicht als Instrument der Unterdrückung genutzt werden.
Interviewer: Wenn jemand denkt, dass er durch ein NDA davon abgehalten wird, über einen Betrug zu sprechen, wie sollte er vorgehen?
Daniel Blazek: Der erste Schritt sollte sein, rechtlichen Rat einzuholen. Ein Anwalt kann die Rechtswirksamkeit des NDAs überprüfen und feststellen, ob das NDA tatsächlich greift oder ob es unwirksam ist. Wenn es um Betrug oder rechtswidrige Handlungen geht, können Sie das möglicherweise öffentlich machen oder entsprechende Behörden informieren. Ein NDA ist kein Schutzschild für illegales Verhalten. Es ist wichtig, Ihre Rechte zu kennen und keine übermäßige Angst vor rechtlichen Konsequenzen zu haben, wenn Sie Unrecht aufdecken wollen.
Interviewer: Zusammengefasst, was sollten Menschen im Umgang mit einem NDA besonders beachten?
Daniel Blazek: Zunächst sollten Sie immer genau lesen, was im NDA steht, bevor Sie es unterzeichnen. Verstehen Sie, was Sie preisgeben dürfen und was nicht. Wenn Sie bereits ein NDA unterzeichnet haben und später Bedenken haben, ob Sie sich äußern dürfen, ist eine rechtliche Beratung unabdingbar. Schließlich sollten Sie wissen, dass ein NDA zwar ein mächtiges Instrument ist, aber nicht alles abdecken kann, insbesondere wenn es um die Meldung von rechtswidrigen Handlungen oder Betrug geht.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Blazek, für diese aufschlussreichen Erklärungen!
Daniel Blazek: Sehr gerne!
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