Der Geruch der Natur

Published On: Dienstag, 21.05.2024By Tags:

Die Bedeutung von Natur und Grünflächen für das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit ist durch zahlreiche Studien belegt. Ein interdisziplinäres Forschungsteam lenkt nun die Aufmerksamkeit auf einen bisher oft unterschätzten Aspekt: Naturgerüche. Veränderungen im Klima, Luftverschmutzung und der Verlust an Biodiversität könnten jedoch zu einer olfaktorischen Verarmung führen.

Die Vielfalt der Naturgerüche

Der Duft einer frisch gemähten Wiese, die harzig-würzige Waldluft und das erdige Aroma nach einem Regenschauer – die Palette natürlicher Gerüche ist breit. Diese Düfte können unmittelbar die Stimmung beeinflussen, Erinnerungen wachrufen oder Glücksgefühle auslösen. Umgekehrt kann Gestank heftige negative Reaktionen hervorrufen, bis hin zu Übelkeit. Dennoch wird dem Geruchssinn in der westlichen Gesellschaft oft wenig Beachtung geschenkt, wie Forscher in einem Artikel im Fachmagazin „Science Advances“ betonen.

Bedeutung des Geruchssinns

Der menschliche Geruchssinn ist besser als sein Ruf, wie eine Überblicksarbeit aus dem Jahr 2017 zeigt. Während in westlichen Kulturen oft die Worte fehlen, um das reiche Bouquet von Gerüchen zu beschreiben, besitzen Jäger-Sammler-Gesellschaften eine Vielzahl von Begriffen für verschiedene Düfte. Diese kulturelle Differenz verdeutlicht die oft unterschätzte Bedeutung des Geruchssinns.

Positive Effekte der Natur

Die positiven Auswirkungen von Natur auf das Wohlbefinden sind gut dokumentiert: Aufenthalte in der Natur können Stress reduzieren, die Stimmung verbessern und die Gesundheit fördern. Dabei wird die Umgebung mit allen Sinnen wahrgenommen, nicht nur visuell. Studien zeigen, dass auch natürliche Klänge positive Effekte auf den Körper haben. Die aktuelle Forschung lenkt nun die Aufmerksamkeit auf die Rolle von Naturgerüchen.

Die Wirkung flüchtiger organischer Verbindungen

Die Umwelt ist voller flüchtiger organischer Verbindungen, die oft stundenlang in der Luft bleiben. Diese Substanzen spielen eine wichtige Rolle in der Kommunikation von Pflanzen, indem sie beispielsweise Schädlinge abschrecken oder Bestäuber anlocken. Untersuchungen zum „Waldbaden“ zeigen, dass der Aufenthalt in Wäldern positive Auswirkungen auf das Immunsystem und das allgemeine Wohlbefinden hat. Bäume geben komplexe chemische Gemische, darunter Terpene, an ihre Umgebung ab, die möglicherweise zu diesen positiven Effekten beitragen.

Erlernte und universelle Geruchspräferenzen

Welche Gerüche als angenehm empfunden werden, ist individuell und kulturell geprägt. Einige Düfte, wie der von Blumen, werden möglicherweise universell als angenehm empfunden. Andere Gerüche sind durch persönliche Erfahrungen und kulturelle Prägungen beeinflusst, wie bestimmte Essensgerüche aus der Kindheit. Beispiele für kulturell bedeutende Gerüche sind die Kirschblüte in Japan und die Lavendelfelder in Frankreich.

Bedrohung durch olfaktorische Verarmung

Die olfaktorische Umgebung ist durch Luftverschmutzung, Klimaerwärmung, Entwaldung und Urbanisierung bedroht. Viele natürliche Gerüche könnten verschwinden oder überdeckt werden, was ungeahnte Folgen für die Gesundheit haben könnte. Mehr Forschung und Wertschätzung für die durch Gerüche ausgelösten Effekte sind dringend erforderlich.

Schutz der Geruchslandschaften

Das Forschungsteam plädiert für einen „Geruchsschutz“, bei dem bestimmte Geruchslandschaften gezielt erhalten werden. In ländlichen Regionen Frankreichs werden Geräusche und Gerüche bereits als „Sinneserbe“ geschützt. Diese Maßnahmen könnten auch in anderen Regionen und Städten angewendet werden, um das Wohlbefinden der Menschen zu fördern.

Unser Fazit

Die Untersuchung der Rolle von Naturgerüchen für das menschliche Wohlbefinden steht noch am Anfang, doch ihre Bedeutung ist bereits jetzt erkennbar. Die Wahrnehmung und der Schutz natürlicher Düfte könnten in Zukunft eine wichtige Rolle in der Landschaftspflege und Stadtplanung spielen, um die Lebensqualität und Gesundheit der Menschen zu verbessern.

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