Sollte Herbert Kickl, Chef der rechtspopulistischen FPÖ, neuer Bundeskanzler Österreichs werden, sehen deutsche Politiker erhebliche Risiken für die Geheimdienstzusammenarbeit mit dem Nachbarland. Insbesondere die Nähe der FPÖ zur russischen Regierung bereitet führenden Politikern und Sicherheitsexperten in Deutschland große Sorgen.
Konstantin von Notz (Grüne), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages, warnte im Gespräch mit dem „Handelsblatt“: „Die große Nähe der FPÖ zur russischen Regierung stellt ein durchaus veritables Problem dar.“ Diese Entwicklung gefährde die Integrität der Zusammenarbeit europäischer Sicherheitsbehörden.
„Sicherheitsrisiken unvertretbar“
Auch der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner hält Konsequenzen für unausweichlich. „Die Zusammenarbeit mit Rechtsaußen-Regierungen und Putin-Freunden muss bei nachrichtendienstlicher Zusammenarbeit nahezu auf null zurückgefahren werden, wenn man keine unvertretbaren Sicherheitsrisiken einkalkulieren will“, sagte Stegner der Zeitung.
Christoph de Vries, CDU-Politiker und ebenfalls Mitglied des PKGr, zeigte sich ebenfalls besorgt. Die engen Verbindungen der FPÖ zu Russland während Kickls Amtszeit als Innenminister seien ein erheblicher Grund zur Sorge. De Vries äußerte jedoch die Hoffnung, dass das österreichische Innenministerium von der konservativen ÖVP übernommen werden könnte: „Das würde vieles erleichtern.“
Auch Stephan Kramer, Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, hält eine Einschränkung der Geheimdienstzusammenarbeit für möglich. Die Entwicklungen in Österreich müssten genau beobachtet werden, so Kramer.
Debatte um Koalitionen und politische Konsequenzen
Die politische Lage in Österreich sorgt nicht nur auf der sicherheitspolitischen Ebene, sondern auch im deutschen Wahlkampf für Diskussionen. Robert Habeck, Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl, warnte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Lübeck davor, potenzielle Koalitionspartner kategorisch auszuschließen. „Es sei in Österreich nicht gelungen, eine Regierung ohne die FPÖ zu bilden. Das hätte nicht passieren dürfen, und es sollte sich in Deutschland nicht wiederholen“, erklärte Habeck.
Habeck kritisierte, dass eine sogenannte „Ausschließeritis“ – also das kategorische Ausschließen von Parteien – die Regierungsbildung unnötig erschwere. Er fügte hinzu: „Wer jetzt, in dieser Zeit, einer ‚Ausschließeritis‘ das Wort redet, bereitet entweder den eigenen Wortbruch vor oder er sorgt dafür, dass dieses Land immer schwerer regierbar ist.“ Dabei nannte Habeck jedoch keine konkreten Adressaten seiner Kritik.
Söder lehnt Bündnis mit Grünen strikt ab
Nur wenige Stunden vor Habecks Äußerungen hatte der bayrische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder bei der Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten im Kloster Seeon ein Bündnis mit den Grünen erneut ausgeschlossen. Söder machte klar, dass eine Zusammenarbeit mit den Grünen aus Sicht der Union nicht infrage komme.
Ein mögliches Signal an Europa?
Die Entwicklungen in Österreich könnten auch ein Signal für andere europäische Länder sein, wie stark rechtspopulistische Parteien Einfluss gewinnen können. Die politische Nähe der FPÖ zur russischen Regierung birgt nicht nur innenpolitische Spannungen, sondern auch sicherheitspolitische Herausforderungen für die gesamte Europäische Union.
Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung und europäische Sicherheitsbehörden auf eine mögliche Regierung unter Herbert Kickl reagieren werden und welche Konsequenzen für die Zusammenarbeit mit Österreich gezogen werden. Die Warnungen deutscher Politiker machen jedoch deutlich, dass ein Regierungswechsel in Österreich auch in Deutschland mit Besorgnis verfolgt wird.
Kommentar hinterlassen