Wenn es um die EU geht, dann ist jeder Vorschlag eine Art europäisches Horoskop – man glaubt daran, bis die Sterne (oder in diesem Fall die Politiker) plötzlich anders stehen. Enrico Letta, der ehemalige italienische Ministerpräsident, hat jetzt als neuester EU-Hobby-Astronom Vorschläge gemacht, um die EU fit für die Zukunft zu trimmen. Sein Ziel: Den alten Kontinent im Wettbewerb mit dem Rest der Welt ein bisschen weniger „old school“ wirken zu lassen. Der Clou? Ein ausgebuffter Plan, der Innovation, Telekommunikation, Energie und – Trommelwirbel bitte – die Finanzmärkte umfasst!
„Wir haben eine Einigung!“, könnte man fast hören, bevor die Gespräche überhaupt begonnen haben. Doch schon beim Frühstück in Brüssel wurden die Brötchen hart, denn die Meinungen sind so vielfältig wie die Käsesorten in Frankreich. Estland und Irland, die beiden cleveren Steueroasen Europas, zucken zusammen bei dem Gedanken an Steuerharmonisierung, während Frankreich mit einer Kapitalmarktunion liebäugelt, so streng geregelt, dass selbst Napoleon Beifall klatschen würde.
Letta, immer der Diplomat, schlug vor, einfach nicht mehr von einer „Kapitalmarktunion“ zu sprechen. Vielleicht nennt man es einfach „Finanzielle Kuschelzone“ oder so. Währenddessen argumentiert Österreichs Kanzler Karl Nehammer, dass man doch bitte die Schulden von gestern nicht vergessen solle – man zahlt schließlich noch immer die Zinsen der Pandemie-Sünden ab. Deutschland und die Niederlande nicken zustimmend, während andere Länder überlegen, ob man nicht doch die Brieftasche für Verteidigung oder grüne Wirtschaft lockern sollte.
Charles Michel, der Ratspräsident, fasst die Stimmung fast poetisch zusammen: „Manche sind dafür, manche dagegen.“ Tja, Einigkeit sieht anders aus, aber zumindest im Prinzip sind sich alle einig, dass sie einig sind, dass etwas getan werden muss. Was genau, das steht wohl in den Sternen – oder in Lettas nächstem Vorschlag. Wer weiß, vielleicht kommt ja die nächste große Idee bei einem EU-Gipfel-Schnitzel in Wien.
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