Wenn heute von „Klima“ die Rede ist, denken die meisten an Hitzewellen, Sturmwarnungen und düstere Prognosen für die Zukunft. Doch ein neues Buch fordert uns auf, das Klima anders zu verstehen – nicht nur als „durchschnittliches Wetter“, sondern als etwas, das tief in unsere Kultur, Geschichte und unsere körperliche Erfahrung eingebettet ist. Die Autorin wirft einen Blick zurück und zeigt, dass Menschen früher eine viel „sinnlichere“ Verbindung zum Klima hatten. Ein Ansatz, der uns heute, angesichts der Klimakrise, vielleicht wieder näher an die Natur bringen könnte.
Vom „durchschnittlichen Wetter“ zum kulturellen Phänomen
Die Vorstellung, dass Klima einfach nur eine statistische Größe ist, sei eine ziemlich junge Idee, erklärt die Autorin. Erst seit etwa 150 Jahren wird Klima so definiert. Früher sah man das Klima als eine Art Kraft, die den Menschen unmittelbar beeinflusst – sei es durch die Jahreszeiten, die Böden, die Winde oder die lokalen Nahrungsmittel. Das Klima erklärte, warum die Menschen so lebten, wie sie lebten, welche Gewohnheiten sie hatten und sogar, welche Krankheiten sie plagten. Die Autorin plädiert dafür, dieses alte Verständnis wieder aufzugreifen und das Klima nicht nur als abstrakten Durchschnitt zu sehen, sondern als etwas, das unser Leben und unsere Kultur direkt prägt.
Eine „Luftverbundenheit“ als neue Perspektive
Eine zentrale Idee des Buches ist die sogenannte „Luftverbundenheit“. Die Autorin fordert uns auf, die Luft, die wir atmen, als gemeinsames Gut zu betrachten, das uns alle miteinander verbindet. Früher wurde Luft als Träger von Krankheitserregern gefürchtet, doch sie war auch ein Element, das das Zusammenleben prägte. Heute sehen wir Luft vor allem als Mischung aus Gasen und Schadstoffen – ein nüchterner Blick, der uns laut der Autorin von unserer Umwelt entfremdet hat. Sie schlägt vor, die Luft wieder als Medium zu sehen, das uns physisch und sozial vereint, besonders in Zeiten, in denen die Qualität dieser Luft durch den Klimawandel bedroht ist.
Klima und Kultur: Eine lange Geschichte der gegenseitigen Beeinflussung
Das Buch zeigt, dass Klima immer schon mehr war als nur Wetter. Es formte ganze Kulturen und beeinflusste Denkweisen. Der französische Philosoph Montesquieu entwickelte etwa eine Theorie, dass das Klima den Charakter der Völker beeinflusst: Menschen in kalten Gegenden seien energischer und vorausschauender, während Menschen in warmen Regionen eher fröhlich und sorglos seien. Solche Klimatheorien mögen heute veraltet erscheinen, aber sie erinnern daran, dass Klima auch kulturelle Deutungen beeinflusst hat – und immer noch beeinflusst.
Ein Plädoyer für eine ganzheitliche Klimabetrachtung
Die Autorin kritisiert nicht die heutige Klimawissenschaft. Sie anerkennt deren Bedeutung, um die komplexen Wechselwirkungen im globalen Klima zu verstehen. Aber sie fordert eine „zweite Seite“, eine Brücke zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen und unserem Alltag, unserem Körper und unseren Kulturen. Denn so präzise Klimadiagramme und Modelle auch sind, sie sprechen selten direkt zu unseren Sinnen und Gefühlen. Eine ganzheitliche Klimabetrachtung, die sich auf historische und kulturelle Erfahrungen stützt, könnte das Verständnis für die Klimakrise vertiefen und einen Zugang schaffen, der weniger technisch und dafür mehr emotional und intuitiv ist.
Rückkehr zur „Atmosphäre“ als erfahrbarem Raum
Abschließend fordert das Buch dazu auf, das Klima als körperliche und psychische Erfahrung wiederzuentdecken. Das heißt, sich wieder bewusster in der „Atmosphäre“ zu bewegen, statt sich von ihr abzuschotten. Ob in tropischer Hitze oder eisigen Wintern – Klima hat immer eine direkte Wirkung auf unser Befinden, unsere Lebensweise und unsere Kultur. Diese Erkenntnis könnte helfen, den Klimawandel nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Anstoß zu einem veränderten Weltverständnis zu begreifen.
Ein anderer Blick auf das Klima: Mehr als nur ein globales Phänomen
Das Buch bietet einen breiten historischen und kulturellen Bogen, von der Antike bis zur Moderne, und zeigt, wie das Klima das Denken und Handeln der Menschen über Jahrhunderte hinweg beeinflusst hat. Wer sich darauf einlässt, könnte danach das Klima – und vielleicht sogar den Himmel – mit anderen Augen sehen: als etwas, das uns nicht nur bedroht, sondern auch verbindet.
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