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Die Nachrangklausel der AK Anlage und Kapital AG Berlin: Verträge – Unwirksam?

Antranias (CC0), Pixabay
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Gesprochen haben wir zu diesem Thema mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev aus Dresden.

diebewertung.de Was sagen Sie zu den Verträgen der AK AG aus Berlin?

Rechtsanwältin Bontschev: Wir haben die Verträge geprüft und insbesondere die Nachrangbedingungen, die Bestandteil der Verträge geworden sind.

Diese sind unseres Erachtens unwirksam, bezüglich der Nachrangabrede und der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre. Nach der Rechtsprechung des BGH sind diese Regelun-gen intransparent und daher unwirksam.

Die Wirksamkeit bemisst sich nach der Rechtsprechung des BGH, hier insbesondere Urteil des BGH vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17.

diebewertung.de Erklären sie das bitte einmal genauer?

Rechtsanwältin Bontschev: Gerne!

Im Einzelnen dazu wie folgt:

Rechtsprechung des BGH
a) Der Rangrücktritt und die Durchsetzungssperre bestimmen sich nach den getroffenen Vereinbarungen. Inhalt und Reichweite des Rangrücktritts können Gläubiger und Schuldner der Forderung frei vereinbaren. Ein Nachrang kann nur für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart sein.

Eine Durchsetzungssperre kann vertraglich auch für die Zeit vor Eröffnung des Insol-venzverfahrens vereinbart werden. Soll der Nachrang auch vor Eröffnung des Insol-venzverfahrens eingreifen, muß dies hinreichend klar und deutlich vereinbart werden.
Es muss der Wille der Parteien feststehen, daß der Darlehensgeber nur Befriedigung verlangen kann, wenn bei der Schuldnerin weder Überschuldung noch Zahlungsun-fähigkeit vorliegen, noch einzutreten drohen.

b) Die Allgemeinen Vertragsbedingungen stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Diese wurden vorab benannt.
Gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB unterliegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, §§ 308, 309 BGB.

Sie unterliegen nur dann einer Inhaltskontrolle, wenn sie von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungen – mit Rücksicht auf die Vertragsfreiheit – ebenso wie Vereinbarungen über das vom anderen Teil zu erbringende Entgelt sind der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 BGB entzo-gen. Der im bürgerlichen Recht geltende Grundsatz der Privatautonomie stellt es den Ver-tragsparteien im Allgemeinen frei, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen, weshalb es insoweit regelmäßig auch an gesetzlichen Vorgaben und damit an einem Kontrollmaßstab fehlt.

Nicht kontrollfähige Leistungsbeschreibungen in diesem Sinne sind nur solche Bestimmun-gen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Die zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung gehörenden Abreden sind von den nicht durch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB – der Inhaltskontrolle entzogenen Nebenabreden – zu unterscheiden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber im Fall der Unwirksamkeit dispositives Recht treten kann.

Die Regelung über eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre und einen qualifizierten Rangrücktritt eines Nachrangdarlehen betrifft unmittelbar die Hauptleistungspflichten der Parteien. Sie unterliegt daher gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, nicht der Inhaltskontrolle (BGH, Urteil vom 22.03.2018 – IX ZR 99/17).
Die Bestimmungen über die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre zielen darauf ab, die wechselseitigen Hauptpflichten des Nachrangdarlehens nicht nur für den Insolvenzfall, son-dern unabhängig hiervon festzulegen.

Ein Nachrangdarlehen stellt einen im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässigen eigenständigen Vertragstyp dar, der als besondere Finanzie-rungsform das geleistete Darlehenskapital von vornherein in einer vertraglich ausgestalteten Art und Weise bindet und die wechselseitigen Ansprüche prägt (BGH, Urteil vom 05.03.2015 – IX ZR 133/14).

Diese Bindung des Darlehenskapitals gehört zur vertrags-charakteristischen Hauptleistung eines Nachrangdarlehens. Die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre betrifft nicht lediglich als bloße Nebenabrede einzuordnende Fälligkeits- und Kündigungsbestimmungen.

Sie gestaltet vielmehr die Hauptpflicht des Darlehensgebers aus, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, welche auch das Belassen des Geldes für die vereinbarte Laufzeit umfasst. Bei einem Nachrangdarlehen erstreckt sich diese Pflicht gerade auch darauf, daß das Darlehenskapital auch in wirtschaftlichen Krisen zur Verfügung stehen muß.

Für die umgekehrte Hauptpflicht des Darlehensnehmers – zur Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Darlehens – gilt dies entsprechend (BGH, Beschluss vom 16.01.2016 – XI ZR 366/15).
Damit handelt es sich bei der vorinsolvenzlichen Durchsetzungs-sperre und einem qualifizier-ten Rangrücktritt um die für das Nachrangdarlehen vertragscharakterisierende Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungen.

Das Darlehenskapital selbst wird über die Ausgestaltung der Hauptleistungspflichten – in einer von den Parteien vereinbarten Art – von vornherein dauerhaft und zu den vereinbarten Konditionen entsprechend den vertraglichen Vereinba-rungen zur Verfügung gestellt.

Die Vorschriften des dispositiven Rechts in § 488 Abs. 1 S. 2 BGB sind nicht geeignet, an die Stelle der Regelungen über die vorinsolvenzliche Durchset-zungssperre zu treten, weil dies den Charakter des Vertrags als eine besondere Finanzie-rungsform gerade auch für Zeiten wirtschaftlicher Krise in seinen Hauptleistungspflichten verändern würde.

diebewertung.de: Wie verhält es sich mit den vorliegenden, ihnen bekannten, Klauseln?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev:

a) Zunächst handelt es sich um Allgemeine Geschäfts-bedingungen. Im Weiteren ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGH, Urteil vom 29.04.2015-VIII ZR 104/14; BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 156/13).

Der Verwender muß folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, daß für ihn keine ungerechtfertigten Beurtei-lungsspielräume entstehen.
Der Vertragspartner soll andererseits – ohne fremde Hilfe – möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird.

Dies gilt auch für die Bestimmungen zu den Hauptleistungspflichten gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern ist eine qualifizierte Nachrangvereinbarung nur dann hinreichend transparent, wenn aus ihr die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen klar und unmissverständlich hervorgehen. Dies erfordert auch, daß die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich er-läutert werden, insbesondere die Klausel klarstellt, inwieweit die Ansprüche aus dem Darlehen bereits dann nicht mehr durchsetzbar sind, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht.

b) Die Klausel enthält keine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre. Soll der Nachrang auch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingreifen, muss dies hinreichend klar und deutlich vereinbart werden.

Es muß der Wille der Parteien feststehen, daß der Darlehensgeber nur Befriedigung verlangen kann, wenn bei der Schuldnerin weder Überschuldung noch Zahlungsun-fähigkeit vorliegen, noch einzutreten drohen.

In dem vorliegenden Fall soll der Nachrang im Falle einer Überschuldung und Zah-lungsunfähigkeit gelten, nicht jedoch bei drohender Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit. Im Weiteren ist nicht geregelt, daß die Durchsetzungssperre auch vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gelten soll. Darüber hinaus ist die In-solvenzordnung abgebildet; nicht jedoch transparent dem Anleger erklärt worden, daß das Nachrangdarlehen mit seinen Forderungen im Fall der Überschuldung, Zah-lungsunfähigkeit oder drohender Zahlungsunfähigkeit erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger bedient werden soll.

Darüber hinaus ist formuliert, und auch dieses ist fehlerhaft, daß die Ansprüche aus dem Vertrag aus den laufenden Gewinnen bzw. aus dem Liquidationsüberschuß er-füllt werden und somit im Rang hinter den Ansprüchen aus § 39 Abs. 1 Nr. 1-4 InsO zurücktreten.

Nicht geregelt ist jedoch, daß auch vor Insolvenz die Rückzahlungs- und Zinsansprü-che, insbesondere bei einem Vermögensverfall des Darlehensnehmers, bereits au-ßerhalb eines Insolvenzverfahrens eingeschränkt sind.

diebewertung.de Nun hört sich dies ja Alles sehr juristisch an, kurz auf einen Nenner gebracht, hält die Nachrangklausel oder nicht?

Rechtsanwältin Bontschev: Aus meiner Sicht eben nicht

Rechtsanwältin Bontschev: Nun der investierte Anleger muss nun die Entscheidung treffen, ob er in dem Investment bleiben will, oder aber heraus will. Zudem werde ich dei BaFin über den Vorgang informieren.

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