Das KI-basierte System „FastGlioma“ revolutioniert die Diagnostik während Hirntumor-Operationen: Es ermöglicht die Analyse von entnommenem Gewebe direkt im Operationssaal – und das innerhalb weniger Sekunden. Entwickelt wurde das System in Zusammenarbeit internationaler Forscherteams, darunter auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Wien. Dort wird „FastGlioma“ bereits erfolgreich bei chirurgischen Eingriffen eingesetzt.
Präzision entscheidet: Tumorgewebe vs. gesundes Gewebe
Die Herausforderung, bei einer Hirnoperation genau zwischen Tumorgewebe und gesundem Gewebe zu unterscheiden, könnte kaum größer sein. Wird zu viel entfernt, drohen schwerwiegende Einschränkungen, etwa der Verlust der Sprach- oder Bewegungsfähigkeit. Bleiben hingegen Tumorzellen zurück, steigt das Risiko eines Rückfalls, was die Überlebenschancen der Patienten verringern kann.
Ein weiteres Risiko ist die Dauer des Eingriffs: Je länger eine Operation dauert, desto größer die Gefahr von Komplikationen. Hier setzt „FastGlioma“ an: Das System kann innerhalb von Sekunden erkennen, ob die entnommene Probe Tumorzellen eines Glioms enthält oder ob es sich bereits um gesundes Gewebe handelt. Dies beschleunigt den Entscheidungsprozess im Operationssaal erheblich und reduziert potenziell die OP-Zeit.
Internationale Zusammenarbeit für präzisere Diagnostik
An der Entwicklung von „FastGlioma“ arbeiteten Forschungsteams der Universität Michigan, der Universität von Kalifornien in San Francisco, der New York University sowie der Medizinischen Universität Wien und des AKH Wien. Die Wiener Forscherinnen und Forscher, darunter die Neurochirurgen Georg Widhalm, Lisa Körner und Thomas Roetzer-Pejrimovsky, brachten ihre Expertise in Neuropathologie und Neurochemie in das Projekt ein.
Bereits seit 2020 wurde die KI-Histopathologie in Wien bei rund 500 Operationen eingesetzt. „Im Vergleich zur herkömmlichen Diagnostik, die oft rund 30 Minuten dauert, liefert das KI-System in Kombination mit menschlicher Expertise Ergebnisse in Sekundenschnelle“, so Widhalm und Körner.
Millionen Daten für maximale Präzision
Für die aktuelle Studie, veröffentlicht im Fachjournal Nature, wurden die Daten von Millionen Gliom-Proben analysiert. Die KI wurde mit rund vier Millionen Bildaufnahmen trainiert, ergänzt durch neuropathologische und molekularbiologische Analysen der Wiener Forschungsgruppe. „Diese umfangreichen Daten haben wesentlich zur Entwicklung von ‚FastGlioma‘ beigetragen“, erläutern die Wissenschaftler.
Verbesserte Patientenprognose
Das System erkennt nicht nur Tumorzellen, sondern auch die Infiltration des Tumors, also wie stark das umliegende Gewebe bereits von Krebszellen durchdrungen ist. Laut den Forschungsergebnissen übertrifft „FastGlioma“ die herkömmlichen Methoden, die beispielsweise auf fluoreszierenden Kontrastmitteln basieren.
Die Studienautoren betonen, dass die Technik nicht nur bei Gliomen, sondern auch bei anderen Hirntumoren anwendbar ist – sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Mit weltweit über 120 bekannten Arten von Hirntumoren könnte „FastGlioma“ in Zukunft eine entscheidende Rolle in der Onkologie spielen.
Große Hoffnung für die Krebstherapie
„Mit der Unterstützung durch ‚FastGlioma‘ können wir Tumorgewebe präziser und umfassender entfernen“, so die Wiener Entwickler. „Das erhöht die Heilungschancen und verbessert die Prognose für Hirntumorpatienten erheblich.“
Die Forschungsergebnisse unterstreichen das enorme Potenzial der künstlichen Intelligenz in der Onkologie. „FastGlioma“ ist ein vielversprechendes Beispiel dafür, wie KI-basierte Technologien die Versorgung von Krebspatienten nachhaltig verbessern könnten.
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