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Die Protokollnotiz zum Cannabisgesetz

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Protokollerklärung der Bundesregierung
zum
Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften
(Cannabisgesetz – CanG)
(BR-Drs. 92/24 und 92/1/24)
TOP 6 der 1042. Sitzung des Bundesrates am 22. März 2024

I. Ziele des Gesetzes
Cannabis ist trotz Verbots die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland. Die bis-
herige auf Strafverfolgung ausgerichtete Cannabis-Politik hat die Ziele eines ausreichenden
Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutzes sowie einer wirksamen Zurückdrängung der Drogen-
kriminalität nicht erreicht. Eine große und weiter zunehmende Zahl von Menschen in Deutschland
erwirbt und konsumiert Cannabis vom Schwarzmarkt mit unkalkulierbaren Risiken für die Gesund-
heit und den Jugendschutz. Jeder Vierte in der Altersgruppe der 18-25-Jährigen konsumiert
mindestens einmal im Jahr Cannabis. Ihre Zahl hat sich zwischen 2010 und 2021 auf 25% fast
verdoppelt. Dieser gesellschaftlichen Realität stellt sich das Cannabisgesetz und leitet den über-
fälligen Paradigmenwechsel in der Cannabispolitik ein.

Das Cannabisgesetz ermöglicht unter bestimmten Rahmenbedingungen privaten Eigenanbau so-
wie gemeinschaftlichen nichtgewerblichen Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von
Konsumcannabis durch Anbauvereinigungen an erwachsene Mitglieder zum Zweck des Eigen-
konsums. Durch Information sowie Beratungs- und Präventionsangebote werden gesundheit-
liche Risiken für Konsumierende von Konsumcannabis reduziert. Die cannabisbezogene Auf-
klärung und Prävention werden gezielt gestärkt.

Die Bundesregierung wird die gesellschaftlichen Auswirkungen des Gesetzes, insbesondere auf
Kinder- und Jugendschutz, Gesundheitsschutz und die cannabisbezogene Kriminalität begleitend
zum Vollzug des Gesetzes engmaschig evaluieren. Eine erste Evaluation der Auswirkungen der
Konsumverbote, insbesondere der einzuhaltenden Abstände zu Schulen und anderen Kinder- und
Jugendeinrichtungen, auf den Kinder- und Jugendschutz im ersten Jahr nach Inkrafttreten ein-
schließlich der Auswirkungen auf das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen soll 18
Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes vorgelegt werden. Auf Länderwunsch werden darüber
hinaus in diesem Zeitraum auch die Besitzmengen sowie Weitergabemengen in Anbauverei-
nigungen evaluiert. Zwei Jahre nach Inkrafttreten folgt ein Zwischenbericht zu den Auswirkungen
des Gesetzes, einschließlich der Auswirkungen auf die cannabisbezogene organisierte Kriminali-
tät. Eine umfassende, abschließende Evaluation des Gesetzes soll vier Jahre nach Inkrafttreten
folgen. Die Bundesregierung wird bei allen Evaluationsschritten die Länder eng einbeziehen.

II. Amnestie aus Gerechtigkeitsgründen geboten
Die Bundesregierung erkennt an, dass die Umsetzung der Regelungen zum rückwirkenden
Straferlass für die Justizbehörden mit Aufwand verbunden ist. Sie nimmt die hierzu vorgebrachten
Bedenken der Länder ernst. Die Regelung eines Straferlasses für noch nicht vollstreckte Strafen
für konsumnahe Cannabisdelikte ist aber aus Sicht der Bundesregierung aus Gerechtigkeits-
gründen geboten. Sie nimmt Bezug auf die Regelung in Artikel 313 EGStGB, die seit 1974 gilt und
von der damaligen sozial-liberalen Koalition eingeführt wurde. Ihr liegt die Überzeugung zugrunde,
dass es dem Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung widerspräche, wenn die nach altem Recht
ausgesprochenen Strafen noch vollstreckt würden, obwohl das zugrundeliegende Verhalten nach
neuem Recht weder straf- noch bußgeldbewehrt ist. Die Anwendung dieser Regelung auch im Fall
des Cannabisgesetzes ist eine Frage der Gerechtigkeit und trägt verfassungsrechtlichen
Prinzipien Rechnung.

Eine Amnestie zum 1. April 2024 ist laut Aussagen einiger Länder zu kurzfristig, um die Regelung
durch die Justiz umzusetzen, und führe zur Überlastung der Justiz. Es könne zudem zu
Haftentschädigungsansprüchen kommen oder zur Strafbarkeit von Amtsträgerinnen und Amts-
trägern, wenn ab dem 1. April 2024 zu erlassende Strafen weiterhin vollstreckt würden. In wie
vielen Fällen die Erlassregelung letztlich zur Anwendung kommt und wieviel Aufwand sie erzeugt,
dürfte sich erst nach der Auswertung der Akten sicher beurteilen lassen. Die Bundesregierung
erinnert dabei aber auch daran, dass Haftentschädigungen oder eine Strafbarkeit von Amtsträgern
unwahrscheinlich sind. Denn § 1 Absatz 1 des Gesetzes über die Entschädigung für Straf-
verfolgungsmaßnahmen (StrEG) regelt zur Entschädigung für Urteilsfolgen das Folgende: Wer
durch eine strafgerichtliche Verurteilung einen Schaden erlitten hat, wird aus der Staatskasse
entschädigt, soweit die Verurteilung im Wiederaufnahmeverfahren oder sonst, nachdem sie
rechtskräftig geworden ist, in einem Strafverfahren fortfällt oder gemildert wird. Erforderlich ist
danach eine strafverfahrensmäßige Rechtskorrektur. Wir gehen davon aus, dass dies bei einer
Amnestie, also einer Straffreiheit oder Strafmilderung durch Gesetz, nicht gegeben ist. Nach
hiesiger Einschätzung handelt es sich bei Artikel 316p EGStGB-E i.V.m. Artikel 313 EGStGB um
eine solche Amnestieregelung.

Eine Strafbarkeit wegen einer Vollstreckung gegen Unschuldige (§ 345 StGB) oder einer Frei-
heitsberaubung (§ 239 StGB) durch Unterlassen oder das Vorliegen von Rechtfertigungs- und
Entschuldigungsgründen hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wenn aber bei der
Bearbeitung der für einen Straferlass in Betracht kommenden Verfahren Fehler passieren, die auf
einer unzutreffenden Rechtsauslegung beruhen, wird eine Strafbarkeit regelmäßig am fehlenden
subjektiven Element scheitern, da die handlungspflichtige Person weder vorsätzlich noch – im Fall
des § 345 Absatz 2 StGB – leichtfertig handeln würde. Leichtfertigkeit wäre nämlich nur dann
gegeben, wenn der Fehler bei Anwendung eines ganz geringen Maßes an pflichtgemäßer Auf-
merksamkeit ohne weiteres vermeidbar gewesen wäre. Zudem dürfte in diesen Fällen der Straftat-
bestand der Rechtsbeugung (§ 339 StGB) eine Sperrwirkung insoweit entfalten, als weitere
Straftatbestände nur zur Anwendung kommen können, wenn ein Fall der Rechtsbeugung vorliegt.
Diese kann aber nur vorsätzlich begangen werden. Werden die (gleich dringenden) Verfahren
nach und nach ordnungsgemäß abgearbeitet, dürfte eine rechtfertigende Pflichtenkollision
vorliegen. Danach handelt eine Person hinsichtlich der unterlassenen Handlung gerechtfertigt,
wenn sie von mehreren gleichrangigen Handlungspflichten nur eine erfüllen kann.
III. Die Bundesregierung wird weitere Unterstützung bei Kinder- und Jugendschutz/ Sucht-
prävention leisten

Der Bund ist sich seiner Verantwortung beim Ausbau der Aufklärungs- und Präventionsangebote
im Rahmen der Umsetzung des Cannabisgesetzes bewusst. Der Ausbau der Präventions-
angebote ist von herausragender Bedeutung für einen verbesserten Kinder- und Jugendschutz.
Deshalb sollen Kinder und Jugendliche durch die umfassende und zielgruppenorientierte
Aufklärung über die Risiken des Cannabiskonsums gezielt erreicht und bestmöglich geschützt
werden. Bereits seit August des vergangenen Jahres hat das Bundesministerium für Gesundheit
(BMG) eine Informationskampagne aufgesetzt, um gezielt Jugendliche und junge Erwachsene
zwischen zwölf und 25 Jahren über die gesundheitlichen und sozialen Risiken des Cannabis-
konsums aufzuklären. Diese Informationskampagne werden wir fortsetzen und intensivieren, denn
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind aufgrund des Reifeprozesses des Gehirns bis zu
einem Lebensalter von 25 Jahren besonders anfällig für psychische, physische und soziale
Schäden, die durch Cannabiskonsum verursacht werden können. Der Bund leistet auch durch
weitere Maßnahmen seinen notwendigen Beitrag und sagt den Ländern folgende Unterstützung
zu:

• Damit eine qualitätsgesicherte nach bundesweit einheitlichen Standards erfolgende Schulung der
Präventionsbeauftragten der Anbauvereinigungen möglich ist, wird BMG die Empfehlungen der
Ausschüsse des Bundesrates aufgreifen und die Entwicklung eines Mustercurriculums zur
Schulung der Präventionsbeauftragten der Anbauvereinigung finanzieren und den Ländern zur
Verfügung stellen.
• Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wird ein Weiterbildungsangebot für
die Suchtpräventionsfachkräfte der Länder und Kommunen entwickeln, das dabei hilft, die Fach-
kräfte zu den Inhalten des Cannabisgesetzes und zu Cannabispräventionsangeboten des Bundes
zu informieren sowie Kenntnisse zur Risikokommunikation zu vermitteln.
• Die BZgA wird zudem Leitfäden für die Erstellung eines Gesundheits- und Jugendschutz-
konzeptes in den Anbauvereinigungen mit Maßnahmen zur Erreichung eines bestmöglichen
Gesundheits- und Jugendschutzes zur Verfügung stellen.
• Die BZgA entwickelt ein strukturiertes, digitales zielgruppenspezifisches Beratungsangebot für
Konsumentinnen und Konsumenten, an das die Länder Konsumierende verweisen können.
• Die BZgA bietet ausführliche Informationen und Materialien über die Webseite www.infos-
cannabis.de an und passt diese fortlaufend an und bietet damit den Suchtpräventionsfachkräften
vor Ort einen Überblick über bestehende Maßnahmen sowie konkretes Anwendungsmaterial für
Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.
• In enger Abstimmung mit dem Bund-Länderkreis Suchtprävention wird die BZgA weitere konkrete
Angebote und Schulungen für Erziehungsberechtigte und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren,
wie Pädagoginnen und Pädagogen, Jugendhilfe, (Schul-) Sozialarbeit, etc., entwickeln, die in den
Lebenswelten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zur Anwendung kommen können.
• Das BMG wird sich dafür einsetzen, dass die für das Haushaltsjahr 2024 zusätzlich zur Verfügung
stehenden Mittel zum Ausbau der Cannabisprävention in der Haushaltsaufstellung für die Jahre
nach 2024 in Höhe von 6 Millionen Euro fortgeschrieben werden können.

Über diese 6 Millionen Euro hinaus wird der Bund 2024 weitere 1,5 Millionen Euro in die Um-
setzung von Lebenskompetenzprogrammen, wie z.B. „Kinder stark machen“ investieren und so
einen weiteren signifikanten Beitrag zur Suchtprävention leisten. Darüber hinaus fördert der Bund
bis 2027 mit 20 Millionen Euro die Errichtung des innovativen Zentrums für Präventionsarbeit
„Welt der Versuchungen“, das ebenfalls einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung der Sucht-
prävention in Deutschland leisten wird.

Mit den genannten Maßnahmen stärkt der Bund seine Verpflichtung zum Ausbau der Maßnahmen
zur Cannabisprävention über die bisherigen Planungen hinaus und wird sich dabei mit den
Ländern und Kommunen bei ihren Anstrengungen zum Ausbau der Präventionsangebote
abstimmen.

IV. Klarstellungen und Konkretisierungen bei Anbauvereinigungen, Flexibilisierungen für
Behörden

Einige Länder äußerten Bedenken zum Erlaubnisverfahren der Anbauvereinigungen; es bliebe mit
Inkrafttreten am 1. April 2024 zu wenig Zeit zur Etablierung von Erlaubnisverfahren. Die Bundes-
regierung weist darauf hin, dass solche Bedenken der initiale Grund für das gestufte Inkrafttreten
des Gesetzes waren. Um den Ländern Zeit zur Vorbereitung zu geben, ist ein Inkrafttreten der
Regelungen, die die Anbauvereinigungen betreffen – auch der Anspruch auf Erlaubniserteilung –
drei Monate nach den übrigen Regelungen am 1. Juli 2024 vorgesehen. Das heißt ab dem 1. Juli
2024 müssen die Länder ein Erlaubnisverfahren etabliert haben. Sodann haben die zuständigen
Behörden drei Monate nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen Zeit, über die Erlaubnis zu
entscheiden. Die Zeit zwischen dem 1. April und dem 1. Juli 2024 können die Länder also nutzen,
um z.B. die zuständige Behörde für die Erteilung der Erlaubnis und die Überwachung der Anbau-
vereinigungen zu bestimmen.

Darüber hinaus ist die Bundesregierung bereit, im Zusammenhang mit weiteren Bedenken der
Länder bzgl. Anbauvereinigungen vor Inkrafttreten der die Anbauvereinigungen betreffenden
Regelungen Flexibilisierungen für die kontrollierenden Behörden der Länder sowie weitere
Konkretisierungen vorzusehen:
• Im Cannabisgesetz ist derzeit eine jährliche Kontrolle der Anbauvereinigungen durch die
Überwachungsbehörden als Soll-Regelung vorgesehen. Um den Vollzugsaufwand für die Länder
zu reduzieren, wird anstelle von „jährlichen“ „regelmäßige“ Kontrollen vorgesehen. Dies würde
den Ländern einen ausreichend flexiblen und risikobasierten Handlungsspielraum bei der Um-
setzung des Cannabisgesetzes eröffnen, wobei die Kontrolldichte später evaluiert werden sollte.
• Um den gemäß den europarechtlichen Vorgaben erforderlichen nicht-gewerblichen Anbau-
charakter der Anbauvereinigungen zum Zwecke des Eigenkonsums sicherzustellen, wird klar-
gestellt, dass zum Zweck des Anbaus nicht eine Vielzahl von Anbauvereinigungen
Anbauflächen am selben Ort bzw. im selben Objekt betreiben dürfen. So sollen kommerziellen
„Plantagen“ vergleichbare Großanbauflächen ausgeschlossen werden, die dem erklärten Zweck
eines kleinräumigen, nichtgewerblichen Eigenanbaus zum Eigenkonsum durch die aktive Mit-
arbeit der Mitglieder der jeweiligen Anbauvereinigungen entgegenstehen würden.
• Zudem wird klargestellt, welche Tätigkeiten Anbauvereinigungen nicht an gewerbliche Anbieter
auslagern dürfen, um eine europarechtswidrige Kommerzialisierung des Anbaus auszuschließen.
Vermieden werden soll beispielsweise, dass etwaige Vertragspartner bei der Anmietung von
Objekten zum Zwecke des Anbaus zugleich Vermieter, Energielieferant oder die für Objektsicher-
heit verantwortliche Personen sein können.

Diese Regelungen sind noch vor dem 1. Juli 2024 bundesrechtlich sicher zu veranker

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