Die digitalen Medien verändern unsere soziale Landschaft. Die Veränderung ist allumfassend. Es soll daher nur ein kleiner Aspekt herausgegriffen werden.
Das Internet ist ebenso zum Kriegsgebiet für Falschinformationen geworden. Zukünftige Kriege werden etwa nur noch wenig mit Panzern und Kriegsgeräten zu tun haben. Sie sind still geworden, aber dennoch vorhanden. Die digitalen Kräfte werden die stillen Bomben der Zukunft sein. Weniger laut, aber wahrscheinlich weit effektiver als Bomben selbst. Mediale Beeinflussung wird daher mehr denn je eine wesentliche Rolle spielen.
Das Internet bringt neue, oft seltsame Formen sozialer Figuren hervor. Falsche und wahre Heilige, bedenkliche ethische Anschauungen, 24h-Meinungsäußerer und andere Erscheinungen im wahrsten Sinne des Wortes. Politik, Werbung, Großkonzerne machen sich die neue Plattform immer mehr zu nutze. Ja sogar neue „Richter“ über „wahre“ und „vertrauenswürdige“ Nachrichten gibt es, doch sind diese oft von Großkonzernen angestellt und alles andere als „neutral“.
Monika Gruber, die bekannte Kabarettistin meinte einmal, dass “Influenza(cer)” früher eine Krankheit war und heute sei es zum Beruf geworden.
Nuriel Molcho, Tina Neumann, Kimberly Budinsky, Fabio Wibmer, Michael Buchinger, Laura Müller, Younes Zarou und Marie Nasemann sind nur einige wenige Namen der weltweit hunderttausenden sog. Influencer.
“Influencer” leben von ihren Präsentationen und dementsprechend haben sie viel Zeit zu investieren in ihre minutiös kalkulierten Auftritte.
Die Wichtigkeit wird zumeist von sogenannten Follower-Größen abgeleitet. Hat man entsprechend viele Follower, so gilt sie/er als “Influencer”. Der Inhalt ist höchst variabel in Quantität und Qualität und ein sehr vergängliches Phänomen des Zeitgeistes.
Die Kommunikationsformen haben sich verändert. Die Corona Pandemie hat zu einer sehr starken Steigerung von Videokonferenzen- und Auftritten geführt. Nunmehr ist man stundelang mit dem eigenen Gesicht und dessen Ausdruck konfrontiert. Man beginnt sich mit anderen zu vergleichen. Bei genauerer Betrachtung, im eigenen Vergleich zu den anderen, entdeckt man mitunter sogar neue Schwachstellen. Die Folgen sind oft fatal.
Der Wunsch so auszusehen wie andere hübsche Menschen in den sozialen Medien ist nicht unbekannt. Menschen mit Körperstörungen (Anorexie etc.) sind hier besonders vulnerabel. Verschiedene Studien zeigten auf, dass Menschen mit dieser Krankheit besonders viel Zeit darauf verwenden sich auf Videokonferenzen vorzubereiten. Internet Plattformen wie Tik-Tok, Instagram etc. tun ein Übriges dazu diese Menschen bzw. ihr Körperbild negativ zu beeinflussen.
Idole von früheren Zeiten waren nicht wirklich greifbar. Auch konnte man mit ihnen nicht direkt in Austausch treten oder ihre Nachrichten und Lebensvorgänge nachverfolgen. Die Abbildungen waren meist auf anonymen Plakatwänden oder Fotos zu sehen. Der Kontakt war also sehr schwer bzw. teilweise unmöglich.
Dies hat sich heute geändert. Stars, Starlets und viele andere Menschen nutzen die digitalen Medien zur eigenen Profilierung. Auf den neuen Plattformen im Internet tummeln sich nun auch die “Influencer”.
Junge Menschen können mit diesen Gruppen, ganz zwanglos und unkompliziert, direkt in Kontakt treten. Sie erhalten Tipps und Tricks. Schnell werden fachlich-problematische Hilfen gegeben. Man möchte ja so werden wie diese. Virtuelle (Pseudo) Freundschaften entstehen. Nicht alle davon sind gut.
Eine Verteufelung wäre schlecht. Aus psychologischer und therapeutischer Sicht muss man offen damit umgehen. Jedoch sind viele Psychologen und Therapeuten gar nicht darauf spezialisiert oder haben die Zeichen der Zeit zu wenig erkannt. Dies ist auch schwer, denn es ist ein neues und sehr veränderliches Phänomen.
Die Ausbildungen nehmen bisher nur marginal oder gar nicht darauf Bezug. Es tut Not Psychologen, Therapeuten, Ärzte etc. in diesen neuen Medien zu schulen. Die Welt verändert sich immer schneller. Eine Veränderung der therapeutischen Ansätze ist dringend erforderlich.
Salvatore Giacomuzzi
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