Traditionsfirmen wie die 150 Jahre alte Deutsche Bank versuchen das auch, die Commerzbank tut es bereits.
Wenn die Rangliste der fünf wertvollsten Unternehmen der Welt keine Industriebetriebe und keine Banken beinhalten, erleben wir eine Revolution. Im Denken wie im Geschäft der Konzerne belegen Zahlen, wie Start-Ups fast ohne Personal und wenig Kapital Traditionsunternehmen zusetzen.
Fahrdienst Uber beispielsweise ist mehr wert als BMW – und baut kein einziges Auto. Zimmervermittler Airbnb ist wertvoller als der Hotelkonzern Marriott – und besitzt kein einziges Bett. Der größte Börsengang aller Zeiten war der von Alibaba im Jahr 2014. Der Gründer Jack Ma besitzt keinen Laden, kein Lager. Er stellt einen virtuellen Marktplatz zur Verfügung, auf dem Fremde ihre Waren tauschen. Die Lieblinge der Börse heißen heute Google, Amazon, Facebook. Die Liste der Firmen mit General Electric dem Industriegiganten, Exxon dem Ölkonzern, der Citibank, die vor 15 Jahren noch ganz oben standen, hat sich gewandelt. Diese Firmen sind dort nicht mehr zu sehen.
In Deutschland steht SAP vor VW.
Die Gesetze der Wirtschaft haben sich geändert. Kunden freuen sich über Preise und neue Geschäftsmodelle. „Plattform-Revolution“ heißt nach einem aktuellen Autor der neue Weg mit Thesen der neuen Welt. In Deutschland hören Konzernchefs, dass gestern noch unbekannte Angreifer ganze Branchen zerlegen. „Disruption“ geht als neues Zauberwort Managern über die Lippen. Ob Auto-, Chemie- oder Gesundheitsbranche, Handel oder Banken – alle müssen auch morgen ihr Geld verdienen. „Die deutschen Konzerne nehmen die Herausforderung an“, wird von Top-Managern berichtet. Von Bosch und BMW über SAP zu Siemens und der Deutschen Bank haben Traditionskonzerne ihren Fabriken analysiert und dicke Bilanzen zur Seite gelegt.
Je schneller sie mit den neuen Mitspielern der digitalen Welt kooperieren, desto besser!
Das Rezept klingt simpel: „Schaffe einen Marktplatz, wo Kunden und Anbieter zusammentreffen, um Mehrwert für beide Seiten zu schaffen.“ Das ist leichter gesagt als getan. Die Unternehmen suchen noch das konventionelle Geschäft. Das verläuft aber nach anderen Regeln:
Eine Fabrik kauft Rohstoffe, produziert Ware und liefert diese an Kunden. Dieser „Pipeline-Wirtschaft“ steht die „Plattform-Ökonomie“ entgegen. Deren Vorzeigefirmen Uber und Airbnb haben die Welt ohne Vermögensgegenstände von Bedeutung erobert. Ungenutzte Kapazitäten wurden dem Markt zugeführt, die Transaktionskosten gesenkt. Die Kunden konnten günstigere Angebote erwarten.
Ein physisches Produkt wie ein Automobil wird anders verkauft als Mobilitätsdienste in der digitalen Welt. Dazu braucht es keine Fabriken, keine Historie, keine vollständige Wertschöpfungskette. Die Produktion ist wie bisher erforderlich, wird aber zwischen den Dienstleistern zum optimalen Kostensatz realisiert. Heute kann jeder als Dienstleister damit anfangen. Wer geht aus diesen revolutionären Zeiten als Sieger hervor?
Die Ideen des Ingenieurs werden an anderer Stelle optimiert und hinterfragt. Den Kunden interessieren sie nicht mehr, da er darauf keinen Rechtsanspruch hat.
Das Automodell im Car-Sharing entscheidet über den Erfolg und die Beziehung vom Dienstleister zum nutzenden Kunden. Die Strategie des Unternehmens erbringt Aufmerksamkeit und Ressourcen. Solche Überlegungen spielen sich heute in Unternehmen ab.
Wer glaubt gegen Chinesen keine Chance zu haben, muss anfangen aus der Tradition heraus einen Digitaldienstleister aufzuziehen. Viele hat das bereits berühmt gemacht. Plattformen verkaufen keinen Stahl mehr, sondern sind als Dienstleister die Wettbewerber der Zukunft.
Nur wer sich die Konkurrenz auf die eigene Plattform holt, hat eine Chance. Wer die Plattform nicht nutzt, macht sich überflüssig. Kannibalisieren steht an.
Maßgeblich ist der Traffic auf der Plattform (Geoffrey Parker, der MIT-Professor) – sogar dann, wenn nicht alle Nutzer direkt bezahlen: „Ihr Wert besteht für den Anbieter darin, dass sie für andere im Netzwerk präsent sind, die den Plattform-Anbieter entlohnen.“ Das Geld kommt nicht mehr allein vom Verbraucher, sondern auch vom Wettbewerber, der die Plattform mitnutzt und dafür eine Gebühr erbringt. Das ist für traditionelle Manager schwer zu verstehen. Deren Bezahlung erfolgt an anderer Stelle.“
Die Deutsche Bank hat als Konzern eine strategische Partnerschaft mit dem MIT vereinbart.
Mit MIT-Professoren werden in Frankfurt und in Übersee Workshops zur Zukunft des Plattform-Banking initiiert – vor den Toren der Stadt im Zukunftslabor der Bank.
Das Finanzgewerbe hatte noch nie physische Ware im Angebot. Kredit und Sparbuch sind abstrakte Produkte, die Zinsdifferenz ist der Gewinn. Die Grundsatzfrage aber ist, wer künftig zahlt – das Produkt oder die Kundenkontakte? Die Deutsche Bank will auf die Beziehung zum Kunden setzen – also auf die Plattform. Finanzprodukte wie Darlehen oder Einlagen würden austauschbar. Der Draht zum Kunde differenziert die Banken in der Zukunft. Kundenkontakte außerhalb der Filialen arbeiten über Smartphone und PC. Die Bank wird zum Technologiekonzern.
Konkret sind bankeigene App-Stores, über die Kunden Bankprodukte und Dienstleistungen bekommen, die nichts mit dem klassischen Bankgeschäft zu tun haben. Partner oder die Kunden zahlen dafür. Pilotprojekte wie „kuratierte Einlagenmarktplätze“, werden fiktiv geschaffen. Dort soll es eigene und fremde Produkte geben. Die Deutsche Bank schiebt im Zweifel das Geld ihrer Kunden zur Konkurrenz. Festgeld ausländischer Wettbewerber soll angeboten werden. Der Kunde bekommt vielleicht mehr Zins; die Konkurrenzbank refinanziert sich über deutsche Sparer. Für die Vermittlung kassiert die Deutsche Bank eine Gebühr. Wer registriert ist, kann sein Geld zwischen den Banken bewegen. Nie war der Umzug mit dem Konto einfacher.
Laut Marktforschung wollen Kunden, die bei bis zu sechs Banken Konten haben, digital am liebsten nur eine Anlaufstelle. Eine Bank, bei der sie den Identifizierungsprozess durchlaufen, wollen sie an anderer Stelle nicht aufwändig wiederholen. Wem vertrauen die Bürger ihre digitale Identität an? Hinterlegen sie Bankverbindung und Personalausweis beim anonymen Cloud-Anbieter – oder doch lieber bei der Hausbank? Zum Bankinstitut haben Bankkunden ein größeres Vertrauen als zu Social-Media-Netzwerken oder reinen Onlinefirmen.
Wer sich durchsetzen will, braucht eine starke Marke und regen Kundenverkehr. Die mächtigsten Wettbewerber für Banken sind nicht Fintech-Startups, sondern die IT-Konzerne aus Kalifornien.
Für Neulinge entsteht hier kein Markt mit Früchten, die von den Bäumen zu holen sind.
Allenfalls eine Handvoll junger Firmen aus der Finanzbranche wird irgendwann relevant, sie werden von etablierten Spielern aufgekauft.
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