In Guangzhou, einer geschäftigen Hafenstadt am Perlfluss in Südchina, gibt es ein Geräusch, das nie aufhört: das monotone Summen von Nähmaschinen. Es ist der Herzschlag von „Shein Village“, einem Labyrinth aus Fabriken, das den größten Fast-Fashion-Giganten der Welt antreibt. Hier entstehen die T-Shirts, Kleider, Blusen und Hosen, die weltweit in über 150 Ländern getragen werden – und das alles für Preise, bei denen man sich fragt, ob der Stoff überhaupt echt sein kann.
Willkommen in „Shein Village“: Wo Freizeit ein Gerücht ist
Die Arbeitszeiten in diesem Paradies der Modeproduktion? „Wenn der Monat 31 Tage hat, arbeite ich 31 Tage“, verriet eine Arbeiterin trocken. Wochenarbeitszeit: stolze 75 Stunden. Freie Tage? Einer pro Monat – wenn überhaupt. Schlaf scheint überbewertet, genauso wie das chinesische Arbeitsrecht, das eine maximale Arbeitszeit von 44 Stunden pro Woche und mindestens einen Ruhetag pro Woche vorschreibt. Aber hey, was ist schon ein Gesetz gegen den globalen Hunger nach 8-Euro-Kleidern?
Die Arbeiterinnen und Arbeiter – oft Migranten aus ländlichen Gegenden – verdienen ihren Lohn pro genähtem Kleidungsstück. Ein T-Shirt bringt etwa 1-2 Yuan ein, also weniger als einen Eurocent. Mit etwas Übung schafft man ein Dutzend Shirts pro Stunde. Am Ende des Monats kann der Verdienst zwischen 4.000 und 10.000 Yuan liegen – eine stolze Summe, wenn man ignoriert, dass der sogenannte „Living Wage“ in China bei etwa 6.512 Yuan beginnt. Aber wer will schon leben, wenn man arbeiten kann?
Shein: Ein Unternehmen mit klarer Mission
Shein, das Wunderkind der Fast-Fashion-Branche, wurde zuletzt auf 66 Milliarden Dollar geschätzt und denkt laut über einen Börsengang in London nach. Klar, wer bei H&M oder Zara einkauft, ist ja praktisch schon altmodisch. Shein hat es geschafft, mit einem gigantischen Katalog von Kleidung zu absoluten Spottpreisen die Konkurrenz in die Knie zu zwingen – unterstützt von „Shein Village“ und seinen 5.000 Fabriken, in denen die Nähmaschinen nie stillstehen.
Natürlich wird Shein immer wieder wegen seiner Arbeitsbedingungen kritisiert. Letztes Jahr gestand das Unternehmen ein, dass Kinder in den Zulieferfabriken beschäftigt wurden. Aber keine Sorge, Shein hat Maßnahmen ergriffen: Große Poster in den Fabriken fordern die Mitarbeiter auf, „minderjährige Arbeiter zu melden“. Denn nichts zeigt ein Umdenken wie ein Poster, oder?
In einer Erklärung betonte das Unternehmen, dass es sich für „faire und würdevolle Arbeitsbedingungen“ in der Lieferkette einsetzt und Millionen in Governance und Compliance investiert. Doch wenn die Maschinen bis spät in die Nacht rattern und die Arbeiter nach einem kurzen Abendessen zurück an ihre Plätze hetzen, klingt das eher nach Lippenbekenntnissen. Aber hey, was ist schon Würde gegen ein 10-Euro-Kleid?
Das Geheimnis des Erfolgs: Billig, schnell, undurchsichtig
Sheins Lieferkette ist ein logistisches Meisterwerk: Von der Stoffrolle bis zum fertigen T-Shirt wird alles in China produziert, schnell und kosteneffizient. Während Länder wie Vietnam und Bangladesch noch Rohstoffe importieren müssen, liefert China alles aus einer Hand – von Stoff über Knöpfe bis zu Reißverschlüssen. Kein Wunder, dass Shein so schnell auf Markttrends reagieren kann. Wenn ein Kleid bei den Kund*innen gut ankommt, erhöht Shein die Bestellungen – und die Arbeiter in „Shein Village“ müssen Überstunden machen, um die Nachfrage zu decken.
Natürlich gibt es auch Schattenseiten: Fabrikbesitzer berichten, dass Shein ein harter Verhandlungspartner ist, der die Preise diktiert und die Gewinne klein hält. Also wird an anderer Stelle gespart – oft bei den Gehältern der Arbeiter. Aber hey, was sind schon faire Löhne, wenn der Rubel rollt?
Ein Dorf voller Hoffnung und Nähmaschinen
In „Shein Village“ gleicht jeder Tag einer endlosen Abfolge von Nadel, Faden und Schweiß. Die Arbeiter*innen essen auf der Straße, wenn in der Kantine kein Platz ist, und arbeiten oft bis Mitternacht. Dennoch gibt es einen gewissen Stolz auf das, was sie leisten: „Das ist unser Beitrag zur Welt“, sagte eine Arbeiterin, die anonym bleiben wollte. Ob Stolz oder Zynismus – schwer zu sagen.
Doch während die Nähmaschinen weiter rattern, um die nächste Lieferung nach London, Dubai oder Chicago fertigzustellen, bleibt die große Frage: Wie lange kann Shein diese Maschinerie am Laufen halten, ohne dass die Risse im System sichtbarer werden?
Fazit: 12-Euro-Kleid und ein hoher Preis
Hinter jedem günstigen Kleidungsstück von Shein steckt eine Geschichte, die man am liebsten nicht hören möchte: unmenschliche Arbeitszeiten, niedrige Löhne und eine Produktion, die eher nach Fließband als nach Mode klingt. Aber hey, Hauptsache, der Warenkorb ist voll und das Gewissen bleibt so leer wie die Taschen der Arbeiter. Wer braucht schon Nachhaltigkeit, wenn die nächste Rabattaktion winkt?
Kommentar hinterlassen