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Ehre im Internet

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Netzwerkdurchsetzungsgesetz kein Allheilmittel

Rechtliche Diskussionen sind immer Moden unterworfen. Manchmal geraten Rechtsgebiete auch für einige Zeit in Vergessenheit, um dann plötzlich umso heftiger wieder diskutiert zu werden. Auch im Bereich des Internetrechts wird z. B. jetzt die ganze Zeit über das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gestritten und diskutiert und gute alte andere Rechtsgebiete sind vergessen. Das gilt z. B. für den guten alten zivilrechtlichen Schutz der Ehre. 

Der „Lockenwickler-Fall“

Ehrverletzungen bringen Schadenersatzansprüche in Geld. Klassisches Beispiel: an der Kasse wird die Ehefrau eines Kunden lauthals des Ladendiebstahls verdächtigt und vor anderen Kunden bloßgestellt. Der Vorwurf des Marktleiters war unrichtig. Das Landgericht Koblenz verurteilte den Marktleiter zu einem Schadenersatz von 500 € (damals 1.000 DM), Aktenzeichen – 6 S 212/86 -. Diese Rechtsprechung ist faktisch vergessen. Als Anspruchsgrundlage diente das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Teil des § 823 Abs. 1 Bürgerlichen Gesetzbuch. Damit kann das Opfer Schadenersatz in Geld und auch Widerruf und Unterlassung weiterer Behauptungen dieser Art verlangen. Einfach sind Fälle der Art wie: „Sie haben einen Lockenwickler gestohlen!“ Da wird jemand vor versammelter Mannschaft offenbar verleumdet und zugleich beleidigt.

Was ist Ehre? „Der alte Mann-Fall“

1949 entschieden die Verfassungsmütter und -väter in das Grundgesetz in Art. 1 und Art. 2 die Würde und die Entfaltung der Persönlichkeit besonders zu schützen. Daraus entwickelte die Rechtsprechung dann den Schutz der Ehre durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Problematisch ist nur, was Ehre ist. Führt es zu einem Schadenersatz und Unterlassungsanspruch einen 58-Jähriger als alten Mann zu bezeichnen? Der Leser ist geneigt, das als Beleidigung aufzufassen (je nachdem wie alt er ist). Gerichte meinten aber nein. Oberlandesgericht Hamm, – 1 RVs 67/16.

Je nach politischer Richtung und Stimmungslage der Bevölkerung ändert sich der Ehrbegriff ständig. Das ist also schwierig vorher zu sagen, was die Gerichte als normalen Umgang zwischen den Bürgern hinnehmen. Früher musste jeder, der einen Polizisten duzte, mit einem Verfahren vor dem Strafgericht rechnen wegen Beleidigung. Dann kam Dieter Bohlen und wurde freigesprochen, weil er sozusagen sowieso jeden duzt.

„Caroline von Monaco Fall“ – Ehre ist mehrere 100.000 € wert

In den neunziger Jahren sorgte Caroline von Monaco für Aufsehen, weil sie gegen Bilder in Zeitschriften und bzw. gegen gefälschte Interviews klagte. Eine juristische Schlacht in Deutschland und Europa entbrannte. Eines der Ergebnisse war, dass der Schadenersatz höher wird, je mehr Personen die unzulässige Verletzung des Persönlichkeitsrechts zur Kenntnis nehmen könnten. Mit anderen Worten: Hätte der Marktleiter die Lockenwickler-Frau bei „Facebook“ als Ladendiebin bezeichnet, hätte diese mehr als 500 € Schadenersatz verlangen können.

„Flunkerfürst-Fall“ – Ehrschutz gilt auch im Internet

Man darf niemanden einen „Flunkerfürsten“ nennen und glauben, dass diese Äußerung nicht verboten werden könne. Das hat z. B. das Landgericht Hamburg ganz selbstverständlich getan und nicht unterschieden, ob diese Äußerungen jetzt mündlich, in Papierform oder im Internet gemacht werden (Landgericht Hamburg, 324 O 819/03). Selbstverständlich werden die Rechtsgrundsätze des offline-Rechts in das Internetrecht übertragen.

Verantwortung von Dienstleistern im Internet

Bekanntlich funktionieren Beleidigungen und Verleumdungen offline ganz einfach: Traditionelle begibt der Beleidiger sich an die Grundstücksgrenze und überschüttet die Nachbarschaft mit Beschimpfungen aller Art. Im Internet ist das etwas komplizierter, weil eine Ehrverletzung regelmäßig elektrischen Strom, eine Internetverbindung, jemanden, der diese Internetseite der Welt vorhält und eine Suchmaschine braucht.

1. Verantwortung als Täter

Im Moment kreist die Diskussion um die Fragen, ob technische Dienstleister wie Google oder Facebook verantwortlich sind für den Ehrschutz im Internet. Rechtlicher Konsens scheint zu bestehen, dass ein technischer Dienstleister erst mal nicht haftet für den Inhalt, der von Dritten behauptet wird. Beispiel: Facebook haftet nur für Inhalte, wenn z. B. Mark Zuckerberg selbst den Autor dort als Flunkerfürst bezeichnen würde.

2. Verantwortung als Übermittler

Grundlage der bisherigen Urteile und auch des Netzwerkdurchsetzungsesetzes ist der Eigenschutz: Egal, ob jemand wegen des Rechts auf Vergessen gegen Google klagt oder sich über einen verleumderischen Facebook-Post beschweren möchte. Die Rechtsordnung geht davon aus, dass das Opfer erst mal das Internet selber durchforsten muss.

3. Streitigkeiten aller Art

Hier fehlt es an Klarheit: Manchmal muss Google Inhalte löschen und manchmal nicht, jedenfalls ist das der Ansatz des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Große Dienstleister wie Facebook müssen Kontrollgremien einbauen. Schwierig zu handhaben sind Nutzer, die sich anonym tummeln, denn dann stellt sich erst die Frage nach der Verantwortlichkeit Dritter.

Fazit und Tipp

Der Schutz der Ehre vor Beleidigungen und Verleumdungen im Internet ist komplex und in Bewegung. Durch die Übertragung der bisherigen Urteile aus der Offline-Welt in das Internet besteht zumindest in Teilbereichen Rechtssicherheit.

Quelle:Dr.Thomas Schulte Berlin

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