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Eilantrag einer Umweltvereinigung gegen die Fällung einer Pappelreihe für den neuen Stadtteil Oberbillwerder erfolgreich

Daniel_B_photos (CC0), Pixabay
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Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom heutigen Tag bleibt die von der Umweltbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg geplante Fällung einer Pappelreihe als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Bebauungsplanverfahren Oberbillwerder untersagt (Az. 2 Bs 19/24). Das Oberverwaltungsgericht hat damit eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt (Beschl. v. 31.1.2024, 7 E 170/24).

Die Freie und Hansestadt Hamburg beabsichtigt die Entwicklung des neuen Stadtteils Oberbillwerder im Bezirk Bergedorf. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen sollen vom Bezirk mit dem Bebauungsplan Oberbillwerder geschaffen werden. Das Planverfahren ist bisher nicht abgeschlossen. Zuletzt lag der Planentwurf bis zum 8. Februar 2024 zur Öffentlichkeitsbeteiligung aus. Die Planungen sehen eine Reihe von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen für die mit diesem Vorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft vor. Unter anderem sollen neue Lebensräume und Fortpflanzungsstätten für Feldlerchen geschaffen werden, weil ihr bisheriger Lebensraum durch das Projekt eingeschränkt wird. Im Rahmen eines vorgezogenen Ausgleichs sollen daher Ausgleichflächen mit einer Größe von 102 ha Lebensraum zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck sollen am Billwerder Billdeich 35 Hybridpappeln gefällt und 60 dieser Bäume gekappt werden, weil Feldlerchen niedrige Gras- und Krautflächen mit weitgehend freiem Horizont benötigen. Weitere Kompensationsmaßnahmen zu Gunsten der Feldlerche sind auf der Elbinsel Hahnöfersand vorgesehen.

Gegen die der Umweltbehörde vom Bezirksamt Bergedorf erteilte Fällgenehmigung erhob eine Umweltvereinigung Widerspruch. Sie führte zur Begründung u.a. aus, dass sich entlang der betroffenen Hybridpappeln eine Hauptjagdroute geschützter Fledermäuse befinde. Die von der Umweltbehörde geplante Ausgleichsmaßnahme für die besonders geschützte Feldlerche stehe daher im Konflikt mit einer Gefährdung der großen und streng geschützten Fledermauspopulation.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat dieses Konfliktpotenzial in der artenschutzrechtlichen Prüfung im Bebauungsplanverfahren erkannt, geht im Ergebnis aber davon aus, dass die Beeinträchtigungen des Jagdhabitats für Fledermausarten durch weitere Maßnahmen ausgeglichen werden können. Sie ordnete Anfang Januar 2024 die sofortige Vollziehung der Fällgenehmigung an. Die Ansiedlung von Feldlerchen könne einige Jahre in Anspruch nehmen. Eine zeitnahe Umsetzung der Fällungen sei erforderlich, weil andernfalls eine deutliche Verzögerung der Verwirklichung des Stadtteils Oberbillwerder zu befürchten sei, an dessen Realisierung ein besonderes öffentliches Interesse bestehe.

Das Verwaltungsgericht hat dem daraufhin von der Naturschutzvereinigung gestellten Eilantrag stattgegeben. Die hiergegen vor dem Oberverwaltungsgericht erhobene Beschwerde der Stadt ist ohne Erfolg geblieben. Nach der heutigen Entscheidung ist die der Umweltbehörde erteilte Fällgenehmigung voraussichtlich rechtswidrig, weil die Freie und Hansestadt Hamburg das ihr nach der Baumschutzverordnung eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Zwar habe sie die schutzwürdigen Belange der Fledermaus hinreichend berücksichtigt, indem potenzielle Quartiere durch Fledermauskästen in den verbleibenden Bäumen ersetzt würden und Flugrouten und Jagdhabitat durch die Anlage von zwei zusätzlichen Heckenstrukturen in räumlich-zeitlichen Zusammenhang bestehen bleibe. Die Erwägungen zum Schutz der Feldlerchen seien jedoch nicht tragfähig. Es reiche nicht aus, wenn die lokale Lerchenpopulation insgesamt nicht beeinträchtigt werde. Erforderlich sei nach bundesverwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung vielmehr, dass den konkret betroffenen Brutpaaren weiterhin geeignete Nistplätze in ihrem Revier zur Verfügung stünden oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt würden. Das verkenne die Stadt, wenn sie in ihrem Maßnahmenpaket Ausgleichsflächen in Hahnöfersand in einer Entfernung von 20 km vorsehe. Diese dienten allein dem Schutz der Lerchenpopulation insgesamt, nicht aber den konkret betroffenen Feldlerchen. Aufgrund der Ortstreue der Feldlerchen werde im Regelfall eine Entfernung zur Maßnahmefläche von nicht mehr als 2 km empfohlen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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