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Ein Fluggast, der eine Ausgleichsleistung für die Annullierung eines Fluges erhalten und einen Alternativflug akzeptiert hat, hat Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wegen Verspätung des Alternativfluges

stevepb (CC0), Pixabay
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Reisende buchten bei Finnair einen Direktflug von Helsinki (Finnland) nach Singapur.

Dieser für den 11. Oktober 2013 um 23:55 Uhrvorgesehene Flug wurde jedoch aufgrund eines in der Maschine aufgetretenen technischen Problems annulliert. Nach Annahme eines entsprechenden Angebots der Finnair wurden die Reisenden auf den Flug Helsinki-Singapur via Chongqing (China), Abflugzeit am darauf folgenden Tag, dem 12. Oktober 2013, um 17:40 Uhr und geplante Ankunftszeit in Singapur am 13. Oktober um 17:25 Uhr, umgebucht.

Finnair führte den Alternativflug Helsinki-Chongqing-Singapuraus. Wegen einer ausgefallenen Servolenkung für das Steuerruder der betreffenden Maschine verzögerte sich jedoch ihre anderweitige Beförderung. Sie kamen daher in Singapur am 14. Oktober 2013 um 00:15 Uhr an.

Die Reisenden erhoben Klage gegen Finnair auf Verurteilung der Fluggesellschaft zur Zahlung eines Betrags nach der Fluggastrechteverordnung 1 an jeden von ihnen in Höhe von 600 Euro zuzüglich Zinsen wegen der Annullierung des ursprünglichen Fluges Helsinki–Singapur.

Außerdem beantragten sie, Finnair auch zur Zahlung eines Betrags an jeden von ihnen in Höhe von 600 Euro zuzüglich Zinsen wegen der mehr als dreistündigen Verspätung der Ankunft des Alternativfluges Helsinki-Chongqing-Singapur zu verurteilen.

Finnair gewährte eine Ausgleichsleistung von 600 Euro wegen der Annullierung des ursprünglichen Fluges Helsinki–Singapur. Die Gesellschaft weigerte sich jedoch, die zweite von den Reisenden begehrte Ausgleichszahlung zu leisten, zum einen, weil sie keinen Anspruch auf eine zweite Ausgleichszahlung nach der Verordnung hätten, und zum anderen, weil der Alternativflug wegen „außergewöhnlicher Umstände“ im Sinne dieser Verordnung verzögert gewesen sei.

Eine der drei Servolenkungen des Steuerruders zur Lenkung des Flugzeugs, das diesen Flug ausgeführt habe, sei ausgefallen, wobei der Hersteller des Flugzeuges mitgeteilt habe, dass mehrere Maschinen dieses Typs einen versteckten Fabrikations- bzw. Konstruktionsfehler aufwiesen, der die Servolenkungen des Steuerruders betreffe.

Außerdem handle es sich bei der Servolenkung des Steuerruders um ein sogenanntes „On condition“–Teil, das nur bei Defekt des früheren Teils durch ein neues Teil ersetzt werde. Unter diesen Umständen hat das Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki, Finnland) den Gerichtshof befragt, ob ein Fluggast, der wegen der Annullierung eines Fluges eine Ausgleichszahlung erhalten und den ihm angebotenen Alternativflug akzeptiert hat, Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wegen Verspätung des Alternativfluges hat, wenn diese Verspätung ein Ausmaß erreicht, das zu einer Ausgleichszahlung berechtigt, und das Luftfahrtunternehmen des Alternativfluges dasselbe ist wie das des annullierten Fluges.

Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass die Verordnung keine Bestimmung enthält, mit der die Rechte der Fluggäste, die wie im vorliegenden Fall anderweitig befördert werden, beschränkt werden sollen; das gilt auch für ihren etwaigen Ausgleichsanspruch.
Daher hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Fluggast, der, nachdem er den vom Luftfahrtunternehmen infolge der Annullierung seines Fluges angebotenen Alternativflug akzeptiert hat, sein Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von diesem Luftfahrtunternehmen für den Alternativflug geplanten Ankunftszeit erreicht hat, Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.
Fluggäste, die Annullierungen oder große Verspätungen hinnehmen mussten, hatten nämlich diese Unannehmlichkeiten sowohl in Verbindung mit der Annullierung ihres ursprünglich gebuchten Fluges als auch später aufgrund der großen Verspätung ihres Alternativfluges.
Daher steht es im Einklang mit dem Ziel, diesen großen Unannehmlichkeiten abzuhelfen, wenn diesen Fluggästen ein Ausgleichsanspruch für jede dieser aufeinander folgenden Unannehmlichkeiten gewährt wird.
Das vorlegende Gericht fragt zudem, ob sich ein Luftfahrtunternehmen für die Befreiung von seiner Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen kann, die mit dem Defekt eines Teils zusammenhängen, das nur wegen Defekts des früheren Teils ausgetauscht wird, sofern er ständig ein Ersatzteil vorrätig hält. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass nach seiner Rechtsprechung als „außergewöhnliche Umstände“ Vorkommnisse angesehen werden können, die ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht beherrschbar sind, wobei diese beiden Bedingungen kumulativ sind.
Technische Mängel, die sich bei der Wartung von Flugzeugen zeigen, können als solche grundsätzlich keine „außergewöhnlichen Umstände“ darstellen.
Der Defekt eines sogenannten „On condition“-Teils, auf dessen Austausch sich das Luftfahrtunternehmen durch ständiges Vorrätighalten eines Ersatzteils vorbereitet hat, ist aber ein Vorkommnis, das seiner Natur oder Ursache nach Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens und von ihm tatsächlich zu beherrschen ist, es sei denn, ein solcher Defekt ist nicht untrennbar mit dem System zum Betrieb des Flugzeugs verbunden, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Ein Luftfahrtunternehmen kann sich also für die Befreiung von seiner Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen nicht auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen, die mit dem Defekt eines sogenannten „On condition“-Teils zusammenhängen.

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