Die für das Baurecht zuständige 24. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute dem Antrag auf Feststellung der nachträglichen Erledigung der Bundesrepublik Deutschland gegen die Arbeitsgemeinschaft Kramertunnel stattgegeben (24 O 9551/23).
Beide Parteien hatten im Sommer 2019 einen Bauvertrag abgeschlossen. Der Baubeginn des Bauvorhabens Kramertunnel war daraufhin im Dezember 2019.
Im Folgenden kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten wegen von der Antragsgegnerin geforderter Zahlungen. Streitgegenständlich waren zunächst Positionen der 44. Abschlagsrechnung der Antragsgegnerin vom 10.07.2023 im Wert rund 35 Millionen Euro brutto für Mehrforderungen, die die Antragsgegnerin für Nachtragspositionen von der Antragstellerin verlangt hatte. Die Antragstellerin wies die Forderungen in der genannten Höhe als unbegründet zurück. Nach einem Baustopp der Antragsgegnerin auf der Baustelle des Kramertunnels am 10.08.2023 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin am 28.08.2023 die Kündigung des Bauvertrags.
Die Antragsgegnerin erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2023, dass sie die Kündigung – anders als die Antragstellerin – für berechtigt hält und aus diesem Grund aus den Abschlagsrechnungen nicht mehr vorgehen, sondern Schlussrechnung legen wird. Die Antragstellerin hatte ursprünglich vor dem Landgericht begehrt, im einstweiligen Rechtsschutz feststellen zu lassen, dass Nachforderungen für Nachtragspositionen aus der 44. Abschlagsrechnung im Wert von rund 35 Millionen Euro der Antragsgegnerin nicht bestehen.
Die Kammer hat nun im einstweiligen Rechtsschutz mit Urteil festgestellt, dass der ursprüngliche Antrag zulässig und begründet war bis zur Abgabe der Erklärung der Gegenseite in der mündlichen Verhandlung, aus den Abschlagsrechnungen nicht mehr vorzugehen.
Die Antragsgegnerin hatte den Antrag für unbegründet gehalten. Sie vertrat vielmehr die Auffassung, dass ihr die geltend gemachten Ansprüche, die u.a. Positionen für den Abtransport von Geröll, Schlammabsaugung und Maßnahmen während der Corona-Pandemie betrafen zustünden und im Rahmen der 44. Abschlagsrechnung gemäß § 650c Abs. 3 BGB zutreffend geltend gemacht worden seien.
Dem folgte die Kammer nicht. Das Gericht führte vielmehr aus, dass es an den besonderen Voraussetzungen der Geltendmachung der Nachtragsansprüche im Wege des § 650c Abs. 3 BGB fehlte und daraus daher keine Ansprüche im Rahmen der 44. Abschlagsrechnung geltend gemacht werden könnten. Es fehle hier bereits an der gesetzlich vorgeschriebenen Anordnung des Bestellers in Textform nach Vorliegen eines den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Nachtragsangebots. Die ursprünglich beantragte einstweilige Verfügung wäre daher zulässig und begründet gewesen.
Durch die im Termin vom 29.08.2023 abgegebene Erklärung der Antragsgegnerin, aus den gestellten Abschlagsrechnungen nicht mehr vorgehen zu wollen, sei jedoch die für eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz erforderliche besondere Dringlichkeit entfallen, da aus der 44. Abschlagsrechnung nun nicht mehr vorgegangen werden würde.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Hinweis:
Die Pressestelle weist ausdrücklich darauf hin, dass die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung im vorliegenden Verfahren inhaltlich nicht streitgegenständlich war und über die Wirksamkeit der Kündigung nicht entschieden wurde.
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