Die Frage, was Elaris eigentlich sein will – Autohersteller oder Importeur – wird immer verwirrender. Auf eine Presseanfrage hin betonte das Unternehmen jedenfalls trotzig, man sei ein „Autohersteller“. Wie genau diese Definition zustande kommt, bleibt allerdings ein Rätsel. Schließlich stellt Elaris die Fahrzeuge, die sie in Deutschland verkaufen, nicht etwa selbst her, sondern importiert sie von verschiedenen chinesischen Produzenten, die hierzulande kaum jemand kennt. Worin die „Herstellerleistung“ bei Elaris also bestehen soll – abgesehen davon, das eigene Logo auf den Kühlergrill zu kleben – bleibt unklar.
Doch nicht nur das: Während Elaris eigentlich gerade dabei ist, seinen „Vertrieb“ in Deutschland aufzubauen (so die offizielle Sprachregelung), schaut sich CEO Lars Stevenson bereits nach Alternativen um – für den Fall, dass die geplanten höheren Einfuhrzölle auf chinesische Autos kommen. Das weckt berechtigte Zweifel, wie ernst es dem Unternehmen tatsächlich mit dem Aufbau einer langfristigen Vertriebsstruktur ist. Schließlich scheint Stevensons Interesse daran, Elaris als verlässlichen „Hersteller“ zu etablieren, nur so lange zu halten, wie die Importkosten niedrig bleiben.
Interessant ist auch die neue Personalie an Bord: Steffen Cost, ehemaliger Kia-Manager und zuletzt COO bei Great Wall Motor Europa, heuert nun als Chief Commercial Officer bei Elaris an. Cost bringt also durchaus Erfahrung mit chinesischen Automarken mit – auch wenn diese bisher nicht von spektakulären Erfolgen in Europa gekrönt war. Great Wall Motor, sein letzter Arbeitgeber, zog sich nach mäßigen Ergebnissen kürzlich wieder aus dem europäischen Markt zurück und überlässt den Vertrieb in Deutschland nun dem Großimporteur Emil-Frey-Gruppe. Ein Fingerzeig für Elaris?
Elaris selbst ist seit 2020 im Geschäft und verfolgt seitdem die Idee, chinesische E-Autos „für jedermann“ in Deutschland verfügbar zu machen. Doch bislang konnte keines der Modelle – seien es der Beo, der Lenn oder der Caro S – im deutschen Markt Fuß fassen. Auch die diversen Vertriebskooperationen mit Autohelden.com, Euromaster und anderen konnten daran wenig ändern. Aktuell stehen auf der Website des „Herstellers“ gerade einmal sechs Servicepartner und vier Händler in Deutschland – flächendeckend ist das nicht gerade.
Man könnte meinen, dass ein Unternehmen, das ernsthaft als Automarke wahrgenommen werden will, zumindest eine einigermaßen stringente Vertriebsstrategie verfolgen würde. Doch die ständigen Schlenker und das Offenhalten aller Optionen lassen eher vermuten, dass Elaris hier auf Sicht fährt – und jederzeit bereit ist, den Rückwärtsgang einzulegen, sollte der Importmarkt für chinesische Autos plötzlich zu teuer werden.
Elaris wurde von Lars Stevenson und Andreas Matthis gegründet. Stevenson ist in China familiär verwurzelt, wie ein Artikel auf der Elaris-Webseite ausführlich darlegt: Seine Großmutter stamme aus China, sein Onkel habe für VW in Shanghai gearbeitet, und er selbst habe eine enge Verbindung zum Land. Doch ob persönliche Verbindungen zur Volksrepublik ausreichen, um Elaris als „chinesischen Autohersteller mit deutschem Gesicht“ zu etablieren, bleibt abzuwarten.
Vielleicht bringt die neue Finanzchefin Anna Czwornog, die seit Mai an Bord ist, ja etwas Klarheit in das Geschäftsmodell von Elaris. Bis dahin bleibt die Frage im Raum: Ist Elaris wirklich ein Hersteller, oder doch nur ein freier Importeur, der sich gerne als etwas Größeres inszeniert?
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