Bundesinstitut für Berufsbildung
Empfehlung des Hauptausschusses
des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 15. Dezember 20211
Berufliche Bildung psychisch behinderter Menschen2
Inhaltsverzeichnis
Empfehlungen:
A Im Betrieb
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Individuelle Situationen berücksichtigen
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Hinschauen und aufdecken – Transparenz schaffen
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Betriebliche Weiterbildung
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Arbeitssicherheitsauschusssitzungen
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Nachteilsausgleich
B Netzwerke
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Netzwerkstrukturen kennen und nutzen
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Zuverdienstprojekte
C Kooperationen
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Expertinnen und Experten beruflicher Qualifizierung von Menschen mit psychischen Behinderungen
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Auszeit vom ersten allgemeinen Arbeitsmarkt
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Inklusionsbetriebe
D Perspektivische Anregungen
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Leistungsträgerübergreifendes Arbeiten
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Strukturen vereinfachen und Übersichtlichkeit verbessern
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Stay at Work und Return To Work (oder auch Teilhabe erhalten und wiederherstellen)
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Guter Start ins Berufsleben
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Reset drücken
Berufsalltag und berufliche Anforderungen verändern sich in allen Branchen und Berufsbereichen kontinuierlich. Eine Beschleunigung von Arbeits- und Geschäftsprozessen sowie fortschreitende Innovationen führen zur einer Veränderung bzw. Erhöhung und Differenzierung beruflicher Anforderungen und zur Verkürzung von Veränderungszyklen. Die Halbwertszeit des beruflich relevanten Wissens wird immer kürzer und der Anpassungsdruck für die Erwerbstätigen steigt entsprechend. Hierdurch verändern bzw. erhöhen sich auch psychische Herausforderungen und Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese Entwicklungen führen nicht zwangsläufig zu dauerhaften psychischen Erkrankungen oder Störungen. Dennoch sind die dadurch verursachten Fehltage in den Jahren zwischen 2000 und 2019 um 137 % gestiegen und im Jahr 2020 wurde ein neuer Höchststand erreicht. Die Ursachen für diesen enormen Anstieg sind noch nicht eindeutig geklärt. Als mögliche Gründe werden sowohl verbesserte Diagnostik, höhere gesellschaftliche Akzeptanz psychischer Beeinträchtigungen, inzwischen gezielteres Hinsehen, Etablierung von Instrumenten zur Diagnose und Problemerfassung sowie der beschleunigte Wandel der Arbeitswelt, dessen Verdichtung ein höheres Potential für psychische Erkrankungen bewirke, angeführt. Unabhängig von den Ursachen sind die Prävention und die Behandlung psychischer Erkrankungen eine der wesentlichen Herausforderungen der modernen Arbeitswelt.
Die starke Zunahme psychischer Belastungen stellt die Sozialpartner, die Politik sowie eine zunehmende Anzahl von Unternehmen vor die Herausforderung, diesem Trend entgegenzuwirken. Auch wenn nicht jede psychische Belastung ein psychisches Krankheitsbild auslöst, gilt es, normale, individuell verarbeitbare Belastungen am Arbeitsplatz von behandlungsbedürftigen Überbelastungen zu unterscheiden, die zu nachhaltigen psychischen Beeinträchtigungen oder Behinderungen führen. Demgemäß wurde in den letzten Jahren beispielsweise das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ausgebaut, das Modellprogramm „Gesunde Arbeit“ seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aufgesetzt und die psychische Gefährdung in die Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze im Rahmen der Arbeitssicherheit aufgenommen. Zusätzlich eingeleitet wurden umfangreiche Modellvorhaben zur Stärkung der Rehabilitation wie beispielsweise „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben – rehapro“ oder die „Offensive psychische Gesundheit“. Dennoch scheint es bislang nicht zu gelingen, den Anstieg psychischer Erkrankungen aufzuhalten. Zudem sind die Folgen und erwartbaren längerfristigen Nachwirkungen der andauernden „Corona-Krise“ für die psychische Gesundheit ebenfalls noch zu berücksichtigen.
Eine gute Orientierung zur Entwicklung geeigneter Zukunftsstrategien angesichts dieser Entwicklungen kann das Bio-psychosoziale Modell (ICF3 Orientierung/Begriff der funktionalen Gesundheit) geben: Es schärft den analytischen Blick nicht nur in Richtung der Arbeitsstrukturen, sondern richtet ihn auch auf unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen. Dadurch wird differenziert erkennbar, dass psychische Belastungen individuell auftreten und entsprechend reagiert werden muss.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, was Arbeitgeber, Ausbilderinnen und Ausbilder sowie andere im betrieblichen Kontext tätige Personen unternehmen können, um psychischen Erkrankungen vorzubeugen sowie Anzeichen einer psychischen Belastung oder Beeinträchtigung zu erkennen. Ihre Aufgabe ist nicht die Erstellung einer Diagnose, für die es entsprechender Fachlichkeit bedarf, sondern vorurteilsfreie Hilfestellung, Begleitung und Unterstützung.
Wesentliche Lösungsansätze dafür sind, die Teilhabe psychisch erkrankter Menschen am Arbeitsleben zu sichern, Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen zum Erhalt des Arbeitsplatzes im Betrieb. Wichtig sind auch Maßnahmen, die es Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung oder Behinderung ermöglichen, wieder am Arbeitsleben teilzuhaben und somit wieder in die betriebliche Realität integriert zu werden. Die vorliegende Handlungsempfehlung bietet Hinweise und Anregungen dafür, psychische Belastungen im betrieblichen Alltag zu erkennen (A), unterstützende Netzwerke aufzubauen (B) sowie eine praxisnahe betriebliche Begleitung durch geeignete Kooperationspartner zur Entwicklung von Angeboten zur Inklusion von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen sicherzustellen (C).
Empfehlungen:
A Im Betrieb
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Individuelle Situationen berücksichtigenMenschen sind unterschiedlich und reagieren daher auch individuell verschieden auf sich verändernde berufliche Anforderungen. In der Berufs-/Arbeitswelt ist deshalb eine Sensibilität dafür erforderlich, Veränderungen im Verhalten und in der Leistung von Auszubildenden und Mitarbeitenden wahrzunehmen. Hilfreich ist dabei auch ein Blick auf die individuelle Gefährdungsbeurteilung, um potenzielle psychische Gefährdungen am jeweiligen Arbeitsplatz zu erkennen. Hier achtsam zu beobachten, gegebenenfalls Kolleginnen und Kollegen um eine begleitende Einschätzung zu bitten oder in größeren Betrieben und Unternehmen die Unterstützung der Personalabteilung, der Verantwortlichen/des Verantwortlichen für das betriebliche Eingliederungsmanagement und des Betriebsrates zu Rate zu ziehen, kann helfen, Anzeichen einer psychischen Belastung frühzeitig zu erkennen und gemeinsam seitens Mitarbeiterin/Mitarbeiter und Vorgesetzten geeignete Veränderungen am Arbeitsplatz oder im Arbeitsablauf vorzunehmen. Hierbei ist insbesondere Mobbing als Risikofaktor für die Verstärkung von psychischen Problematiken zu beachten und deshalb sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Mobbing von Mitarbeitenden durch andere Mitarbeitende oder Vorgesetzte zu unterbinden.
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Hinschauen und aufdecken – Transparenz schaffenAnzeichen einer psychischen Behinderung zu erkennen und sie aufzudecken bzw. transparent zu machen, erfordert neben fachlichen Kompetenzen auch persönliche Sensibilität und Mut von allen Beteiligten einschließlich Ausbilderinnen und Ausbildern, Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen. Die Entwicklung psychischer Behinderungen im Zeitablauf ist in vielen Fällen nicht klar absehbar. Deshalb ist es notwendig, mutig Anzeichen einer psychischen Problematik anzusprechen und zu versuchen, entsprechende Hilfsangebote anzubieten. Wichtig ist dabei auch eine Haltung des Hinsehens und des Mut-Machens, sich der eigenen Situation zu stellen und sich entsprechend begleiten bzw. behandeln zu lassen. Weder dem psychisch Erkrankten noch seinem betrieblichen Umfeld hilft es, Symptome zu ignorieren.
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Betriebliche WeiterbildungUm die innerbetriebliche Sensibilität und Akzeptanz für psychische Erkrankungen zu verbessern, sind Fortbildungsangebote essenziell. Insbesondere betriebliche Ausbilderinnen und Ausbilder sollten entsprechende Informations- bzw. Qualifizierungsangebote erhalten und wahrnehmen. Damit betriebliche Ausbilderinnen und Ausbilder für den Umgang mit der Zielgruppe vorbereitet und sensibilisiert werden, ist Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erforderlich, da besondere Anforderungen an deren Wahrnehmungsfähigkeit und Einfühlungsvermögen, soziale und kommunikative Kompetenzen sowie an Kooperationsbereitschaft gestellt werden. Mit aktivierenden und sozialen Lernformen gehen verstärkt gruppendynamische Prozesse einher, die im Hinblick auf die Zielgruppe behutsam gesteuert werden müssen. Berufsbegleitende Weiterbildung zur Entwicklung und Verbesserung der psychosozialen Handlungsfähigkeit betrieblicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollte sich über einen längeren (unter Umständen mehrjährigen Zeitraum) erstrecken. Für die erfolgreiche Arbeit der Teams kann begleitende Beratung (Coaching, Supervision und Ähnliches) erforderlich sein. Aber auch kurze Fortbildungseinheiten – betriebsintern oder über Bildungsdienstleister – helfen Ausbilderinnen und Ausbildern und Vorgesetzten, psychische Belastungen zu erkennen und eine klarere Einschätzung zu erhalten im Blick auf zielführende Gegenmaßnahmen.
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ArbeitssicherheitsauschusssitzungenAls kleine effektive Maßnahme bietet sich an, die Ausschüsse für Arbeitssicherheit zu nutzen, um dort über einen längeren Zeitraum das Thema „psychische Belastung am Arbeitsplatz“ ausführlich zu bearbeiten. Dadurch entsteht bei allen Beteiligten eine höhere Sensibilität, Informiertheit und auch Sicherheit.
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NachteilsausgleichIm Rahmen der Ausbildung und insbesondere bei Prüfungen sollten bei Auszubildenden mit psychischen Belastungen bzw. Behinderungen gemeinsam mit den jeweils zuständigen Beteiligten (z. B. der zuständigen Stelle, der Berufsschule) individuell passgenaue Möglichkeiten zur Gewährung von Maßnahmen des individuellen Nachteilsausgleichs geprüft und eingeleitet werden. Praxisnahe Informationen und Hinweise zur Anwendung von Nachteilsausgleich bei unterschiedlichen psychischen Beeinträchtigungen bietet u. a. das BIBB-Handbuch für die Ausbildungs- und Prüfungspraxis „Nachteilsausgleich für behinderte Auszubildende“:https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/7407.
B Netzwerke
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Netzwerkstrukturen kennen und nutzenIn den letzten Jahren haben sich aufgrund vielfältiger Projekte, u. a. der Sozialministerien (unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales) und der Integrationsämter, Netzwerke gebildet, die sich mit psychischen Behinderungen und deren Auswirkungen in Betrieben auseinandersetzen. In diesen Netzwerken gibt es Expertinnen und Experten, die zum einen durch regelmäßige Veranstaltungen helfen, die eigene Sensibilität in Bezug auf das Erkennen psychischer Beeinträchtigungen zu erhöhen, gleichzeitig aber auch entsprechende Hilfsangebote entweder selbst vorhalten oder entsprechend vermitteln können. (Eine kleine nicht vollständige Übersicht: Runde Tische Arbeit, Arbeitstische Gesundheit, Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung, Inklusionsberatung der Industrie- und Handelskammern, Unternehmensforum, Arbeitgeberservice und Firmenservice der Rehabilitationsträger, Beratungsangebote der Betroffenenverbände, Beratungsangebote der Leistungserbringer.) Vor Ort haben die Kammern und die Inklusionsämter sicher eine Übersicht mit Ansprechpartnern. Zudem tritt zum 1. Januar 2022 der neue § 185 a SGB IX in Kraft, der die Integrationsämter zur Schaffung von einheitllichen Ansprechstellen für Arbeitgeber verpflichtet.
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ZuverdienstprojekteIn den letzten Jahren ist die Anzahl von Zuverdienstprojekten in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gewachsen. Zuverdienstprojekte ermöglichen Menschen mit psychischen Behinderungen einen schrittweisen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. Auch sie bieten ein breitgefächertes Instrumentarium, um im Rahmen einer psychischen Beeinträchtigung wieder im Berufsalltag Fuß zu fassen. Regionale Ansprechpartner finden Sie auf der Internetseite des jeweiligen Trägers der überörtlichen Sozialhilfe.
C Kooperationen
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Expertinnen und Experten beruflicher Qualifizierung von Menschen mit psychischen BehinderungenAnlaufstelle insbesondere auch für betriebliche Ausbilderinnen und Ausbilder und Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber sind die Expertinnen und Experten beruflicher Qualifizierung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. So bieten alle Einrichtungen beruflicher Rehabilitation ein breit gestreutes Angebot zur Ausbildung, Qualifizierung, Umschulung und Begleitung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Ansprechpartner sind hier die Beruflichen Trainingszentren, Berufsbildungswerke, die Berufsförderungswerke, die Einrichtungen zur Rehabilitation psychisch Kranker (RPK), ambulante Einrichtungen und Bildungsträger der beruflichen Qualifizierung. Auch in den Integrationsämtern und Integrationsfachdiensten sowie den Unabhängigen Teilhabeberatungsstellen finden sich zahlreiche Hilfsangebote.
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Auszeit vom ersten allgemeinen ArbeitsmarktDas Instrumentarium der beruflichen Rehabilitation ist weit gefasst. So verzeichnen die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) seit Jahren einen steten Zugang von erwachsenen Menschen aufgrund psychischer Beeinträchtigungen. Dort finden Menschen Gelegenheit, sich mit ihrer Behinderung auseinanderzusetzten und zugleich am Arbeitsleben teilzuhaben. Neue Instrumente, die im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes eingeführt worden sind, wie das Budget für Arbeit und das Budget für Ausbildung, bieten Möglichkeiten, nach einer Zeit in einer WfbM in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukehren. Diesbezügliche Informationen erhalten Sie bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM), den Integrationsämtern sowie den Rehaberaterinnen und Rehaberatern der Agenturen für Arbeit.
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InklusionsbetriebeInklusionsbetriebe stellen für Menschen mit psychischen Erkrankungen mit einer anerkannten Schwerbehinderung eine Möglichkeit dar, durch erprobte und geeignete Instrumente zur beruflichen Wiedereingliederung neue Kompetenzen und psychische Stabilität zu erlangen.
D Perspektivische Anregungen
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Leistungsträgerübergreifendes ArbeitenUm der zunehmenden Anzahl von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und Behinderungen ein gutes Hilfesystem anbieten zu können, ist es notwendig, die Flexibilisierung der Systeme von medizinischer und beruflicher Rehabilitation konsequent und verzahnt weiterzudenken. Dabei spielen die Regelungen des BTHG eine besondere Rolle. Die Realisierung von Teilhabe am Arbeitsleben und Teilhabe an der Gesellschaft können Leistungsträger zum Beispiel im Rahmen einer Teilhabeplankonferenz umsetzen, insofern mehrere Leistungstäger beteiligt sind. Dabei geht es um die Verknüpfung der jedem Leistungsträger eigenen Aufgabe in Kombination mit den Angeboten anderer Leistungsträger zur Umsetzung einer ganzheitlich orientierten Interventions-/Behandlungsstrategie psychischer Beeinträchtigungen und Behinderungen. Hier können Betriebe mit gesundem Selbstbewusstsein die Kombination von möglichen Leistungen einfordern.
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Strukturen vereinfachen und Übersichtlichkeit verbessernBereits heute ist eine große Anzahl von Angeboten und Anlaufstellen für Betriebe vorhanden. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen empfinden das gegliederte System als zu unübersichtlich und scheitern häufig daran, das passende Unterstützungsangebot zu finden. Deswegen ist es weiterhin notwendig, die Strukturen zu vereinfachen und klare Ansprechstellen zu etablieren, die Betriebe dienstleistungsorientiert beraten und sie zu den passenden Leistungen führen. Insbesondere im Hinblick auf Klein- und Mittelbetriebe ist dabei die Transparenz zu verbessern und auf niederschwellige Zugänge zu achten. Die Ansätze zur Förderung der Inklusionskompetenz der Kammern sind hier weiter zu verfolgen. Die Kammern können als unabhängige Beratungsstellen für Betriebe fungieren und sie zu den passenden Leistungen lotsen.
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Stay at Work und Return To Work (oder auch Teilhabe erhalten und wiederherstellen)In unserer leistungsorientierten postindustriellen Gesellschaft hat die Teilhabe am Arbeitsleben eine besondere Bedeutung und trägt zur psychischen Stabilisierung bei. Aus den Arbeitsstrukturen herauszufallen bzw. aus den Arbeitsstrukturen herausfallen zu drohen, stellt eine besondere psychische Belastung dar und kann genau wie schlechte Arbeitsbedingungen krank machen. Deshalb muss der Ansatz, Betrieben (Ausbilderinnen und Ausbildern wie Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhabern) Unterstützung bei der Begleitung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen zu geben, ausgebaut werden. Dazu können durchaus die zeitweilige Teilzeitbeschäftigung, Klinikaufenthalte im Rahmen der medizinischen und/oder Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation oder eine zeitlich befristete Auszeit ein guter Ansatz sein. Der Erhalt des Arbeitsplatzes bzw. der Erhalt der Arbeitsfähigkeit garantiert berufliche und damit auch gesellschaftliche Teilhabe. Dies ist auch von volkswirtschaftlicher Bedeutung im Sinne einer Entlastung der Sozialsysteme, Grundsatz Prävention vor Rehabilitation vor Rente. Angebote der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen können für Menschen wichtige und benötigte Rückzugsräume bieten. Der Weg in die Werkstatt darf keine Einbahnstraße sein. Deswegen sind Übergänge und Programme, die Menschen aus der Werkstatt zurück in den ersten Arbeitsmarkt bringen, weiter zu fördern und auszubauen.
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Guter Start ins BerufslebenDie Zahl der Schülerinnen und Schüler mit psychischen Beeinträchtigungen nimmt ebenfalls stetig zu. An der Schwelle Übergang Schule/Beruf gilt es Maßnahmen auszubauen, die jungen Menschen helfen im Rahmen ihrer Berufsausbildung ihre psychische Beeinträchtigung „in den Griff zu bekommen“ und im Rahmen ihrer Ausbildung zu überwinden. Die spezifischen Angebote der Bundesagentur für Arbeit als Leistungsträger sowie der Jugendhilfe als Rehaträger im Sinne der Beseitigung der psychosozialen Belastung gilt es hier auszubauen. Vielfältige Leistungsanbieter wie Berufsbildungswerke und freie Bildungsträger machen hier ambulante wie stationäre Angebote. Gerade im Rahmen der psychischen Beeinträchtigung von jungen Menschen gilt: frühe Hilfe ist doppelte Hilfe.
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Reset drückenIn Zeiten der Digitalisierung 4.0 ist es eine Grundweisheit: „Reset“ drücken hilft oft. Dies gilt auch für Menschen im Erwerbsleben mit psychischen Belastungen und Behinderungen. Der rechtzeitige Reset-Schritt, sich einer ambulanten oder stationären medizinischen und/oder beruflichen Rehamaßnahme zu stellen, wirkt befreiend und kann die Arbeitsfähigkeit wiederherstellen. Dies ist im Interesse der Betriebe, der betroffenen Person, aber auch der Versichertengemeinschaft. Hier gilt es, die ambulanten und stationären Angebote der Leistungsträger wie Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, RPK’s etc. weiter bedarfsgerecht und gezielt auszubauen.
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- Diese Empfehlung des Hauptausschusses für Berufsbildung (BIBB) ersetzt die Empfehlung des Hauptausschusses für Berufsbildung Nr. 103 „Berufsbildung zur Berufsförderung erwachsener psychisch Behinderter“ (BAnz. S. 8633) mit dem Erlassdatum vom 18. März 1999.
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- Michael Breitsameter/Niels Reith/Gerhard Labusch-Schönwandt/Ulrich Wittwer/Wolfgang Dings
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- International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF): Die ICF dient fach- und länderübergreifend als einheitliche und standardisierte Sprache zur Beschreibung des funktionalen Gesundheitszustandes, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung und der relevanten Umgebungsfaktoren eines Menschen. Mit der ICF können die bio-psychosozialen Aspekte von Krankheitsfolgen unter Berücksichtigung der Kontextfaktoren systematisch erfasst werden.
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