In einer neuerlichen Präzisierung zur grenzüberschreitenden Beweisführung im Rahmen von Strafverfahren hat der Gerichtshof Klarstellungen zu den Voraussetzungen für die Übermittlung und Verwendung von Beweismitteln gegeben. Diese Richtlinien stehen im Kontext von Ermittlungen gegen illegale Drogenhandelsaktivitäten, die unter Nutzung des verschlüsselten Telekommunikationsdienstes EncroChat durchgeführt wurden.
Die Europäische Ermittlungsanordnung erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Übermittlung von bereits in einem Mitgliedstaat erhobenen Beweismitteln durch den Staatsanwalt, ohne dass die Erhebungsvoraussetzungen des Anordnungsstaates zwingend erfüllt sein müssen. Eine wichtige Bedingung ist jedoch, dass die Einhaltung der Grundrechte der betroffenen Personen später gerichtlich überprüfbar bleiben muss.
Ein signifikantes Beispiel für die Anwendung dieser Regelungen ist die erfolgreiche Infiltration des EncroChat-Dienstes durch die französische Polizei mit Unterstützung der Niederlande. Nach gerichtlicher Genehmigung in Frankreich konnten die gesammelten Daten deutschen Behörden über Europol zugänglich gemacht werden. Auf Basis dieser Daten wurden in Deutschland Europäische Ermittlungsanordnungen erlassen, die durch ein französisches Gericht genehmigt wurden, um die Daten in deutschen Strafverfahren zu verwenden.
Das Landgericht Berlin, welches mit einem derartigen Verfahren befasst war, äußerte jedoch Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser Ermittlungsanordnungen und legte dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Der Gerichtshof bestätigte, dass eine solche Anordnung nicht notwendigerweise von einem Richter, sondern auch von einem Staatsanwalt erlassen werden kann, wenn dieser innerstaatlich zur Anordnung der Übermittlung befugt ist.
Weiterhin muss der Mitgliedstaat, in dem die Zielperson der Überwachung sich befindet, über solche Maßnahmen informiert werden. Diese Regelung schützt die Souveränität des Mitgliedstaats und die Rechte der überwachten Personen. Ein nationales Strafgericht muss außerdem Beweismittel ausschließen, wenn die betroffene Person nicht in der Lage ist, dazu Stellung zu nehmen.
Dieser Fall unterstreicht die Notwendigkeit der sorgfältigen Abwägung zwischen effektiver Strafverfolgung und dem Schutz der Grundrechte der betroffenen Personen in einem zunehmend digitalisierten und vernetzten europäischen Rechtsraum. Die Entscheidungen des Gerichtshofs haben weitreichende Implikationen für die zukünftige Handhabung grenzüberschreitender Beweismittel in der EU.
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