In einem aufsehenerregenden Verfahren hat das Landgericht München I am 29. Juli 2024 die Rechtmäßigkeit von Ermittlungsmaßnahmen gegen Mitglieder der Klimaaktivistengruppe „Letzte Generation“ bestätigt. Die Entscheidung betrifft ein laufendes Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft München (ZET) wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 StGB.
Hintergrund des Verfahrens
Die Generalstaatsanwaltschaft München führt umfangreiche Ermittlungen gegen mehrere Beschuldigte, die der „Letzten Generation“ angehören sollen. Der Vorwurf: Die Gruppe erfülle die Kriterien einer kriminellen Vereinigung im Sinne des Strafgesetzbuches.
Gerichtliche Überprüfung der Ermittlungsmaßnahmen
Die 2. Strafkammer des Landgerichts München I hatte über fünf sofortige Beschwerden von Journalisten zu entscheiden. Diese richteten sich gegen zwei Beschlüsse des Amtsgerichts München, die eine Überwachung eines als „Pressetelefon“ bezeichneten Telefonanschlusses angeordnet hatten. Dieser Anschluss war einer der Beschuldigten zugeordnet.
Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht verwarf die Beschwerden als unbegründet und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Telefonüberwachung. Die Kammer begründete ihre Entscheidung wie folgt:
1. Verdachtslage: Es bestehe nach Aktenlage der erforderliche Verdacht, dass die „Letzte Generation“ die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung erfülle.
2. Katalogtat: Die Bildung einer kriminellen Vereinigung stelle eine sogenannte Katalogtat dar, die eine Telefonüberwachung grundsätzlich rechtfertige.
3. Schwere der Tat: Die Tat wiege im Einzelfall schwer, und die Sachverhaltserforschung wäre auf andere Weise wesentlich erschwert worden.
4. Verhältnismäßigkeit: Die Anordnung sei auch unter Berücksichtigung einer möglichen Betroffenheit von Medienvertretern verhältnismäßig.
Besondere Aspekte der Entscheidung
Die Kammer betonte, dass sich die Maßnahme nicht direkt gegen Medienvertreter gerichtet habe. Der überwachte Anschluss sei auch von anderen Personen, insbesondere innerhalb des Presseteams der „Letzten Generation“, und nicht ausschließlich von Journalisten genutzt worden.
Bemerkenswert ist die Einschätzung des Gerichts zur Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit für die Gruppe: Da die Darstellung der Aktionen in der Öffentlichkeit einen wesentlichen Baustein in der Strategie der „Letzten Generation“ darstelle, habe dieser Aspekt bei den Ermittlungen nicht ausgespart werden können.
Implikationen und Ausblick
Diese Entscheidung des Landgerichts München I hat weitreichende Implikationen:
1. Rechtliche Einordnung: Sie stärkt die Position der Ermittlungsbehörden in ihrer rechtlichen Einschätzung der „Letzten Generation“ als mögliche kriminelle Vereinigung.
2. Ermittlungsmethoden: Die Bestätigung der Telefonüberwachung als rechtmäßiges Mittel in diesem Kontext könnte Auswirkungen auf zukünftige Ermittlungen gegen Aktivisten haben.
3. Pressefreiheit: Die Entscheidung berührt sensible Fragen der Pressefreiheit und des Informantenschutzes, was möglicherweise zu weiteren juristischen und gesellschaftlichen Debatten führen wird.
4. Aktivismus und Strafverfolgung: Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zum Umgang des Rechtsstaats mit Formen des zivilen Ungehorsams auf.
Es bleibt abzuwarten, wie sich das Hauptverfahren entwickeln wird und ob es möglicherweise zu einer höchstrichterlichen Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen kommen wird. Die Entscheidung des Landgerichts München I markiert jedenfalls einen bedeutenden Schritt in der juristischen Auseinandersetzung mit den Aktionen der „Letzten Generation“ und könnte richtungsweisend für den künftigen Umgang mit ähnlichen Fällen sein.
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