Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs ihre Entschlossenheit demonstrieren, die Krise im Euro-Raum einzudämmen und damit Bürger sowie Finanzmärkte zu beruhigen.Doch die Debatte über weiterreichende, zum Teil radikale Maßnahmen reißt nicht ab.
Der Euro-Rettungsfonds steht bis 2013, über eine Lösung danach besteht bereits Einigkeit. Warum wird dann weiter über eine Verschlimmerung der Schuldenkrise 2011 spekuliert?
Staaten verschulden sich an den Kapitalmärkten und geben dafür Anleihen – in Deutschland die Bundeswertpapiere – aus. Dafür brauchen sie aber genügend Käufer. Von einer wirklichen Beruhigung der Lage kann erst die Rede sein, wenn die Renditen der Staatsanleihen aus den Krisenländern wieder auf ihr früheres Niveau gefallen sind. Ansonsten drohen 2011 anstehende Finanzierungsrunden zu scheitern. Ein weiteres Problem sind die langfristigen Aussichten: Viele Experten bezweifeln, dass Länder wie Griechenland angesichts drakonischer Sparprogramme jemals wieder so viel Wachstum erzielen, dass sie ihre Schulden zurückzahlen können.
Was kann kurzfristig getan werden, um eine Eskalation der Schuldenkrise zu verhindern?
Noch haben die Euro-Länder eine ganze Reihe von Optionen. Auch wenn es gern dementiert wird, könnte der Rettungsfonds im Volumen von derzeit 750 Mrd. Euro für die Krisenländer aufgestockt werden. Weigert sich die von der Politik unabhängige Europäische Zentralbank (EZB), zur Stabilisierung der Lage mehr Staatsanleihen der Schuldenstaaten als bisher aufzukaufen, könnte auch der Rettungsfonds selbst Anleihen kaufen oder kurzfristige Kredite vergeben. Das Risiko solcher Nothilfen liegt darin, dass sie als Akt der Verzweiflung interpretiert werden können und damit das Vertrauen an den Finanzmärkten auf eine dauerhafte Rettung eher sinkt.
Kann der Euro auch rückgängig gemacht werden?
Ja, die Einführung der Gemeinschaftswährung ist keineswegs unwiderruflich. Der Vorteil beispielsweise einer Aufspaltung in einen schwächeren „Süd-Euro“ und einen stärkeren „Nord-Euro“ – der der alten D-Mark ähneln würde – besteht darin, dass die Krisenländer im Mittelmeerraum durch die Abwertung ihrer neuen Währung wieder wettbewerbsfähiger würden. Allerdings sind die Nachteile eines solchen Schritts schwer überschaubar. Der Zeitraum von der Entscheidung bis zur Durchführung dürfte zur Stunde der Spekulanten werden. So würde wohl jeder Fehler bei der politischen Konstruktion einer Rolle rückwärts beim Euro verheerende Folgen haben. Derzeit ist dies auch mehr Hirngespinst als echte Alternative.
Und was ist mit den Euro-Bonds?
Die sogenannten Euro-Bonds sind ebenfalls ein Mittel, um den schwächeren Euro-Ländern Luft zu verschaffen. Natürlich sind alle Staatsanleihen im Euro-Raum in der Gemeinschaftswährung notiert und damit schon heute „Euro-Bonds“. Bei dieser neuartigen Anleihe würden aber alle Staaten gemeinsam für die Rückzahlung an die Investoren geradestehen. Dadurch bekämen die Krisenländer bessere Konditionen im Vergleich zur jetzigen Situation. Deutschland und auch Frankreich lehnen die Euro-Bonds aber ab, weil damit aus ihrer Sicht disziplinierte Länder bestraft würden, indem sie auch künftig die Sünden anderer Staaten mitfinanzieren – Stichwort „Transferunion“.
Wie will die deutsche Regierung denn das Problem lösen?
Die deutsche Regierung setzt darauf, dass der momentane Rettungsschirm ausreicht und nach 2013 von Fall zu Fall auch private Gläubiger wie Banken die Kosten für die Rettung eines Krisenlandes mittragen. Die Regierungen in den Schuldenstaaten sollen durch Sparmaßnahmen dazu erzogen werden, künftig maßvoll wie die „schwäbische Hausfrau“ zu wirtschaften. Außerdem setzt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik der Euro-Länder. Das könnte so weit gehen, dass sogar die Steuersätze mit dem Ziel einer verlässlichen Haushaltspolitik EU-weit angeglichen werden. Experten halten dies jedoch für den schwierigsten aller Lösungswege.
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