Durch die neue EU-Verbandsklage könnten Verbraucher bei Massenschäden ohne eigene Klage Entschädigungen erhalten.
Weil die relevante EU-Richtlinie den Mitgliedsstaaten jedoch viel Spielraum bei der Umsetzung lässt, hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nun ein Gutachten vorgelegt, das zeigt, wie es gehen könnte.
Demnach würde ein Verbraucherverband zunächst auf eigenes Risiko gegen ein Unternehmen klagen. Verbraucher könnten sich nach einem Urteil oder Vergleich anmelden, ein Treuhänder würde dann die einzelnen Ansprüche auf dieser Grundlage prüfen.
„Die EU-Verbandsklage ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz in Europa und wird für mehr juristische Waffengleichheit zwischen geschädigten Verbrauchern und Unternehmen sorgen. Die Bundesregierung muss nun dafür sorgen, dass Verbraucher in Massenschadensfällen künftig leichter zu ihrem Geld kommen. Das Gutachten zeigt, wie sowohl Verbraucherinteressen in den Mittelpunkt gestellt, Gerichte entlastet und die Rechte beklagter Unternehmen berücksichtigt werden können“, sagt vzbv-Vorstand Klaus Müller.
vzbv-Gutachten weist den Weg zu Umsetzung
Die Einführung von Sammelklagen stellt das deutsche Rechtssystem vor neue Herausforderungen. Der vzbv hat deshalb die renommierten Rechtsprofessorinnen Beate Gsell (LMU München) und Caroline Meller-Hannich (MLU Halle-Wittenberg) gebeten, ein Umsetzungskonzept zu erarbeiten.
Wichtig bei dem Konzept ist, dass auch die kürzlich in Deutschland im Zuge des Diesel-Abgasskandals eingeführte Musterfeststellungsklage erhalten bleibt, aber reformiert wird. Nicht in allen Massenschadensfällen werden Leistungsklagen mit direkten Schadensersatzzahlungen möglich sein. Kommt es rechtlich doch auf den Einzelfall an, wird man auf die Musterfeststellungsklage nicht verzichten können.
Die Eckpunkte:
- Ein Verbraucherverband klagt zunächst im eigenen Namen und auf eigenes Risiko gegen ein Unternehmen, das mutmaßlich viele Verbraucher geschädigt hat.
- Die Klage des Verbraucherverbands bewirkt automatisch, dass Ansprüche der betroffenen Verbraucher nicht verjähren können. Eine Anmeldung ist hier – anders als bei der bisherigen Musterfeststellungsklage – noch nicht erforderlich.
- Ist die Klage erfolgreich, schließt sich unmittelbar eine zweite Stufe an. Das Gericht bestimmt genau, unter welchen Bedingungen betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher Leistungen erhalten.
- Betroffene können sich nun zielgenau zum Klageregister anmelden und alle vom Gericht angeforderten Belege einreichen.
- Das Gericht beauftragt einen Treuhänder, die Anmeldungen zu prüfen und die Auszahlung von Schadensersatz oder anderen Leistungen anzuweisen.
- Betroffene können ebenso wie das Unternehmen der Entscheidung des Treuhänders widersprechen. Diese Möglichkeit ist aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich, wird aber voraussichtlich die Ausnahme bleiben.
- Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Treuhänders trägt der Verlierer des gerichtlichen Verfahrens, also der Verband oder das Unternehmen, aber nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher.
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