Manchmal fühlt man sich fast wie ein Orakel, wenn Prognosen so treffend einschlagen wie in diesem Fall. Wir hatten schon früh darauf hingewiesen, dass die hochtrabenden Pläne rund um den Eutritzscher Freiladebahnhof wackelige Beine haben. Und siehe da: Die Firma Imfarr, einst als strahlender Retter des Leipziger Milliardenprojekts gefeiert, ist mittlerweile insolvent – offiziell seit dem 23. Juli 2024. Überraschung? Für uns jedenfalls nicht.
Das größte Bauvorhaben Sachsens ist damit in einer Situation, die sich mit „komplettes Chaos“ nur unzureichend beschreiben lässt. Geplant waren auf dem 25 Hektar großen Areal stolze 2600 Wohnungen, ein Park und eine Menge Infrastruktur. Realisiert wurde bislang exakt gar nichts – außer einem riesigen Schuldenberg, der auf dem Gelände lastet. Ganze 196 Millionen Euro Grundschulden sind auf die Fläche eingetragen, die angeblich nicht einmal die Hälfte ihres Wertes hält. Klingt vertrauenserweckend, nicht wahr?
Ein Lehrstück in spekulativer Immobilienwirtschaft
Die Geschichte der Eigentümerwechsel liest sich wie ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie man aus Luftschlössern Immobilienblasen bastelt:
- 2005: Verkauf durch die Bahn für läppische 2,1 Millionen Euro.
- 2015: Weiterverkauf für 21 Millionen Euro an Christoph Gröner.
- 2019: Der nächste Deal – 190 Millionen Euro an die Wiener Imfarr.
Wie finanziert man solch utopische Beträge? Natürlich mit Krediten – und zwar zu Konditionen, die selbst hartgesottene Spekulanten die Stirn runzeln lassen. 18 Prozent Zinsen jährlich plus 10 Prozent Nebenleistung? Willkommen in der Welt der Hochrisiko-Investoren!
Pleite mit Ansage
Imfarr, einst als seriöser Immobilienriese präsentiert, entpuppte sich zunehmend als Haus aus Karten. Schon vor der Insolvenz im Sommer 2024 zeichnete sich ab, dass die Finanzierungsstrukturen alles andere als solide waren. Doch keine Sorge, die „Urenkeltochterfirma“ Leipzig 416 GmbH sprang schnell mit der Versicherung in die Bresche, die Pleite des Mutterkonzerns habe „keine Auswirkungen“. Sicher, das klingt überzeugend – zumindest für jene, die auch an den Weihnachtsmann glauben.
Stadt Leipzig als Leidtragende – oder Teil des Problems?
Die Stadt Leipzig steht nun vor einem Trümmerhaufen: 33 Millionen Euro Forderungen, die vermutlich nicht einmal zu einem Prozent beglichen werden. Die Garantien, die Imfarr einst großspurig abgegeben hatte, sind so wertlos wie Spielgeld, denn niemand hatte sich vorstellen können, dass das Unternehmen pleitegehen könnte. Visionär? Wohl kaum.
Man fragt sich unwillkürlich, warum die Verantwortlichen in Stadt und Politik derartige Szenarien nicht auf dem Radar hatten. Solide Sicherheiten? Fehlanzeige. Nachrangige Grundschulden und diffuse Absprachen? Check.
Baustart? Vielleicht irgendwann, vielleicht auch nie
Während die Stadt versucht, sich wenigstens die Gemeinbedarfsflächen wie Schulen oder Kitas zu sichern, rückt ein Baustart in immer weitere Ferne. „Abstimmungen mit der Vorhabenträgerin“ laufen – klingt das nicht herrlich unverbindlich? Man könnte fast meinen, es handelt sich um einen schlecht geschriebenen Wirtschaftskrimi, wäre das Ganze nicht bittere Realität.
Fazit: Ein vorhersehbarer Absturz
Die Pleite von Imfarr war keine Überraschung, sondern eine Frage der Zeit. Hochtrabende Versprechungen, spekulative Finanzierungen und blindes Vertrauen in fragwürdige Sicherheiten – all das hat dieses Mega-Projekt in die Sackgasse geführt. Die Leidtragenden sind einmal mehr die Bürger und die Stadt, die nun versuchen dürfen, das Scherbenhaufen-Projekt irgendwie zu retten.
Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen daraus lernen. Aber ganz ehrlich: Wer’s glaubt…
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