Der ehemalige Vorstandschef der Meinl Bank, Peter Weinzierl, kann nun doch an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden. Das entschied der Londoner High Court am Dienstag laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Die US-Justiz wirft dem 59-jährigen Österreicher schwerwiegende Vergehen im Zusammenhang mit dem internationalen Korruptionsskandal um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht vor – darunter Bestechung, Geldwäsche und Betrug in großem Stil. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Weinzierl, der seit seiner Festnahme im Mai 2021 in London lebt, war bislang unter Kaution auf freiem Fuß, durfte das Vereinigte Königreich aber nicht verlassen. Laut seinen Angaben wurde er damals „unter falschem Vorwand“ nach London gelockt, um dort festgesetzt zu werden.
Mögliche Höchststrafe: 70 Jahre Haft
Die Vorwürfe gegen den ehemaligen Banker wiegen schwer: In den USA wird ihm unter anderem vorgeworfen, über Jahre hinweg Hundertmillionen Dollar an Schmiergeldern und schwarzen Kassen im Auftrag des Odebrecht-Konzerns verschoben zu haben. Diese Gelder sollen unter anderem zur Bestechung ausländischer Amtsträger verwendet worden sein.
In einem der größten Korruptionsskandale Lateinamerikas hatten Odebrecht-Manager zugegeben, Beamte in mehreren Ländern systematisch bestochen zu haben – über ein ausgeklügeltes Netzwerk von Briefkastenfirmen und Banken. Die nunmehr in Novonor SA umbenannte Firma war deshalb weltweit ins Visier der Justiz geraten.
Sollte Weinzierl in den USA verurteilt werden, drohen ihm laut US-Strafrahmen bis zu 70 Jahre Gefängnis. Der Banker bestreitet sämtliche Vorwürfe und sieht sich als Opfer einer politischen und juristischen Intrige.
Britisches Gericht sieht keinen Grund für weiteres Rechtsmittel
Interessanterweise hatte der High Court noch im Februar entschieden, dass Weinzierl nicht wegen eines Einzelvorwurfs der Verschwörung zur Geldwäsche ausgeliefert werden könne. Nun jedoch machten andere Aspekte der Anklage – insbesondere die Schwere der weiteren Vorwürfe – den Ausschlag.
Der zuständige Richter, Jeremy Johnson, erklärte, dass in diesem Fall kein „öffentliches Interesse“ vorliege, das eine weitere Berufung rechtfertige. Damit ist auch der Weg vor den Supreme Court im Vereinigten Königreich versperrt.
Nächste Station: New York
Mit dem aktuellen Beschluss dürfte der Weg für eine Überstellung an die US-Behörden frei sein. Dort soll Weinzierl sich vor einem Gericht in New York verantworten. Ein konkreter Termin für die Auslieferung steht bislang noch nicht fest.
Ob es tatsächlich zu einem Prozess kommt oder ob Weinzierl in den USA einen Vergleich anstreben wird, ist derzeit offen. Klar ist jedoch: Mit dem Urteil aus London ist der juristische Spielraum für den Ex-Banker massiv geschrumpft.
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