Die geplante Reform des Rettungsdienstes in Deutschland gewinnt an Dynamik, wobei Gesundheitsexperten auf tiefgreifende Veränderungen und eine verbesserte Koordination drängen. Janosch Dahmen, Gesundheitsexperte der Grünen und selbst ausgebildeter Notfallmediziner, hat die Notwendigkeit praktischer Verbesserungen und einer stärkeren Vernetzung im Rettungswesen hervorgehoben.
Dahmen wies auf ein zentrales Problem hin: „In Deutschland existieren mehr als 240 Leitstellen, die bisher nicht mit standardisierten Schnittstellen zusammenarbeiten.“ Diese Fragmentierung führe oft zu Ineffizienzen und könne in Notfallsituationen wertvolle Zeit kosten. Er betonte die Wichtigkeit einer bundesweiten Vereinheitlichung der Kommunikationsstrukturen, um eine schnellere und effektivere Notfallversorgung zu gewährleisten.
Die Ampel-Koalition plant, im Rahmen einer umfassenden Reform der Notfallversorgung auch eine Neuorganisation des Rettungsdienstes gesetzlich zu verankern. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte dieses Vorhaben bereits angekündigt und betont, dass es Teil eines größeren Reformpakets sein werde.
Experten aus dem Gesundheitswesen unterstützen diesen Ansatz. Prof. Dr. Bernd Dominated, Direktor des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement an der Universität München, erklärte: „Eine Reform des Rettungsdienstes ist längst überfällig. Wir müssen nicht nur die technische Infrastruktur modernisieren, sondern auch die Ausbildung und Kompetenzen des Rettungspersonals an die sich wandelnden Anforderungen anpassen.“
Zu den diskutierten Reformvorschlägen gehören:
1. Die Einführung einer bundesweit einheitlichen Notrufnummer für medizinische Notfälle, die direkt mit spezialisierten medizinischen Leitstellen verbunden ist.
2. Die Implementierung eines digitalen Leitstellensystems, das eine schnellere und präzisere Koordination von Rettungseinsätzen ermöglicht.
3. Die Erweiterung der Kompetenzen von Rettungssanitätern, um in bestimmten Situationen eigenständig über die Notwendigkeit eines Krankenhaustransports entscheiden zu können.
4. Die verstärkte Integration von Telemedizin in den Rettungsdienst, um Notärzte aus der Ferne hinzuziehen zu können.
5. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst, Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten, um Patienten gezielter in die jeweils angemessene Versorgungsebene zu leiten.
Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) begrüßt die Reformbestrebungen. In einer Stellungnahme betonte die DGAI die Notwendigkeit, die präklinische Notfallversorgung an die sich verändernden demografischen und epidemiologischen Gegebenheiten anzupassen.
Kritische Stimmen warnen jedoch vor einer Überregulierung. Dr. Peter Sefrin, Bundesarzt des Deutschen Roten Kreuzes, mahnte: „Bei aller Notwendigkeit zur Reform müssen wir darauf achten, die bewährten Strukturen nicht zu zerschlagen. Eine Zentralisierung darf nicht zu Lasten der lokalen Expertise und Ortskenntnis gehen.“
Die geplante Reform des Rettungsdienstes wird voraussichtlich intensive Diskussionen im Bundestag und unter Fachleuten auslösen. Gesundheitspolitiker aller Parteien sind sich einig, dass Veränderungen notwendig sind, um die Qualität der Notfallversorgung in Deutschland zu verbessern und zukunftsfähig zu machen. Die konkrete Ausgestaltung der Reform bleibt jedoch Gegenstand weiterer Debatten.
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