Montagmorgen, 8. April 2025. Während an den Börsen die Kaffeebecher noch dampfen, sorgen ein paar Sätze auf X (ehemals Twitter, jetzt eher X-beliebig) für das vielleicht teuerste Missverständnis seit dem GameStop-Meme-Crash.
Der Anlass? Ein nicht verifizierter Account namens „Hammer Capital“ (Follower: kaum mehr als ein durchschnittlicher WhatsApp-Gruppenchat) postete um 10:11 Uhr MEZ ein „Gerücht“, wonach US-Präsident Trump einen „90-tägigen Pausenknopf für Zölle“ plane. Endlich, dachten sich viele: Ein Hauch Vernunft im Handelskrieg. Die Märkte jubelten. Händler klatschten. Sektkorken knallten vermutlich irgendwo im DAX-Keller.
Doch wie sich herausstellte: Alles erstunken, erlogen – und aus einem sehr frei interpretierten Fox-News-Interview herausgelesen.
Von „X“ bis Exitus – Die Chronologie der Missinformation:
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08:30 Uhr: Trump-Berater Kevin Hassett wird gefragt, ob Trump eine Zollpause plane. Antwort: „Der Präsident entscheidet, was der Präsident entscheidet.“ Aha.
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10:11 Uhr: „Hammer Capital“ auf X: „BREAKING – Trump erwägt 90-Tage-Pause für Zölle!!!1!!“. Beweis? Kein Link, kein Zitat, nur 1000 Follower und viel Selbstbewusstsein.
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10:13 Uhr: Der Account „Walter Bloomberg“ (nicht verwandt oder verschwägert mit der echten Nachrichtenagentur) übernimmt das Gerücht – inklusive Alarm-Emoji. Das reicht: Der Dow hebt ab wie ein SpaceX-Raketenstart.
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10:15 Uhr: CNBC übernimmt live im Fernsehen. Die Moderatoren starren gebannt auf ihre Monitore und mutmaßen, ob vielleicht ein Reh durch ein Kabelwerk gelaufen ist oder doch Trump einlenkt.
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10:19 Uhr: Reuters sendet einen Breaking Alert – Quelle: CNBC.
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12:28 Uhr: Reuters zieht die Meldung zurück und entschuldigt sich. CNBC ebenfalls. Die Börse? Ist inzwischen wieder da, wo sie morgens angefangen hat – nur mit leichtem Schleudertrauma.
Fazit:
Ein frei erfundener Tweet, aufgegriffen von einem Account mit einem erfundenen Namen, der aussieht wie eine Nachrichtenagentur, wurde ungeprüft von einer echten Nachrichtenagentur übernommen, auf Basis eines Interviews, das nichts davon sagte.
Kollateralschaden: Milliarden an Handelsvolumen, algorithmisch ausgelöste Käufe und Verkäufe – und ein kollektives Stirnrunzeln bei jedem, der dachte, man könne Börsennachrichten noch trauen.
Kommentare aus dem Internet (nicht bestätigt, aber wahrscheinlich):
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@FinanzFred: „Ich investiere jetzt nur noch in Dinge, die sich nicht bewegen. Steine vielleicht.“
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@XpertInvestor42: „Mein Algorithmus hat auf den Tweet reagiert. Und ich auf den Algorithmus. Jetzt reagiere ich auf meinen neuen Kontostand.“
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@real_Walter_B: „Ich bin gar nicht Bloomberg. Ich heiße Walter und hab ein Bloomberg-Abo. Reicht das nicht?“
Moral von der Geschicht’:
Wenn du Börse spielst, dann tu es nicht mit dem Handy in der Hand und „Hammer Capital“ im Feed. Und wenn CNBC einen Tweet zitiert, der auf einen Tweet verweist, der auf ein „könnte, vielleicht, eventuell“ aus einer Talkshow basiert – vielleicht einfach nochmal durchatmen. Oder wie der Markt sagen würde: Sell first, fact-check later.
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