In der Firma Wiesenbach* sorgte die jüngste Betriebsratswahl für Unruhe und Diskussionen. Der Grund: Eine erhebliche Anzahl von Wahlberechtigten hatte ihre Stimmzettel nicht korrekt gefaltet, wodurch die Wahlentscheidung auf einigen Zetteln von außen sichtbar war. Laut der Wahlordnung, die im Betriebsverfassungsgesetz festgelegt ist, muss der Stimmzettel so gefaltet werden, dass niemand vor dem Öffnen erkennen kann, welche Wahl getroffen wurde. Dennoch wurden mehrere Zettel mit außen sichtbarer Schrift aus der Wahlurne gezogen – eine Situation, die das Prinzip der geheimen Wahl gefährdete.
Der Wahlvorstand reagierte sofort und erklärte genau diese Stimmzettel für ungültig. Dadurch wurden einige Stimmen von der endgültigen Auszählung ausgeschlossen, was bei den betroffenen Wählern auf Widerstand stieß. Sie legten Einspruch ein und forderten, dass auch ihre Stimmen gezählt werden sollten. Ihr Argument: Der Fehler bei der Faltung sei kein ausreichender Grund, ihre Stimme nicht zu berücksichtigen, da ihre Wahlentscheidung dennoch klar erkennbar gewesen sei.
Der Fall landete schließlich vor dem Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main, doch die Wähler blieben auch dort erfolglos. Das Gericht stellte klar, dass die korrekte Faltung der Stimmzettel kein nebensächliches Detail ist, sondern ein zentrales Element der Wahrung des Wahlgeheimnisses.
Das Urteil: Geheimhaltung hat Vorrang
Das Gericht führte aus, dass die Vorschriften zur Faltung der Stimmzettel klar und unmissverständlich in der Wahlordnung festgelegt sind. Ein korrekt gefalteter Stimmzettel muss sicherstellen, dass die getroffene Wahl erst dann sichtbar wird, wenn der Zettel offiziell geöffnet wird. Dies gilt nicht nur bei der Briefwahl, sondern auch bei der persönlichen Stimmabgabe vor Ort. Die Regelung schützt das fundamentale Prinzip der geheimen Wahl, das einen wesentlichen Pfeiler demokratischer Abstimmungsverfahren darstellt.
Durch die falsche Faltung der Stimmzettel wurde dieses Prinzip in der Betriebsratswahl bei Wiesenbach potenziell verletzt. Es bestand die Möglichkeit, dass andere Personen die Wahlentscheidung der betreffenden Wähler schon vor der Auszählung hätten einsehen können. Auch wenn es keine konkreten Hinweise darauf gab, dass dies tatsächlich geschehen ist, entschied das Gericht, dass allein die theoretische Möglichkeit ausreicht, um die betroffenen Stimmzettel für ungültig zu erklären.
Das Landesarbeitsgericht betonte außerdem, dass diese Vorschriften für den Schutz aller Beteiligten gemacht sind. Jede Abweichung von diesen Regeln, selbst eine scheinbar kleine wie eine falsch gefaltete Stimme, könnte das Vertrauen in die Unverfälschtheit des Wahlergebnisses und die demokratische Legitimität des Betriebsrats untergraben.
Keine Ausnahme vom Wahlgeheimnis
Die Wähler, die gegen den Ausschluss ihrer Stimmen Einspruch erhoben hatten, argumentierten, dass ihre Wahlentscheidung klar erkennbar war und es daher keinen Grund gebe, ihre Stimmen nicht zu werten. Doch das Gericht machte deutlich, dass die formalen Anforderungen an eine geheime Wahl immer Vorrang haben. Es spiele keine Rolle, ob die Wahlentscheidung lesbar war oder nicht – sobald der Stimmzettel so gefaltet war, dass die Entscheidung potenziell offengelegt wurde, sei der Grundsatz der Geheimhaltung verletzt.
Das Urteil unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Wahlvorgänge nicht nur fair und transparent ablaufen, sondern auch strikt nach den vorgegebenen Regeln. Diese Regeln sind nicht bloß Formalitäten, sondern dienen dem Schutz der Wähler und der Integrität der Wahl.
Fazit: Strikte Einhaltung der Wahlordnung unerlässlich
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main zeigt eindrücklich, dass bei Wahlen – auch bei Betriebsratswahlen – die Einhaltung der Wahlordnung essenziell ist. Die geheime Wahl ist ein fundamentales Recht, das durch klare Vorschriften geschützt wird. Selbst scheinbar kleine Verstöße wie eine falsche Faltung des Stimmzettels können zu einer Ungültigkeit der Stimme führen.
Die betroffenen Wähler in der Firma Wiesenbach mussten daher akzeptieren, dass ihre Stimmen nicht gezählt wurden. Das Gericht entschied zugunsten der strikten Einhaltung der Wahlvorschriften und stellte klar: Nur eine geheime Wahl ist eine sichere Wahl.
Beschluss des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main (Az. 16 TaBV 83/23)
Name der Firma geändert
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