Wir werfen der SEB Bank vor, Anleger bei der Empfehlung ihrer SEB Vermögensverwaltungsfonds falsch beraten und nicht ausreichend über die Risiken der Geldanlage informiert zu haben. Zahlreiche Betroffene haben sich in den letzten Wochen Rat suchend an uns gewandt.
Die Geschichte
Die seit Sommer 2010 zur spanischen Bankengruppe Santander gehörende SEB verkaufte ab Anfang 2008 Anteile an so genannten Dachfonds, die weit überwiegend in offene Immobilienfonds (auch Zielfonds genannt) investierten, und empfahl ihren Kunden noch während und nach der großen Schließungswelle offener Fonds Ende 2008, ihr Geld auf diesem Wege „mit geringem Risiko und möglichst hoher Netto-Rendite“ zu investieren. Betroffen sind vor allem Verbraucher, die Anteile der Vermögensverwaltungsfonds Kapitalprotekt P (ISIN DE000SEB1AA9, WKN SEB1AA) und Kapitalprotekt Substanz P (SIN DE000SEB1AN2 und DE000SEB1AM4) gekauft haben. Den meisten Bankkunden verschwieg die SEB, dass sich in den beiden Vermögensverwaltungsfonds vor allem offene Immobilienfonds befanden, darunter der SEB ImmoPortfolio Target Return, der Axa Immoselect, der CS Euroreal und der SEB Immoinvest.
Obwohl den Bankberatern klar sein musste, in welch schwierigem Umfeld sie sich bewegten, hielten sie an ihrer Strategie fest und ließen die Anleger ins offene Messer laufen. Die SEB verkaufte sogar noch nach der Schließung maßgeblicher offener Immobilienfonds ungerührt weiter Anteile an den Vermögensverwaltungsfonds, ohne die Kunden über diese Risiken aufzuklären.
Das dicke Ende
Anfang des Jahres 2012 teilte die SEB Investment GmbH ihren Kunden nun mit, dass die Ausgabe und Rücknahme von Anteilsscheinen bis auf weiteres ausgesetzt und ihr Geld damit vorerst eingefroren ist. Mit diesem Vorgehen steht die SEB nicht allein da. Schon vorher mussten Dachfonds, die überwiegend in offene Immobilienfonds investiert hatten, geschlossen werden (siehe auch „Commerzbank beugt sich dem Druck“).
Die Krux am Vorgehen der SEB: Die überwiegend sicherheitsorientierten Anleger erfuhren im Januar zum ersten Mal von den sich abzeichnenden Turbulenzen. Dabei ist das Problem der offenen Immobilienfonds, die die Rücknahme von Anteilen aussetzen und im schlimmsten Fall abgewickelt werden, doch seit geraumer Zeit bekannt (siehe auch „Von der Schließung zur Abwicklung“). Bereits am 29. Oktober 2008, also kurz nach Auflage der Kapitalprotekt-Fonds, schlossen der Axa Immoselect, der CS Euroreal und der KanAm Grundinvest, zwei Tage später der SEB Immoinvest.
Die SEB Bank hatte ihre Kunden demnach weder über die Schließung der größten Zielfonds Axa Immoselect, CS Euroreal und KanAm Grundinvest informiert und auch nicht entsprechend beraten, noch über zwischenzeitliche Öffnungen oder die Entscheidung zur Abwicklung von Immobilienfonds, in die die Kapitalprotekt-Fonds das Geld ihrer Anleger investierten.
Unser Standpunkt
Zwar verlangt die Rechtsprechung von den beratenden Banken nur eine ordnungsgemäße Beratung bei Vertragsabschluss, doch es ist bei einem ausdrücklich als Vermögensverwaltungsfonds bezeichneten Eigengewächs zu verlangen, dass die Bank ihren Kunden die Chance gibt auszusteigen, bevor es zu spät ist.
Berichte betroffener Anleger
Einer alten Dame wurden im Mai 2008 Anteile im Umfang von 50.000 Euro und im April 2010 nochmals im Wert von 10.000 Euro mit den Worten verkauft, sie müsse sich um nichts kümmern und gehe mit diesem Fonds auf „Nummer sicher“. Sie hatte betont, dass es ihr wichtig sei, jederzeit über ihr Geld verfügen zu können. Auf ihre Nachfrage Anfang Januar 2012 hieß es, alles laufe gut. Tage später kam die Nachricht von der Schließung. Im Gespräch mit der aufgebrachten Kundin schiebt die Beraterin der SEB Bank alles auf die Bundesregierung, die hierfür die Verantwortung trage. Doch die Verbraucherin benötigt dringend Geld. Die Santander Bank bietet „großzügig“ an, ihr ein Darlehen zu gewähren. Natürlich nicht ohne die entsprechende Zinsforderung.
Einer anderen alten Dame empfahl die SEB Bank im Oktober 2009 20.000 Euro im Vermögensverwaltungsfonds Kapitalprotekt Substanz P und 30.000 Euro im SEB Immoinvest anzulegen. Im Rahmen ihrer turnusmäßig aller sechs Monate stattfindenden Bankgespräche teilt ihr ein Berater am 30. Oktober 2010 mit, dass der SEB Immoinvest nun wieder geöffnet sei und rät ihr, dort weitere Beträge zu investieren. Dieser Fonds ist aktuell wieder geschlossen und es ist fraglich, ob er spätestens im Mai wieder öffnet. Sie hat nun keinen Zugriff auf ihre gesamten Ersparnisse. Eine Situation, die sie unbedingt vermeiden wollte, weil sie plante, in eine Einrichtung des betreuten Wohnens umzuziehen. Die SEB Bank bietet ihr ebenfalls ein Darlehen an.
Die Lehre
Den Beratern der SEB Bank ist ins Stammbuch zu schreiben, was gefestigter Rechtsprechung entspricht:
Ein Anlageberater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich aktuelle Informationen über das Anlageobjekt zu verschaffen, das er empfehlen will.
Aus dem Beratungsvertrag ist er verpflichtet, dem Anleger die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu verschaffen, um ihn in die Lage zu versetzen, Chancen und Risiken einer Anlage gegeneinander abzuwägen und eine eigenverantwortliche, autonome Entscheidung zu treffen.
Bei einer ordnungsgemäßen Anlageberatung werden Risiken nicht kumuliert oder – populär gesprochen – nicht alle Eier in einen Korb gelegt.
Quelle:VBZ HH
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