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Feil Kaltmeyer Rechtsanwälte Berlin – Stellungnahme zu dem Rundschreiben an die Infinus Geschädigten aus juristischer Sicht

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Wie bereits in unserem Artikel von gestern Abend angekündigt, haben wir Rechtsanwalt Blazek gebeten, den Inhalt des Anschreibens an die Infinus Geschädigten sich inhaltlich anzuschauen. Das hat er getan und uns nachfolgende Stellungnahme übersendet:

Sehr geehrter Herr Bremer, 

vielen Dank für Ihre Anfrage.  

Ich bin der Ansicht, dass das Schreiben der Rechtsanwälte Feil Kaltmeyer aus Berlin vom „1. Oktober 2014“ (es traf überwiegend wohl erst um den 4. November 2014 ein) den Hintergrund hat, NRD-Anleger dazu zu motivieren, sich mit der Kanzlei in Verbindung zu setzen. Dazu stellt die Kanzlei im Namen einer nicht näher konkretisierten INFINUS-Interessengemeinschaft hohe Quoten zum Ausgleich des erlittenen Schadens in Aussicht und verweist am Ende auf Vermittlerhaftung. Das alles spricht für sich. Allerdings interessieren mich die Ausführungen zur angeblichen Vermittlerhaftung naturgemäß besonders.  

  1. Vermittlerhaftung? 

Die Vermittler sind aus meiner Sicht besonders von dem „Rundbrief“ betroffen. Denn am Ende des Schreibens wird das Verhalten der Vermittler in Zusammenhang mit möglichem strafbaren Verhalten gestellt. Die Kanzlei behauptet zunächst, dass die StA Dresden festgestellt habe („nach den Feststellungen der StA Dresden“), dass die „Vermittler in großem Umfang bewusst und gezielt“ auf Nachrangdarlehen (und nach wie vor Genussrechten) umgeschwenkt seien. Es spreche viel dafür, dass den Vermittlern die Hintergründe bekannt waren, nach welchen Orderschuldverschreibungen nicht mehr vermittelt werden konnten. Die Kanzlei stellt ein „systematisches Vorgehen“ in den Raum, für dessen deutlichere Belege sie gleichzeitig die Adressaten um Mithilfe bittet.  

Kurz gesagt wird aus Vermutung und mangelhafter Beweislage heraus (Mithilfe für deutlichere Belege) ein relativ abstrakter Haftungszusammenhang hergestellt. Für die konkrete Haftung des individuellen Vermittlers bedeutet dies jedoch rein gar nichts. 

Abgesehen davon ist der Kernvorwurf, nämlich dass „der Vertrieb von Orderschuldverschreibungen bereits durch die BaFin unmöglich gemacht wurde“ fraglich. Eine entsprechende Untersagungsverfügung der Aufsichtsbehörde ist zumindest mir nicht bekannt. Sie hätte jedenfalls nicht die Emittentin betroffen, sondern die allein beaufsichtigte INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut. Zudem kann mit der begehrten „Mithilfe“ bzw. dem Kontakt der Kanzlei mit Anlegern dergestalt, dass mitgeteilt werden möge, ob die Vermittler über die angebliche BaFin-Problematik aufgeklärt hätten, bereits logisch keine verwertbare Erkenntnis gewonnen werden. Falls ja, gäbe es nämlich keinen Verstoß. Falls nein, würde dies nicht eine entsprechende Kenntnis des Vermittlers belegen. 

Darüber hinaus betrifft der angeblich schädliche (wie auch immer) Vorwurf des Umschwenkens nur das NRD der Fubus KGaA. Dieses wurde allein über die INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut als „haftendes Unternehmen“ bzw. Rechtsträgerin der Vermittlung oder Beratung vertrieben. Die Vermittler waren vertraglich gebunden und damit Erfüllungsgehilfen oder Vertreter, jedenfalls nicht Vertragspartner der geschuldeten Aufklärung. Wer über den behaupteten Negativ-Umstand (Unmöglichmachung durch die BaFin) hätte aufklären müssen, so dies denn zuträfe, wäre also das Haftungsdach gewesen. Warum soll das zu einer – gar durch systematisches Vorgehen verursachte – Haftung der individuellen Vermittler selbst führen? Die angebliche Pflichtverletzung allein gereicht zu einer Eigenhaftung nunmal nicht.  

  1. Aufhänger 56 % 

Kombiniert wird dieser  Vorwurf bzw. Aufruf zur Mithilfe mit dem augenscheinlichen Aufhänger, dass Anleger von Nachrangdarlehen die Möglichkeit hätten „an den sehr hohen Insolvenzquoten von insgesamt 56 %“ zu partizipieren (20 % FuBus und 36 % INFINUS IKP).  

Hier vermisse ich zunächst eine adressatengerechte Klarstellung, auf welche NRD innerhalb der Gruppe sich das beziehen soll. NRD gab es einerseits bei der Fubus KGaA, vertrieben über die INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut, sowie bei der valueConsort AG, vertrieblich organisiert über die INFINUS AG Ihr Kompetenz-Partner, allerdings dort über eigengewerblich tätige Vermittler vertrieben. Wahrscheinlich ist nicht das valueConsort-NRD gemeint, weil ein valueConsort-NRD-Schadenersatz  wohl nicht – jedenfalls nicht nach den Ausführungen im Rundbrief – zur Tabelle bei der FuBus anzumelden wäre und man dann nicht addiert auf 56 % käme. Oder ginge das nach der Logik des Rundbriefs nicht auch andersherum (Zurechnung an FuBus für valueConsort-NRD)? 

Im Moment gehe ich davon aus, dass man auf die 56 % ganz theoretisch nur käme, wenn der Anleger Schadenersatz wegen eines FuBus-NRD an zwei Stellen anmeldet, nämlich bei der FuBus und bei der INFINUS IKP gleichermaßen. 

Allerdings setzt eine Haftung der INFINUS IKP neben der FuBus KGaA für ein und dasselbe Fubus-NRD nach meinem Dafürhalten voraus, dass eine Wissenszurechnung im Rahmen kausalen zivilrechtlich-deliktischen Verhaltens gegenüber Fubus-NRD-Anlegern stattfindet. Denn die INFINUS IKP war vertraglich nicht in die Vermittlung oder Emission an die FuBus-NRD-Anleger involviert. Dies soll nach den Angaben der Kanzlei Feil Kaltmeyer über Herrn Kison laufen; auch hier sollen bereits Feststellungen der Staatsanwaltschaft vorliegen. Die INFINUS IKP soll „Beihilfe“ geleistet haben.  

Ganz unproblematisch ist das nicht. Zunächst einmal können juristische Personen (INFINUS „AG“ IKP) selbst nicht in strafbarer Weise handeln. Das können aufgrund des sozialen Handlungsbegriffs nur natürliche Personen. Die Vorwürfe des StGB führen direkt also nicht weiter. Es müsste sich schon um das Deliktsrecht im BGB handeln. Dies wiederum muss nach zivilrechtlichen Maßstäben kausal für einen Schadenersatzanspruch des jeweiligen individuellen Anlegers sein.  

Soweit dabei auf das Wissen von Herrn Kison abzustellen sei, muss dessen Wissen in den jeweiligen Zivilprozess erst einmal bewiesen sein. Dazu reichen Ansichten der Staatsanwaltschaft nicht aus. Ferner war die INFINUS IKP in die jeweilige Vermittlung und die Emission eines FuBus-NRD nicht involviert, so dass es an einer organisatorischen Arbeitsteilung fehlt und der Bezug zum Organhandeln aus meiner Sicht fraglich ist. Zum Vergleich ein dogmatisch-übertriebenes Beispiel: Wenn der Vorstand einer Bank an einem Betrug eines Tennispartners und Geschäftsführers eines Autohändlers beteiligt ist, warum soll dann die Bank gegenüber dem Autokäufer haften ohne jegliche rechtliche Beziehung zwischen Bank und Käufer? Der Knackpunkt ist diskussionswürdig. 

Daneben gehe ich davon aus, dass die Insolvenzverwalterin der INFINUS IKP – immerhin individuelle und individuell zu begründende zivilrechtliche – Schadenersatzansprüche der FuBus-NRD-Gläubiger bestreiten würde, zumal mit der Konstruktion einer reinen Wissenszurechnung ohne gerichtlich festgestellte Verantwortlichkeit eines Herrn Kison. Das bedeutet, dass jeder Anleger bzw. Mandant individuelle Prozesse gegen die Verwalterin führen müsste. Hier ist dann gegen die Kosten abzuwägen.

 

Darüber hinaus kenne ich (bislang) keinen Kollegen Rechtsanwalt, der in diesem Komplex mit festen Insolvenzquoten ohne Einschränkung hausieren geht. Sie sind veränderbar, was schließlich auch Aufgabe der Insolvenzverwaltung ist. Was wäre beispielsweise, wenn die Insolvenzverwalterin der INFINUS IKP noch Ansprüche in Höhe von hunderten von Millionen Euro gegenüber dem Insolvenzverwalter der FuBus KGaA durchsetzt? Was wenn andere Gläubiger die Masse der IKP erheblich schmälern? 

Wenn ein NRD-Anleger tatsächlich aufgrund des Rundbriefs der Ansicht ist, die Kanzlei könne für ihn uneingeschränkt 56 % des Schadens in den Massen generieren, sollte er sich dies ebenso uneingeschränkt schriftlich in der jeweiligen Mandatsvereinbarung zusichern lassen. Dann wird sich aufklären, wie wahrscheinlich die Realisierung ist.   

  1. Adressaten 

Mir liegen noch keine Erkenntnisse zum Adressatenkreis des Rundbriefs vor. Möglicherweise gingen diese Briefe nur an NRD-Anleger. Möglicherweise aber auch an andere, wofür ich indes bei der Thematik keinen Aufhänger sähe. Ich stehe mit Anwaltskollegen und Vermittlern hierzu in Kontakt. Wie die Kanzlei an die Adressen der Anleger gelangte, weiß ich noch nicht.

 

  1. „IG INFINUS“ 

Am Ende des Rundbriefs schreibt die Kanzlei im Namen der „IG Infinus“, eingangs wird die Formulierung „im Namen der Interessengemeinschaft INFINUS“ benutzt. Allerdings wird diese Interessengemeinschaft nicht weiter konkretisiert, nicht dem Vertreter nach, dem Sitz nach, der genauen Bezeichnung nach. Sie ist anhand der Angaben der Kanzlei nicht individualisierbar.  

Dieser Punkt ist nicht uninteressant. Denn ich habe gestern mit dem gesetzlichen Vertreter derjenigen IG INFINUS Interessengemeinschaft der Anleger und Gläubiger der Infinus-Gruppe e.V. telefoniert, die in Herrenhof sitzt. Sie weist bereits mehrere Tausend Mitglieder auf und hat sich soweit ersichtlich den größten entsprechenden Namen am frühesten gemacht hat. Sie wird gleich als erstes in Google gelistet unter www.ig-infinus.de. Diese Interessengemeinschaft weiß von nichts und ist nicht diejenige, in dessen Namen die Kanzlei die Anleger kontaktiert. Sie sieht hier durchaus Irritations-, wenn nicht Konfliktpotenzial. 

Dasselbe dürfte für all diejenigen Kollegen gelten, die Anleger vertreten, die mit dem Rundbrief kontaktiert wurden. Hier stehen Rückmeldungen noch aus. Insgesamt bleibt die Entwicklung des Themas abzuwarten. Schließlich beäugen viele Beteiligte den Rundbrief und die daraufhin entstehenden Reaktionen mit Interesse.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Daniel Blazek

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

BEMK Rechtsanwälte

Niederwall 28

33602 Bielefeld

Telefon: 0521 977 940-0

Telefax: 0521 977 940-10

E-Mail: info@www.rae-bemk.de

Web: www.rae-bemk.de

2 Kommentare

  • Nur mal angenommen, bei der IKP wären 36 % Quote vorhanden und wir Anleger könnten daraus etwas erhalten –
    wieviel würde dann wohl von dieser Quote übrig bleiben ?
    Wie rechnen die denn ? 36 % bleiben 36 %, unabhängig davon, wieviele Anleger Geld hieraus erhalten würden ?

    Ich denke, dass das Schreiben der Kanzlei Feil Kaltmeyer nicht von Mathematik-Genies verfasst wurde !

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