Kapitel 1.2 – Finanzen und Haushalt: Ausführliche Analyse
Überblick & Zielsetzung
Die Koalition verpflichtet sich zu einer soliden, zukunftsorientierten und sozial gerechten Finanzpolitik. Ziel ist es, öffentliche Investitionen, Schuldenbegrenzung und Generationengerechtigkeit in Einklang zu bringen. Der Spagat: finanzielle Handlungsfähigkeit bewahren, während notwendige Transformationen (Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung etc.) finanziert werden.
🔍 Wesentliche Inhalte & Analysen
🔹 1. Einhaltung der Schuldenbremse
Die Koalition bekennt sich klar zur im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse ab dem Jahr 2026. In der Übergangszeit sind Ausnahmen wegen Krisenfolgen (z. B. Ukrainekrieg, Energiekrise) zulässig.
Kommentar:
Das klare Bekenntnis zur Schuldenbremse betont haushaltspolitische Disziplin, schränkt jedoch Spielräume für Investitionen ein. Ein Reformwille zur Weiterentwicklung der Schuldenbremse ist nicht erkennbar – trotz anhaltender Diskussionen im wissenschaftlichen und wirtschaftspolitischen Diskurs.
2. Priorität für Investitionen
Trotz Schuldenbremse will die Koalition Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung und Klimaschutz priorisieren.
Vorgesehen ist:
- Striktere Trennung von Konsum- und Investitionsausgaben im Haushalt.
- Einführung eines qualitätsorientierten Investitionsbegriffs.
- Einrichtung eines Investitionsmonitorings, um Effektivität zu überprüfen.
Kommentar:
Diese Maßnahmen zeigen, dass Investitionen stärker abgesichert werden sollen. Der „qualitätsorientierte Investitionsbegriff“ ist allerdings noch nicht näher definiert – die Umsetzung könnte stark von Interpretationen des Finanzministeriums abhängen.
3. Steuerpolitik: Keine Steuererhöhungen
Die Koalition betont:
- Keine neuen Substanzsteuern (z. B. Vermögenssteuer).
- Keine Steuererhöhungen für Einkommen, Unternehmen oder Kapital.
- Beibehaltung der Erbschaftsteuerregelungen.
Kommentar:
Diese Aussagen sprechen vor allem wirtschaftsnahe und wohlhabendere Zielgruppen an. Die Koalition verzichtet bewusst auf steuerpolitische Umverteilung, was die Spielräume für sozialpolitische Maßnahmen begrenzt.
4. Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung
Konkret geplant sind:
- Digitalisierung der Steuerverwaltung, um Effizienz zu steigern.
- Stärkere internationale Kooperation gegen Steuerflucht.
- Umsetzung von OECD-Mindeststeuer und EU-Vorgaben.
- Schaffung einer Bundesfinanzpolizei.
Kommentar:
Die Bekämpfung von Steuervermeidung ist ein wichtiges Anliegen, das parteiübergreifend unterstützt wird. Die neue Finanzpolizei wäre ein Paradigmenwechsel, aber auch hier fehlt noch ein Umsetzungsfahrplan (Struktur, Befugnisse, Kontrolle).
5. Subventionsprüfung & -abbau
Geplant ist:
- Eine systematische Überprüfung aller staatlichen Subventionen hinsichtlich Klimawirkung, Effizienz und Zukunftsfähigkeit.
- Abbau klimaschädlicher Subventionen, etwa bei fossilen Energien (z. B. Dienstwagenprivileg, Kerosinsteuer).
Kommentar:
Ein mutiger und notwendiger Schritt – aber politisch hoch umstritten. Gerade im Verkehrsbereich ist mit Widerstand zu rechnen. Die konkrete Ausgestaltung und der Zeitrahmen bleiben offen.
6. Bundeshaushalt & Digitalisierung der Haushaltsplanung
Die Koalition plant:
- Einführung eines digitalen Haushaltsportals, das Ausgaben, Förderprogramme und Budgetziele öffentlich visualisiert.
- Wirkungsorientierte Haushaltsführung mit messbaren Zielindikatoren.
Kommentar:
Dies ist ein transparenter, moderner Ansatz. Ein digitales Haushaltsportal wäre ein Innovationsschub in Sachen Bürgernähe und Kontrolle. Die größte Hürde: Integration in bestehende Systeme und föderale Komplexität.
Einordnung & Bewertung
| Aspekt | Bewertung |
|---|---|
| Haushaltsdisziplin | Sehr klar formuliert, Fokus auf Schuldenbremse und Investitionspriorität. |
| Verteilungsfrage | Keine Umverteilung durch Steuerpolitik – mögliche soziale Implikationen bleiben unberücksichtigt. |
| Transparenz & Digitalisierung | Fortschrittlich, besonders beim Haushaltsportal. Umsetzung bleibt Herausforderung. |
| Subventionspolitik | Richtig adressiert, aber Widerstände wahrscheinlich. Konkrete Maßnahmen fehlen. |
Fazit
Die Finanzpolitik der Koalition versucht den Spagat zwischen Solidität und Zukunftsinvestitionen. Trotz ambitionierter Ziele (Klimaschutz, Bildung, Digitalisierung) bleibt der fiskalpolitische Rahmen eng. Verteilungspolitische Akzente fehlen, und viele gute Ansätze stehen noch unter Umsetzungsvorbehalt.
Kommentar hinterlassen