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Finanzrevisor Pfiffig – ein Buch das sich zu lesen lohnt, aber auch der Artikel

farafina (CC0), Pixabay
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Es gibt sie nicht, die ordnungsgemäße Kontrolle der Steuergelder. Seit dem Bestehen der BRD gibt es diese nicht. Alles ist Lug und Betrug. Den neuen Bundesländern wurden diese schamlosen Strukturen – Rechnungshöfe und Rechnungsprüfungsämter – aufgezwungen, trotz massiver Warnungen!

Um nachfolgende Darlegungen fair, sachlich und neutral einordnen zu können, betrachte ich es für erforderlich, dass sie etwas zu meiner Person wissen sollten.

Ich wohne in Leipzig, bin 66 Jahre jung. Ich war 20 Jahre als Finanzrevisor beim obersten Finanzkontrollorgan der DDR, bei der Staatlichen Finanzrevision, Inspektion Leipzig, angestellt und dort zuständig für die Prüfung von staatlichen Organen und Einrichtungen in den nördlichen Kreisen des Bezirks Leipzig. Die Staatliche Finanzrevision war als oberstes Finanzkontrollorgan direkt dem Ministerium der Finanzen unterstellt. Sie war Bestandteil der Machtorgane der DDR und hatte ihr zu dienen.

Nach der Wiedervereinigung war ich weitere 20 Jahre im kommunalen Prüfungswesen tätig. Einige Zeit war ich Amtsleiter des Rechnungsprüfungsamtes eines Landkreises. 15 Jahre habe ich im Rechnungsprüfungsamt der Stadt Leipzig gearbeitet. Ich habe damit zwei Prüfungssysteme in Gesellschaftsordnungen kennengelernt, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Seit 2016 bin ich im Ruhestand.

Ich gehörte nie einer Partei an. Und nachdrücklich weise ich darauf hin, dass ich nicht im Interesse irgendeiner Partei schreibe.

Ich habe 20 Jahre den erheblichen Einfluss der SED [1] sowie der Staatssicherheit der DDR auf die Finanzkontrolle kennengelernt. Es war skandalös. Mit der Wiedervereinigung hatte ich große Hoffnungen, dass endlich der politische Einfluss vom Prüfungswesen fern gehalten wird. Ich wurde maßlos enttäuscht.

Im Juli 2012 erschien im Engelsdorfer Verlag unter dem Pseudonym Klaus Richard Grün mein Buch “Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR”.

Meine Darlegungen beziehen sich ausschließlich auf die Kontrolle der Steuergelder durch die sogenannten “Profis”, also die Rechnungshöfe und die Rechnungsprüfungsämter in den Gebietskörperschaften. Sie beziehen sich demnach nicht auf die Kontrolle durch die Parlamente (zum Beispiel Stadtrat, Landtag oder Bundestag). Auch hinter die Fassade des Bundes der Steuerzahler werden wir schauen.

Werfen sie mit mir nun Blicke in eine Welt, welche für die Mehrheit ein Buch mit sieben Siegeln sein wird, in die Welt der Kontrolle der Steuergelder.

Den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland (BRD) wird seit Jahrzehnten vermittelt, dass sowohl beim Bund als auch in den Ländern eine solide Finanzpolitik betrieben wird. Untrennbarer Bestandteil einer soliden Finanzpolitik ist eine ordnungsgemäße Kontrolle der Steuergelder. Unstrittig! Wie ist es darum bestellt?

Eine ordnungsgemäße Kontrolle gibt es seit Gründung der BRD nicht. Sie ist politisch nicht gewollt. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Sie reichen unter anderem von miserablen Kenntnissen der Parteien und Politiker über das Prüfungswesen, über die Ignoranz der Medien sich dieser Thematik sachlich zu stellen, über die beschämende Rolle der Wissenschaften bis zur peinlichen Rolle der kommunalen Spitzenverbände.

Längst hätten die Strukturen der kommunalen Finanzkontrolle im Interesse des Gemeinwohls geändert werden müssen. Denn diese Strukturen basieren auf der deutschen Gemeindeordnung von 1935 [2]. Mit ihnen wurde das Führerprinzip (von Adolf Hitler) umgesetzt. Das ist eine rein historische Betrachtungsweise. An diesen skandalösen Strukturen wurde bis zum heutigen Tage festgehalten! Und den neuen Bundesländern wurden diese Strukturen trotz vieler Warnungen aufgezwungen.

Das kommunale Prüfungswesen ist eine böse Mischung aus über Jahrzehnte gepflegter Reformunwilligkeit, Machtmissbrauch, Kleinstaaterei, Unwissenheit, Besitzstandswahrung, Volksverdummung, Unbelehrbarkeit, Unwirtschaftlichkeit und Geldverschwendung.

Schuld an der Situation sind nicht die Prüfer, sondern die Strukturen. Für diese Strukturen ist die Politik verantwortlich, welche die Gesetze beschlossen hat. Diese war (bisher) nicht gewillt ein anderes, ein neutrales, fortschrittliches, wirtschaftliches und wirksames Prüfungswesen zu schaffen.

Begeben wir uns in die Abgründe dieser Thematik.

Die Rechnungshöfe – “Prächtige” Symbole für den skandalösen Zustand bei der Kontrolle der Steuergelder

Gemäß Artikel 114 (2) Grundgesetz (GG) [3] prüft der Bundesrechnungshof die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Den Gemeinden muss nach Artikel 28 Absatz 2 GG [4] das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Diese Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung – die Finanzhoheit, die ein wesentlicher Bestandteil der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie ist.

Damit verbunden ist etwas, was kaum thematisiert wird: die kommunale Finanzkontrolle, die Kontrolle der Steuergelder. Diese Festlegung bedeutet unter anderem, dass die Bundesländer ihre Finanzkontrolle im Rahmen des GG in eigener Verantwortung regeln können. Die Bildung von Landesrechnungshöfen ist damit im GG nicht zwingend vorgeschrieben!

“An den Schaltstellen der Rechnungshöfe sind Fachkenntnisse die Ausnahme und nicht die Regel.”

In der Realität wurden jedoch in allen 16 Bundesländer Rechnungshöfe gebildet, welche deren Haushalts- und Wirtschaftsführung prüfen. Die Landesrechnungshöfe sind selbstständige, unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörden, die im Behördenaufbau auf derselben Stufe wie die Landesregierungen und die einzelnen Landesministerien stehen.

Unter dem Blickwinkel der Gewaltenteilung lassen sich die Rechnungshöfe weder in eine der drei klassischen Staatsgewalten – Legislative, Exekutive und Judikative – zuordnen, noch stellen sie eine „vierte Gewalt“ dar. Sie nehmen vielmehr als neutrales Gegengewicht zum parlamentarischen Regierungssystem eine Sonderstellung ein.

Die Aufgaben der Rechnungshöfe sind überwiegend identisch. Ihre Hauptaufgabe ist es, die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes beziehungsweise der Bundesländer einschließlich ihrer Sondervermögen und Betriebe zu prüfen.

Die 16 Landesrechnungshöfe verfügen über rund 3400 Beamte, die direkt in das Prüfungsgeschehen eingebunden sind. Obwohl in den Verfassungen der Länder vorwiegend Festlegungen bezüglich der richterlichen Unabhängigkeit der Mitglieder der Landesrechnungshöfe enthalten sind, ist der Anteil der Juristen hoch. Nach meiner Einschätzung ist ein Anteil von Juristen in den Rechnungshöfen zwischen 10 und 15 % (!) keine Seltenheit. Das erstreckt sich bis auf untere Leitungsebenen (Referatsleiter).

Diese Verfahrensweise hat dazu geführt, dass an den Schaltstellen der Rechnungshöfe Fachkenntnisse die Ausnahme und nicht die Regel sind. Viele dieser Personen sind dafür fachlich völlig ungeeignet! Die Auswirkungen sind gravierend. Nie gab es bisher Aktivitäten der Politik, diesen Zustand zu ändern.

Zahnlose Tiger ohne Sanktionsrechte

Es gibt keine Rechtfertigung für den hohen Anteil von Juristen bei den Rechnungshöfen. Weder bei den Landesrechnungshöfen, noch beim Bundesrechnungshof. Die Auswüchse dieses Irrsinns sind enorm und vielfältig.

Mit wenigen Ausnahmen gehören alle Präsidenten der Rechnungshöfe einer Partei an. Wie vereinbart sich das mit Unabhängigkeit und Neutralität? Richtig: Gar nicht! Dadurch ist programmiert, dass unter anderem brisante Prüfungsfeststellungen unter die Tische gekehrt sowie “brisante” Prüfungsgebiete nicht aufgegriffen werden. Alles wird unter der Tarnkappe “Unabhängigkeit” verborgen. Kein Bundesland wird eine Ausnahme machen.

Da die Rechnungshöfe über keine Sanktionsrechte verfügen, nicht einmal Weisungen erteilen dürfen, werden sie auch als „Ritter ohne Schwert“, „Hunde, die nicht beißen können“ oder als „zahnlose Tiger“ bezeichnet. Sie können letztlich nur durch Sachargumente die Parlamente zum Handeln bewegen.

Nachdruck können die Rechnungshöfe ihren Feststellungen und Empfehlungen lediglich durch Veröffentlichungen, beharrliche Nachfragen und gelegentliche Nachprüfungen verleihen. Damit hat es sich aber. Was soll ein solches Prüfungswesen?

Mittelalterliche Gesetzgebung und Juristenkult

Seit Gründung der BRD wurde am Ansehen der Rechnungshöfe nie gerüttelt. Die Strukturen der kommunalen Finanzkontrolle wurden nie infrage gestellt, in wenigen Bundesländern nur unbedeutend verändert. Für die Medien war und ist es immer wieder ein „gefundenes Fressen“, wenn die Rechnungshöfe ihre jährlichen Berichte der Öffentlichkeit präsentieren. Mit teilweise durchaus interessanten Beispielen lassen sich bequem Seiten füllen. Anmerkungen über die beschämende Rolle der Rechnungshöfe – keine Spur.

Während vielfältige kommunale Reformen in der Vergangenheit und Gegenwart in allen Bundesländern erfolgten (zum Beispiel Gebietsreformen, Einführung des neuen kommunalen Rechnungswesens) wurden die verkrusteten Strukturen des kommunalen Prüfungswesens nicht angetastet.

Rechnungshöfe sind Relikte aus der alten BRD, die sich zu einem großen Übel unserer Gesellschaft entwickelt haben. Sie sind keine Prüfungsbehörden, sondern politische Institutionen. Die Wirksamkeit von Rechnungshöfen ist unbedeutend, da diese über die Rolle des hilflosen Betrachters nicht hinauskommen. Eine moderne Gesellschaft erfordert ein Prüfungswesen, welches neutral, fortschrittlich, wirtschaftlich und wirksam ist. Das sind die Rechnungshöfe nicht.

Hauptursachen dafür sind die mittelalterliche Gesetzgebung, der teuflische deutsche Juristenkult, Stellenbesetzungen nach Parteibuch, die Besetzung von Leitungsposten mit fachlich ungeeignetem Personal sowie die Unfähigkeit und Unwilligkeit der Politik, die Strukturen der kommunalen Finanzkontrolle im Interesse des Gemeinwohls zu ändern.

Mir würde es leicht fallen, aus jedem Bundesland Beispiele für das politisch gewollte Versagen der Rechnungshöfe zu nennen. Aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart. Ich beschränke mich auf zwei Beispiele: auf den Neubau des Flughafens Berlin/Brandenburg und auf die Hamburger Elbphilharmonie [5].

Neubau Flughafen Berlin/Brandenburg

Mein Lieblingsbeispiel ist die größte gegenwärtige Infrastrukturmaßnahme in Europa, der Neubau des Flughafens Berlin/Brandenburg. Bisher wurden dafür rund 7 Milliarden Euro verausgabt. Die Finanzierung erfolgt durch Mittel des Bundes, von Berlin sowie vom Land Brandenburg. Abgewickelt wird diese Investition über die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH. Wesentliche Grundlage ist der auch im Internet abrufbare Gesellschaftsvertrag der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH [6].

Darin ist im § 16 festgelegt, dass der Bundesrechnungshof und die beiden Landesrechnungshöfe Befugnisse nach § 54 Haushaltsgrundsätzegesetz haben. Was bedeutet das?

Das bedeutet, dass die Prüfungsrechte der zuständigen Rechnungshöfe (Bundesrechnungshof, Berliner Rechnungshof, Landesrechnungshof Brandenburg) von Beginn der Maßnahme an beschränkt wurden. Beschränkt auf die Prüfung der Beteiligungsverwaltung, also auf die Dienststellen der Bundesverwaltung sowie der zwei Landesverwaltungen, welche vorwiegend Bereiche in den Finanzministerien sind. Nicht das Unternehmen selbst – hier die Flughafen Berlin/Brandenburg GmbH – sondern lediglich diejenigen Bundes- beziehungsweise Landesbehörden, die die Beteiligung verwalten, unterliegen der Prüfung.

Das Unternehmen ist nur insoweit berührt, dass es vorwiegend Auskünfte zu erteilen hat. Eine solche Prüfung der Betätigung des Landes Brandenburg als Gesellschafter der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH erfolgte zum Beispiel durch den Landesrechnungshof Brandenburg.

Die dringend erforderlichen Kontrollen der Rechnungen und der Vergaben von Bauleistungen sowie Lieferungen und Leistungen durch die zuständigen Rechnungshöfe wurde damit bereits bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages ausgeschlossen. Ein Skandal, der seinesgleichen sucht: eines der Gesichter der angeblich unabhängigen Finanzkontrolle der BRD. Bisher wurden also Ausgaben in Höhe von rund 7 Milliarden Euro keiner Prüfung unterzogen!

Dieser Sachverhalt wurde der Öffentlichkeit bisher nicht präsentiert. Er wurde der Öffentlichkeit verschwiegen!

Ich habe mit dieser Behauptung deshalb keine Probleme, weil ich mich vor der letzten Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus in einer Vielzahl von Berliner Medien, durch Medien mit Rang und Namen in ganz Deutschland sowie bei Parteien und Politikern in Berlin informiert hatte. Noch sehr gut kann ich mich an wüste Beschimpfungen gegen mich für diese Informationen erinnern – von Journalisten und Politikern.

Ich weise dazu auch auf meine Darlegungen und Kommentare unter der Überschrift “Rechnungshöfe ohne Ermächtigungsgrundlage” im Internet auf der Seite www.klaerwerk-blog.de hin.

Ein Skandal vom Feinsten: Elbphilharmonie Hamburg

Eines der tollsten Beispiele für die “Unfähigkeit” der Rechnungshöfe ist die Hamburger Elbphilharmonie, für deren Kontrolle der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg zuständig ist.

Der Ärger über die Kostenexplosion scheint an der Elbe verflogen zu sein, obwohl das Konzerthaus zehnmal so viel Geld gekostet hat, wie ursprünglich geplant war. Aus 77 Millionen Euro wurden 800 Millionen [7].

In den Medien wurden verschiedenste (angebliche) Gründe für diese riesige Baukostenüberschreitung genannt. So zum Beispiel die Planlosigkeit, mit der das Projekt gestartet wurde. Weder von der Politik noch von den Medien wurde jedoch darauf eingegangen, dass vom Hamburger Rechnungshof keine Prüfung der Maßnahme erfolgte. Warum? Er hat mit der Begründung nicht geprüft, weil die Hamburger Bürgerschaft einen Untersuchungsausschuss eingesetzt hatte. Das Ergebnis ist auf vielen Seiten dokumentiert. Dabei handelte es sich bei dieser Prüfung um die parlamentarische Kontrolle, die einen wesentlich anderen Charakter als die Prüfung durch einen Rechnungshof hat. Eine schamlosere Ausrede dafür kann es kaum geben. Es ist ein Skandal vom Feinsten!

Vor den letzten Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft habe ich es gewagt, einen großen Teil der Hamburger Medien auf diesen Sachverhalt ausführlich hinzuweisen. Ergebnis: Es wurde nichts darüber berichtet.

Rechnungsprüfungsämter – Gefangen im Behördenkäfig!

Wer glaubt, dass es eine Trennung zwischen Rechnungshof und Politik gibt, der wird auch an den Weihnachtsmann und den Klapperstorch glauben.

Hat der Hamburger Rechnungshof im Fall der Elbphilharmonie womöglich gegen Artikel 71 (1) der Verfassung Hamburgs [8] verstoßen? Eine böse Frage? Weshalb?

Die größte Last bei der Kontrolle der Steuergelder tragen in Deutschland die kommunalen Rechnungsprüfungsämter (RPA). Mit Ausnahme von Berlin, Bremen und Hamburg sind in allen Bundesländern RPA für die örtlichen Prüfungen zuständig. Insgesamt gibt es rund 600 RPA, in denen etwa 6000 Prüfer beschäftigt sind. Eine völlig unzureichende Personalausstattung.

“Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing!”

Die Aufgaben der RPA bestehen darin zu prüfen, festzustellen und zu berichten. Die Prüfungen konzentrieren sich auf die Einhaltung der Ordnungsmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Sparsamkeit. Es sollen dadurch Fehler und Gesetzwidrigkeiten der Verwaltung weitgehend ausgeschlossen und unwirtschaftliches Verwaltungshandeln aufgedeckt werden. Eine wichtige Aufgabe ist es außerdem, vorbeugend Fehler und Veruntreuungen vorzubeugen beziehungsweise zu verhindern. Schon allein die Existenz eines RPA trägt zur Erfüllung dieser Aufgabe bei.

Laut gesetzlichen Regelungen sind die RPA bei der Erfüllung ihrer Prüfungsaufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie haben wie die Rechnungshöfe keinen Einfluss darauf, wie letztlich mit den Prüfungsergebnissen umgegangen wird beziehungsweise welche Konsequenzen gezogen werden.

Eine Farce ist die Unterstellung dieser Ämter. Es gibt zwei Varianten, so die Unterstellung unter die Behördenleiter (Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Landräte). Diese Variante ist vorwiegend in den südlichen Bundesländern anzutreffen. In den nördlichen Bundesländern sind die RPA meist den Parlamenten unterstellt. Unabhängig von der Unterstellung sind alle RPA Bestandteil der Verwaltungen. Das ist der Teufel!

Es bedeutet in der Praxis nichts anderes als: „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing!“ Auch ich habe das zu spüren bekommen.

Die Auswirkungen der Unterstellung sowie der Integration in die Verwaltungen sind gravierend. Der Einfluss auf die RPA ist enorm. Es handelt sich um keine Einzelfälle. Die Arbeit der RPA wird, je nach Unterstellung, vorwiegend von den Verwaltungsleitungen beziehungsweise bei der Unterstellung unter das jeweilige Parlament, von den regierenden Parteien beeinflusst. Dabei gilt stets: “Unser Haus, unsere Behörde beziehungsweise unsere Partei muss sauber bleiben”. Selbst dann, wenn es in vielen Ecken gewaltig stinkt.

Der Grad der Beeinflussung ist vielfältig. Er reicht von der unzureichenden Ausstattung mit Personal und Sachmitteln, der Vorenthaltung von Informationen, dem Einsetzen “pflegeleichter” Amtsleiter, der Versetzung von „unliebsamen“ Prüfern in andere Ämter, der Umsetzung von fachlich nicht geeigneten Sachbearbeitern aus anderen Ämtern in das RPA, der unzulässigen Eingliederung des RPA in andere Ämter (zum Beispiel Kommunalamt, Rechtsamt), der „Säuberung“ von zu kritischen Prüfungsberichten bis zur Untersagung (!) von Prüfungen.

Ein Nachweis der Untersagung von Prüfungen ist nicht oder kaum möglich, da das ausschließlich mündlich und unter vier Augen erfolgt.

Aufgrund meiner 20 jährigen Tätigkeit nach der Wiedervereinigung einschließlich meiner vielen Gespräche sowie umfangreicher Recherchen zu meinem Buch gehe ich davon aus, dass von den rund 600 RPA in Deutschland mindestens 80 % davon mehr oder weniger stark beeinflusst werden.

Der Bund der Steuerzahler – Eine Mogelpackung!

Geht es nach seiner Außendarstellung und den Jahrzehnte langen Huldigungen der Medien, dann ist der Bund der Steuerzahler Deutschland e. V. (BdSt) einer der größten Kämpfer gegen Steuergeldverschwendung in Deutschland.

Der BdSt wurde im Oktober 1949 als Verein gegründet. Neben dem Bundesverband mit Sitz in Berlin gibt es 15 Landesverbände, deren Zweck, Aufgaben, Organe sowie Beschluss- und Vertretungsrechte jeweils durch Satzung geregelt sind. Eine der wesentlichen Aufgaben der Landesverbände sind die jährlichen Zuarbeiten zum Schwarzbuch [9]
.
Der BdSt hat sich als ein Kritiker der mangelnden Sparsamkeit, der Aufgabenerweiterung des Staates und seines wachsenden Personalbestandes etabliert. Er nimmt für sich in Anspruch, Sprecher aller Steuerzahler zu sein.

Das zugkräftigste Mittel beim Kampf gegen Steuergeldverschwendung ist sein Schwarzbuch. Es erscheint seit 1973. Trotz des tollen Namens ist es nichts weiter als eine Sammlung von Beispielen, die nach Ansicht des BdSt Geldverschwendung sind.

Unstrittig sind die vielen Beispiele ein Beweis dafür, dass der Zustand bei der Kontrolle der Steuergelder seit Jahrzehnten erbärmlich ist. Doch weshalb wurde die angeblich vorbeugende Wirkung von den Medien, von Politikern, Parteien, von Finanzwissenschaftlern, von Gewerkschaften und von den kommunalen Spitzenverbänden nicht längst zum Anlass genommen nachzufragen, weshalb sich jedes Jahr ein neues Schwarzbuch relativ problemlos füllen lässt? Wo ist denn die vorbeugende Wirkung? Gebe es eine vorbeugende Wirkung, dann gebe es schon längst kein Schwarzbuch mehr.

Wer sich so intensiv mit Steuergeldverschwendung beschäftigt wie der BdSt, dem kann man nicht abnehmen, dass er das nicht selbst erkannt hat. Er treibt ein böses Spiel.

Der BdSt ist kein Interessenvertreter der Steuerzahler, sondern lediglich seiner Mitglieder. Er ist ein medienwirksam geführter Lobbyverein, der etwas vorgaukelt, was nicht den Tatsachen entspricht – die Bekämpfung der Steuergeldverschwendung. Er ist zu dieser Problematik kein ernst zu nehmender Gesprächspartner für die Politik. Seine Hauptwaffe, “das Schwarzbuch”, hat sich zu einer Unterhaltungslektüre entwickelt, die vorwiegend die voyeuristischen Interessen der Medien befriedigt.

Was ist zu tun,um ein kommunales Prüfungswesen im Interesse des Gemeinwohls einzurichten?

Ganz einfach: Zerschlagung der völlig wirkungslosen Rechnungshöfe und Bildung einer Anstalt des öffentlichen Rechts pro Bundesland. Diese Anstalt des öffentlichen Rechts wäre zuständig für die Prüfung der Haushaltsmittel des jeweiligen Bundeslandes und der Kommunen ab einer bestimmten Größe.

“Das Prüfungswesen muss die Rolle des harmlosen Betrachters verlassen und eine abschreckende Wirkung haben. Alles andere ist kalter Kaffee.”

Bei der Besetzung der Stellen des Leitungspersonals sowie der Prüfer sind höchste Anforderungen zu stellen. Das Personal der Rechnungsprüfungsämter, welches dafür geeignet ist, bildet den Grundstock für die Anstalt des öffentlichen Rechts. Prüfer der Rechnungshöfe sollten nur in Ausnahmefällen eine Chance haben. Vom Leitungspersonal der Rechnungshöfe ist keiner zu übernehmen. Im Interesse einer neutralen Prüfung ist die Mitgliedschaft in Parteien auszuschließen. Eine Verbeamtung braucht nicht zu erfolgen.

Wesentlichstes Einstellungskriterium ist die Teamfähigkeit. Prüfungen werden nicht mehr angekündigt. Die Anstalt des öffentlichen Rechts ist weder für Beratungsleistungen noch für die Erstellung von Gutachten zuständig.

Besonders wichtig ist die gesetzliche Ausstattung der Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sanktionsrechten. Das könnte zum Beispiel die Verhängung von einer Art Ordnungsstrafe bis zur Höhe von 100.000 Euro sein.

Fazit

Diese längst überfällige Reform bei der Kontrolle der Steuergelder würde zu einem wesentlich sparsameren und wirtschaftlicheren Umgang mit Steuergeld führen. Das Prüfungswesen muss die Rolle des harmlosen Betrachters verlassen und eine abschreckende Wirkung haben. Alles andere ist kalter Kaffee. Trotzdem muss ein modernes Prüfungswesen Partner einer Verwaltung sein. Es muss jedoch bei gravierenden Feststellungen Handlungsspielraum in Form von Sanktionen haben.

Dies sollte als Diskussionsgrundlage ausreichend sein.

Egal was Sie anschließend machen, auf alle Fälle machen Sie es gut.

Ihr Finanzrevisor Pfiffig


Quellen und Anmerkungen

[1] Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) war eine marxistisch-leninistische Partei. Sie ging 1946 aus der Zwangsvereinigung von SPD und KPD in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und der Viersektorenstadt Berlin hervor. Die SED entwickelte sich zur Kader- und Staatspartei der 1949 gegründeten Deutschen Demokratischen Republik (DDR). 1968 wurde der Führungsanspruch der SED in der Verfassung der DDR festschrieb und damit eine Ein-Parteien-Herrschaft. Legislative, Exekutive und Judikative wurden von der SED kontrolliert und ausgestaltet.

Mit der sogenannten Wende 1989 – und der sich anschließenden Wiedervereinigung, dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland –, verlor die SED ihre Stellung als herrschende Staatspartei. Im Dezember 1989 benannte sie sich in Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS) um. Schon Anfang Februar 1990 wurde der Name in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) geändert. 2007 verschmolz die PDS mit der linksgerichteten WASG (Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative) zur Partei Die Linke. ↩

[2] Die Deutsche Gemeindeordnung (DGO) vom 30. Januar 1935 vereinheitlichte weitgehend das bis dahin zersplitterte Kommunalrecht in Deutschland. Mit Einführung dieser zentralistischen Regelung wurden über 30 landesrechtliche Gemeindeverfassungen aufgelöst. ↩

[3] Artikel 114 (2) Grundgesetz: Auf https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_114.html (abgerufen am 02.02.2019). ↩

[4] Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz: Auf https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_28.html (abgerufen am 02.02.2019). ↩

[5] Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses “Elbphilharmonie” der Hamburger Bürgerschaft vom 03.04.2014 / DS 20/11500. Auf https://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/44803/bericht-des-parlamentarischen-untersuchungsausschusses-„elbphilharmonie“.pdf (abgerufen am 02.02.2019). ↩

[6] Gesellschaftsvertrag der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH vom 17.11.2011. Auf http://www.mueller-gueldemeister.de/wp-content/uploads/2013/01/Flughafen.pdf (abgerufen am 02.02.2019). ↩

[7] Deutschlandfunkkultur: Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie. Auf https://www.deutschlandfunkkultur.de/kostenexplosion-bei-der-elbphilharmonie-wie-hamburg-die.1001.de.html?dram:article_id=409718 (abgerufen am 02.02.2019). ↩

[8] Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg: Auf https://www.hamburg.de/contentblob/1604280/5e354265cb3c0e3422f30f9184608d9d/data/verfassung-der-freien-und-hansestadt-hamburg-stand-2012.pdf (abgerufen am 02.02.2019). ↩

[9] Jedes Jahr veröffentlicht der Bund der Steuerzahler das sogenannte Schwarzbuch, in dem Fälle von Steuerverschwendung dokumentiert werden. ↩


Weiterführende Informationen

(1) Grundgesetz: Auf https://www.bundestag.de/grundgesetz (abgerufen am 02.02.2019).
(2) Verfassungen der Bundesländer: Auf https://de.wikipedia.org/wiki/Landesverfassung_(Deutschland) (abgerufen am 02.02.2019).
(3) Gesetze des Bundes und der Bundesländer über die Rechnungshöfe: Auf https://www.gesetze-im-internet.de/hgrg/index.html#BJNR012730969BJNE001000322 (abgerufen am 02.02.2019).
(4) Gemeindeordnungen der Bundesländer: Auf http://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/502618 (abgerufen am 02.02.2019).
(5) Satzungen des Bundes der Steuerzahler: Abrufbar über die Landesverbände. Auf https://www.steuerzahler.de (abgerufen am 02.02.2019).


Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR Cover Autor Klaus Richard Grün

Redaktioneller Hinweis: Der Beitrag ist eine aktualisierte Zusammenfassung eines Auszugs aus dem Buch “Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR”. Der Titel wurde im Sommer 2012 im Engelsdorfer Verlag veröffentlicht.

Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR

Autor: Klaus Richard Grün
Umfang: 312 Seiten
Verlag: Engelsdorfer Verlag; 1. Auflage (13. Juli 2012)
ISBN: 978-3-86268-898-2
ISBN: 978-3-96008-842-4

1 Komment

  • Ich bedanke mich recht herzlich für die Veröffentlichung dieses – meines – Beitrages. Ich hoffe, dass der Beitrag auf viel, auf enormes Interesse stößt. Gerne bin ich bereit jede sachliche, jede explosive Frage zu dieser Thematik zu beantworten.

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