Das Börsenjahr 2016 geht ja gut los. China setzt nach Kurseinbrüchen den gesamten Handel aus, weltweit stürzen die Börsen ab. Auch die Spannungen im Nahen Osten bereiten Sorgen. Der Dax bricht ein und fällt unter 10 000 Punkte. Geht das nun so weiter? test.de gibt einen Ausblick auf das Jahr 2016. Aktien, Zinsen, Öl – wie werden sich die Märkte entwickeln? Wie stellen Anleger sich am besten auf?
Ein klassischer Fehlstart zum Jahresbeginn
„Die Frage wird nicht sein, ob Sie in Aktien investieren, sondern nur, in welcher Höhe“, schreibt die Weberbank aus Berlin. Die US-Fondsgesellschaft Fidelity drückt es so aus: „2016 verspricht ein besseres Jahr für Aktien zu werden als 2015.“ Angefangen hat das Jahr aber ganz anders. Die Kapitalmärkte haben einen klassischen Fehlstart hingelegt. Der Dax hat binnen weniger Tage fast sämtliche Gewinne aus dem vergangenen Jahr wieder abgegeben: Kurz vor Weihnachten hatte der Index noch die 10 800-Punkte-Marke überschritten, am 7. Januar stand er kurzzeitig auf 9 810 Punkten – ganz schön heftige Schwankungen. Die Weberbank hatte schon im Dezember gewarnt, dass das viele Geld im Markt zu sehr hohen Schwankungen an den Börsen führe, „besonders, wenn der Markt negativ reagiert.“
Europa: 2016 trotzdem Erfolgsjahr?
Europa steht nach Ansicht der meisten Analysten ein gutes Jahr ins Haus. Für Ken Lambden von der Fondsgesellschaft Barings sind die geldpolitischen Anreize der Europäischen Zentralbank eine gute Voraussetzung für ein „Erfolgsjahr 2016“. Und das Fondshaus Candriam sagt voraus: „Der Euroraum profitiert vom starken Konsum und dem schwachen Ölpreis.“ Das US-Fondshaus Fidelity indes schätzt den US-Markt stärker ein. „Für Europa bessern sich die Aussichten allmählich,“ heißt es jedoch, und weiter: „Entgegen der landläufigen Meinung dürfte Europa zum Erstaunen vieler von der Flüchtlingswelle profitieren.“ Der Vermögensverwalter GAM ist, was die Einwanderung angeht, dagegen weniger zuversichtlich: „Die Wachstumskrise, unter der Europa leidet, ist immer noch ungelöst und könnte durch die Migrationskrise noch verschärft werden.“ Den Börsen Europas trauen die Marktbeobachter dennoch einiges zu. „Das Erholungspotenzial europäischer Aktien ist längst nicht ausgeschöpft“, schreibt La Financière de l‘Echiquier aus Frankreich.
USA: Wirtschaft stark, Börsen eventuell auch
Für die Wirtschaft in den USA zeichnen die Analysten ein freundliches Bild. „Wir erwarten, dass die US-Wirtschaft auch 2016 als Motor der Weltwirtschaft fungiert“, schreibt Vontobel Asset Management. Fidelity macht den starken Konsum dafür verantwortlich, der im kommenden Jahr überall in den Industrieländern kräftig anziehen dürfte. „Für Aktien – insbesondere aus den USA – verheißt das Gutes.“ Candriam stößt in dasselbe Horn: „In den USA ist die Tendenz zur Erholung eindeutig. Hier wird das Wachstum weiter anziehen und 2016 etwa bei 2,5 Prozent liegen.“ Doch es gibt auch skeptische Stimmen. Nach Ansicht von La Financière de l‘Echiquier ist die Erholung der amerikanischen Wirtschaft schon weit fortgeschritten. Deshalb sei damit zu rechnen, dass sich der Anstieg der Börsenkurse abschwäche. Die Fondsgesellschaft Barings sieht gar ein Stottern des amerikanischen Wachstumsmotors.
China: Einfluss möglicherweise schwächer als gedacht
Einigkeit herrscht hingegen, was die Lage in China angeht: Das Land befinde sich im Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft, die Zeit zweistelliger Wachstumsraten sei vorüber. Die DZ-Bank warnt jedoch davor, die hochvolatilen Aktienmärkte als Wirtschaftsbarometer misszuverstehen. An den Börsen in Shanghai und Shenzhen handeln viele Privatanleger, die gern auch zocken. Auch die Fondsgesellschaft Franklin Templeton Investments glaubt, dass sich das Wachstum in China verlangsamen wird. „Obwohl wir annehmen, dass sich das auf die exportorientierten Unternehmen in Europa stärker auswirkt als auf die der USA, gehen wir doch davon aus, dass die Erholung in Europa davon nicht behindert wird“, heißt es.
Ölpreis mit hohem Einfluss auf die Weltwirtschaft
Sorgen bereitet die jüngste Eskalation im Nahen Osten. Axa Investment Managers gibt zu bedenken, dass Saudi Arabien und Iran über die weltweit größten Öl- und Gasreserven verfügten. Auch die Instabilität im Irak könnte die Ölversorgung beeinträchtigen. Wenn das Ölangebot stark einbrechen würde, dürfte das eine schwache Weltwirtschaft schwer treffen – angefangen von den Schwellenmärkten bis hin zu Europa oder Japan. Wegen der aktuell hohen Fördermengen erwarten Analysten zunächst jedoch noch einen weiter niedrigen oder sogar fallenden Ölpreis. Paul McNamara von GAM schätzt die Risiken darin viel gravierender ein: „Meiner Ansicht nach bilden die Auswirkungen des niedrigen Ölpreises im Nahen Osten das größte Risiko weltweit.“ Die Belastung mache sich bereits bemerkbar. Saudi-Arabien beispielsweise habe ein aggressives Programm zur Aufnahme von Schulden angekündigt. Auch andere Länder kämpfen mit Problemen, Brasilien beispielsweise.
Die Zinsen steigen – vielleicht
Bei den Zinsen sind sich die Auguren wieder uneins. Die einen halten neue Tiefstände für möglich, andere sehen die Renditen steigen: Bis Ende 2016 könnten zehnjährige Bundesanleihen mehr als 1 Prozent bringen. Ende 2015 waren es rund 0,6 Prozent. Franklin Templeton spricht von einem Déjà Vu: Obwohl die US-Notenbank Fed die Zinsen erhöht hat, erwarteten die Märkte „derzeit keine drastische Veränderung“ in der globalen Geldpolitik. Peter Langerman sagt: „Viele Trends des Jahres 2015 – einschließlich der niedrigen Energiepreise und der niedrigen Zinsen – werden uns 2016 zumindest anfangs erhalten bleiben.“
Wie sich Anleger für 2016 am besten aufstellen können
Tipp: Finanztest hält auch für vorsichtige Anleger einen Aktienanteil von 25 Prozent für vertretbar – vorausgesetzt, das Geld kann zehn Jahre oder länger liegen bleiben. Wer ein gewisses Risiko verkraftet, wählt die ausgewogene Mischung: 50 Prozent Aktien, 50 Prozent Anleihen. Für bequeme Anleger empfiehlt Finanztest die Pantoffelportfolios. Sie bestehen aus börsengehandelten Indexfonds (ETF) auf den Weltaktienindex MSCI World und einen Anleihenindex mit Renten Euro.
Quelle:Test
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