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Fininfluencer Immo Tommy, jetzt hat er möglicherweise ein Problem, ein großes Problem

geralt (CC0), Pixabay
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Interviewer: Frau Bontschev, der Fall des Immobilien-Influencers „Immo Tommy“ sorgt für Schlagzeilen. Können Sie uns mehr über die rechtlichen Aspekte dieser Situation erzählen?

Kerstin Bontschev: Natürlich. Was wir hier sehen, ist leider ein klassisches Beispiel dafür, wie moderne Medien für fragwürdige Geschäftspraktiken missbraucht werden können. „Immo Tommy“, oder Tomislav Primorac, hat offenbar seine große Reichweite auf Social Media genutzt, um Menschen in potenziell nachteilige Immobiliengeschäfte zu locken.

Interviewer: Was sind die gravierendsten rechtlichen Probleme, die Sie in diesem Fall erkennen?

Bontschev: Es gibt mehrere kritische Punkte. Erstens der Verdacht auf deutlich überhöhte Verkaufspreise. Wenn Immobilien systematisch zu Preisen verkauft wurden, die weit über dem Marktwert liegen, könnte das den Tatbestand des Wuchers erfüllen. Zweitens die Vermittlung von hochriskanten Finanzierungsmodellen ohne adäquate Aufklärung – das könnte eine Verletzung von Beratungspflichten darstellen. Drittens die undurchsichtigen Zahlungen an Dritte, insbesondere an Primorac selbst. Hier stellt sich die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und ob diese offengelegt wurden.

Interviewer: Können Sie uns mehr über die problematischen Aspekte der Finanzierungsverträge sagen?

Bontschev: Die beschriebenen Finanzierungsmodelle sind aus juristischer Sicht äußerst bedenklich. Kredite ohne Tilgung über sehr lange Laufzeiten sind per se nicht illegal, aber sie bergen enorme Risiken für die Käufer. Besonders problematisch ist die Kombination mit einer relativ kurzen Zinsbindung von nur zehn Jahren. Das kann bei steigenden Zinsen schnell zu einer Überforderung der Kreditnehmer führen. Wenn die Kunden über diese Risiken nicht ausreichend aufgeklärt wurden, könnte das eine Verletzung der Beratungspflichten darstellen.

Interviewer: Was raten Sie den Betroffenen konkret?

Bontschev: Zunächst einmal sollten alle Betroffenen umgehend ihre Vertragsunterlagen von einem spezialisierten Anwalt prüfen lassen. Es gibt verschiedene rechtliche Ansatzpunkte, um gegen solche Verträge vorzugehen. Mögliche Argumentationen wären Verletzungen von Aufklärungspflichten, arglistige Täuschung oder in besonders krassen Fällen sogar Wucher. In einigen Fällen könnte eine Rückabwicklung der Verträge angestrebt werden. Allerdings muss jeder Fall individuell geprüft werden.

Interviewer: Welche Rolle spielt die Tatsache, dass viele Käufer die Immobilien nicht persönlich besichtigt haben?

Bontschev: Das ist in der Tat ein wichtiger Punkt. Auch wenn es keine gesetzliche Pflicht zur Besichtigung gibt, so ist es doch höchst ungewöhnlich und riskant, eine Immobilie unbesehen zu kaufen. Aus rechtlicher Sicht könnte man argumentieren, dass die Käufer hier eine gewisse Mitschuld tragen. Andererseits könnte man auch argumentieren, dass die Käufer durch die Darstellungen von „Immo Tommy“ in die Irre geführt wurden und deshalb auf eine Besichtigung verzichtet haben. Das müsste im Einzelfall geprüft werden.

Interviewer: Sehen Sie hier ein größeres, systemisches Problem?

Bontschev: Absolut. Dieser Fall ist symptomatisch für mehrere Probleme. Zum einen zeigt er die Gefahren, die von selbsternannten Finanz-Experten in sozialen Medien ausgehen können. Zum anderen offenbart er ein erschreckendes Maß an finanzieller Unbildung in der Bevölkerung. Viele Menschen lassen sich von Versprechungen schnellen Reichtums blenden und unterschätzen die Risiken komplexer Finanzprodukte.

Interviewer: Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern?

Bontschev: Es braucht dringend mehr Regulierung im Bereich der Finanz-Influencer. Zudem muss die finanzielle Bildung in Deutschland drastisch verbessert werden. Schulen sollten Grundlagen der Finanzbildung vermitteln. Auch die Banken und Finanzdienstleister stehen in der Pflicht, ihre Kunden besser aufzuklären. Nicht zuletzt sollten die Verbraucherschutzgesetze verschärft werden, um solche Praktiken in Zukunft zu erschweren.

Interviewer: Vielen Dank für diese ausführlichen Einblicke, Frau Bontschev.

Bontschev: Gerne. Ich hoffe, dass dieser Fall dazu beiträgt, das Bewusstsein für die Risiken solcher Geschäfte zu schärfen und zu einer besseren Regulierung sowie mehr Verbraucherschutz führt.

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