Im Nachgang einer Vor-Ort-Kontrolle intensivierte die FINMA im Sommer 2019 ihre Aufsichtstätigkeit über das Krankenzusatzversicherungsgeschäft der CSS. Im April 2020 eröffnete die FINMA bei der von ihr beaufsichtigten Gesellschaft der CSS-Gruppe, der CSS Versicherung AG, ein Enforcementverfahren. Dieses schloss die FINMA nach einer umfangreichen Untersuchung nun ab.
Das Verfahren der FINMA ergab, dass die CSS Versicherung AG von 2013 bis 2019 schwere Aufsichtsrechtsverletzungen zu verantworten hat. Diese gründen auf Mängel im Bereich des Vermittlergeschäfts und gruppenintern einseitig zulasten der Krankenzusatzversicherten verrechneten Verwaltungskosten.
Mangelhaftes Geschäft mit externen Vermittlern
Die CSS arbeitete in der untersuchten Zeit intensiv mit einer bestimmten Versicherungsvermittlungsgesellschaft zusammen. Trotz wiederholten Warnungen seitens der internen Revision erfasste, begrenzte und überwachte die CSS die sich aus der Geschäftsbeziehung mit diesem Vermittler ergebenden Risiken ungenügend und geriet in ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis. Sie bezahlte in den Jahren 2012 bis 2014 daher teilweise wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Provisionen, welche die Rentabilität der Neuabschlüsse in Frage stellten. Zudem belastete die CSS bis 2018 sämtliche vom Konzern geleisteten Provisionszahlungen dem Zusatzversicherungsgeschäft. Die Vermittlerkosten für alle Neuabschlüsse wurden somit ausschliesslich von den Zusatzversicherten getragen, obschon diese nachweislich auch obligatorische Krankenversicherungen betrafen.
Nicht verursachergerechte Zuordnung von Verwaltungskosten
Die FINMA überprüfte in der Folge die generelle Zuordnung von Verwaltungskosten zulasten der Zusatzversicherung. Die Untersuchung hat ergeben, dass die indirekten Kosten, namentlich für interne Arbeitsleistungen zugunsten der Zusatzversicherung, nicht hinreichend verursachergerecht zugeteilt werden. Die Allokationsschlüssel sind zulasten der Zusatzversicherung ausgestaltet oder bestehen aus einer betriebswirtschaftlich nicht belegbaren fixen Prozentzahl.
Zudem stellte die FINMA fest, dass die Zusatzversicherung mit weiteren nicht verursachergerechten Kosten belastet wird, indem sie beispielsweise seit Jahren den weitaus überwiegenden Teil der Marketing- und die vollständigen Werbekosten der ganzen CSS-Gruppe trägt.
Fehlerhafte Basis für Tarifgenehmigung
Die FINMA prüft im Tarifgenehmigungsverfahren anhand der von den Versicherungsunternehmen vorgelegten Tarifberechnungen, ob die Tarife dem Missbrauchsverbot standhalten. Durch die Fehlallokationen der CSS sind ungerechtfertigte Verwaltungskosten in die damaligen Tarifberechnungen eingeflossen. Die FINMA konnte auf dieser Grundlage somit ihre Prüfaufgabe nicht korrekt vornehmen und hat letztlich zu hohe Tarife genehmigt. In der Folge hat die CSS jahrelang in beträchtlichem Umfang ungerechtfertigte Verwaltungskosten auf die Prämien der Krankenzusatzversicherten überwälzt.
Die Berechnungen im Enforcementverfahren ergaben, dass für die Jahre 2013 bis 2019 Verwaltungskosten von mindestens 129 Millionen Franken in ungerechtfertigter Weise in die Tarifberechnungen eingeflossen sind und auf die Prämien der Zusatzversicherten überwälzt wurden.
Massnahmen der FINMA zum Schutz der Versicherten
Zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands und zum Schutz der Versicherten verpflichtet die FINMA die CSS, Prämien zugunsten der betroffenen Zusatzversicherten in der Höhe von 129 Millionen Franken zurückzuerstatten. Die Prämienrückerstattung kommt jenen Krankenzusatzversicherten zugute, die zwischen dem 1. Januar 2013 und 31. Dezember 2019 bei der CSS Versicherung AG zusatzversichert waren, wobei die Höhe im Einzelfall mitunter von der Art des Produkts, der Vertragsdauer sowie der individuellen Prämienhöhe abhängen wird.
Im Vermittlergeschäft hat die CSS seit einigen Jahren Massnahmen zur Verbesserung eingeleitet. Die Zusammenarbeit mit der genannten
Versicherungsvermittlungsgesellschaft wurde schrittweise reduziert und 2020 beendet. Die Provisionszahlungen werden seit 2019 gruppenintern den richtigen Rechtsträgern zugeordnet. Die im Bereich des Vermittlergeschäfts von der CSS zwischenzeitlich ergriffenen Massnahmen erachtet die FINMA grundsätzlich als geeignet, um die festgestellten Mängel zu beheben.
In Bezug auf die allgemeinen Verwaltungskosten weist die FINMA die CSS an, diese künftig nach dem tatsächlichen Aufwand den jeweiligen Gruppengesellschaften zuzuordnen und betriebswirtschaftlich nachvollziehbare Allokationsschlüssel festzulegen. Dadurch werden die Versicherten vor künftigen Schädigungen durch Fehlallokationen geschützt.
Der Entscheid der FINMA stellt die operative Tätigkeit der CSS nicht in Frage. Die Ansprüche der Versicherten sind gesichert und die Solvenzvorschriften eingehalten. Der Entscheid der FINMA ist nicht rechtskräftig und kann von der CSS beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
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