Förderrichtlinie „JUGEND STÄRKEN: Brücken in die Eigenständigkeit“ – Europäischer Sozialfonds Plus (ESF Plus) – Förderperiode: 2021 bis 2027

Published On: Mittwoch, 04.09.2024By Tags:

Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Förderrichtlinie
„JUGEND STÄRKEN:
Brücken in die Eigenständigkeit“
Europäischer Sozialfonds Plus (ESF Plus)
Förderperiode: 2021 bis 2027

Vom 29. August 2024

1 Förderziel und Zuwendungszweck

1.1 Ziel der Förderung

Jungen Menschen ein Aufwachsen in Sicherheit zu ermöglichen, sie bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten und sie auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten, ist primär Aufgabe der Eltern. Immer dann, wenn Eltern diese Aufgabe nicht (mehr) wahrnehmen können, wollen oder dürfen, kommt die Kinder- und Jugendhilfe zum Tragen. Trotz unterschiedlicher Hilfsmaßnahmen, die das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vorsieht, haben die Erfahrungen aus den vergangenen Förderperioden des Europäischen Sozialfonds (ESF) gezeigt, dass in den Kommunen in Deutschland (sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum) nach wie vor ein Bedarf an Angeboten zur Unterstützung junger Menschen an der Schwelle zur Selbständigkeit besteht. Die geltende Rechtslage ermöglicht es zwar grundsätzlich, dass junge Menschen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, und in besonderen Fällen auch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, Kinder- und Jugendhilfeleistungen erhalten. In der Praxis werden die Betroffenen aber bisher in vielen Fällen bereits mit Beginn der Volljährigkeit aus der Kinder- und Jugendhilfe entlassen, andere nehmen erst gar keine Hilfeleistungen in Anspruch.

So konstatiert der 15. Kinder- und Jugendhilfebericht, dass diese jungen Menschen nur selten Zugang zu sozialer Teilhabe finden, in denen sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung, Verselbständigung und Qualifikation gefördert und in ihrer Selbstpositionierung unterstützt werden. Vielfach benachteiligt gegenüber ihren Altersgenossen ist die Gruppe der sogenannten Care Leaver. Hierbei handelt es sich um junge Menschen, die im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe einen Teil ihres Lebens in Einrichtungen der Jugendhilfe (zum Beispiel in Wohngruppen, Wohnheimen oder Pflegefamilien) verbracht haben oder (aktuell noch immer) verbringen und sich am Übergang in ein eigenständiges Leben befinden. Der Eintritt in die Volljährigkeit geht für die Betroffenen oftmals mit einer Beendigung der Jugendhilfeleistungen einher, da von ihnen erwartet wird, dass sie ihr Leben von nun an in eigener Verantwortung führen können. Einmal entlassen aus der Jugendhilfe müssen Care Leaver in vielen Fällen ihre Verselbständigung ohne soziales Netz und existenzielle Absicherung gestalten. Auch im Hinblick auf weitergehende Unterstützung bei der Erreichung von Bildungsabschlüssen nach Beendigung der Hilfen oder bei Ausbildungs- und beruflichen Perspektiven zeigt sich, dass Care Leaver überdurchschnittlich benachteiligt sind. Derzeit herrscht ein Mangel an Unterstützungsmaßnahmen, die diesen jungen Menschen den Übergang in stabile Wohnverhältnisse ermöglichen. Eine solche Stabilität ist jedoch Voraussetzung für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit sowie einer eigenständigen Lebensführung.

Ebenfalls in besonderem Maße benachteiligt sind sogenannte entkoppelte Jugendliche und junge Erwachsene, das heißt junge Menschen in problematischen Lebenslagen, die aus sämtlichen institutionellen Kontexten herausgefallen sind. Sie befinden sich weder in Schule, Ausbildung noch Erwerbstätigkeit und erhalten auch keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Entkoppelte junge Menschen sind nach Angaben des Deutschen Jugendinstituts zwar nicht zwangsweise von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit betroffen, haben allerdings nur sehr niedrigschwellige institutionelle Bezüge oder gar keine – beispielsweise, weil sie nicht (mehr) erreicht werden wollen. Auch und gerade diese Gruppe junger Menschen hat einen besonderen Unterstützungsbedarf auf dem Weg zu einer eigenständigen Lebensführung und bei der Unterbringung in gesicherten Wohnverhältnissen.

Ziel des ESF Plus-Programms „JUGEND STÄRKEN: Brücken in die Eigenständigkeit“ ist es,

junge Menschen mithilfe sozialpädagogischer Unterstützung individuell und rechtskreisübergreifend bei der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit und selbständigen Lebensführung zu begleiten,
junge Menschen in gesicherte Wohnverhältnisse zu bringen,
die soziale Integration junger Menschen zu sichern – auch im Hinblick auf den Übergang in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt,
bestehende Armutsrisiken zu reduzieren.

Auf Grundlage des Bundesprogramms für den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) in der Förderperiode 2021 bis 2027 (CCI: 2021DE05SFPR001) setzt diese Richtlinie damit den Förderschwerpunkt „Soziale Inklusion/​Armutsbekämpfung“ um.

Das ESF Plus-Programm flankiert die gesetzlichen Neuerungen zur Stabilisierung der Lebenssituation junger Menschen im Rahmen der Reform des SGB VIII, in dem es den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum dabei helfen soll, neue, innovative Ansätze und Herangehensweisen bei der Unterstützung junger Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren – insbesondere im Hinblick auf ein individuelles Übergangsmanagement, sozialpädagogisch begleitete Wohnformen und den Auf- und Ausbau von Beratungs- und Kooperationsstrukturen.

Mit Hilfe lokaler und/​oder regionaler Unterstützungsnetzwerke sowie individueller Unterstützungsleistungen sollen junge Menschen ressourcenorientiert und effizient zu einer eigenständigen Lebensführung befähigt und/​oder in stabilen Wohnverhältnissen untergebracht werden. Dazu sollen zum einen die individuelle Lebenssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen und die sich daraus ergebenden, individuellen Bedarfe eruiert und zum anderen die Betroffenen an die bestehenden Regelstrukturen herangeführt werden. Ziel ist es, durch passgenaue Angebote die individuelle Handlungskompetenz der Betroffenen, aber auch den Umgang relevanter Akteurinnen/​Akteure mit den Betroffenen zu stärken. Bestehende Lücken zwischen den verschiedenen Rechtskreisen – vor allem der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), der Arbeitsförderung (Drittes Buch Sozialgesetzbuch), der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II), der Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch) und der Eingliederungshilfe (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch) – sollen dabei reduziert und vor Ort eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit auf- und ausgebaut werden. Dabei sollen insbesondere die neuen Regelungen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes zum Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger (§ 41 Absatz 3 in Verbindung mit § 36b SGB VIII) sowie die sogenannte „Coming-Back-Option“ (§ 41 Absatz 1 Satz 3 SGB VIII) und die Regelungen zur Nachbetreuung von Care Leavern (§ 41a SGB VIII) flankiert werden.

Folgende Ergebnisziele werden mit dem ESF Plus-Programm verfolgt:

a)
Unterstützung junger Menschen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung und auf ihrem Weg hin zu einer eigenständigen Lebensführung,
b)
Schaffung von Strukturen und Angeboten auf kommunaler Ebene, die junge Menschen beim Übergang in die Selbständigkeit unterstützen,
c)
Bereitstellung geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten für junge wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen, in denen eine sozialpädagogische Begleitung der Betroffenen stattfindet.

Folgende Erkenntnisziele werden mit dem ESF Plus-Programm verfolgt:

a)
Erkenntnisse zur Wirkung einer bedarfsgerechten, systematischen Koordinierung und Steuerung eines Übergangsmanagements für junge Menschen durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Zusammenarbeit mit relevanten Kooperationspartnerinnen/​Kooperationspartnern,
b)
Erkenntnisse zur Sicherstellung und Verbesserung der rechtkreisübergreifenden Zusammenarbeit der verschiedenen Akteurinnen/​Akteure,
c)
Erkenntnisse zur Gestaltung von Wohnformen für junge Menschen und zur sozialpädagogisch begleiteten Unterbringung dieser in der jeweiligen Wohnform.

Das ESF Plus-Programm richtet sich an junge Menschen im Alter von 14 bis einschließlich 26 Jahren, die Unterstützung benötigen, weil sie zu einer eigenständigen Lebensführung noch nicht in der Lage sind und/​oder weil sie von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind.

Zielgruppen in diesem Sinne sind:

1.
Junge Menschen, die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erhalten und nach Beendigung dieser Hilfen (aller Voraussicht nach) weitere sozialpädagogische Unterstützung benötigen (insbesondere Care Leaver).
2.
Junge Menschen, die keine Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erhalten und sozialpädagogische Unterstützung benötigen (insbesondere entkoppelte junge Menschen).

Am ESF Plus-Programm können junge Menschen teilnehmen, die gemäß § 6 Absatz 1 und 2 SGB VIII entweder ihren tatsächlichen Aufenthalt im Inland haben oder rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung in Deutschland leben.

Von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen im Sinne dieser Richtlinie sind folgende Personen:

junge Menschen, die in ungesicherten Wohnverhältnissen leben (zum Beispiel in temporären Unterkünften (insbesondere sogenannte „Sofa-Hopper“, die vorübergehend bei Freundinnen/​Freunden, Bekannten oder Verwandten untergebracht sind), in Gebäuden ohne mietrechtliche Absicherung, in Wohnraum, der von Zwangsräumung bedroht ist oder die in ihrer Wohnung von Gewalt bedroht oder betroffen sind),
junge Menschen, die in unzureichenden Wohnverhältnissen leben (zum Beispiel in Abbruchhäusern, Wohnwägen oder überbelegten Wohnungen),
wohnungslose junge Menschen, die in Übergangswohnheimen, Frauenhäusern, Flüchtlingseinrichtungen oder ähnlichen Einrichtungen leben,
obdachlose junge Menschen, die sich im öffentlichen Raum aufhalten oder Notschlafstellen und Wärmestuben in Anspruch nehmen.

Das ESF Plus-Programm leistet zu den drei europäischen bereichsübergreifenden Grundsätzen „Antidiskriminierung“, „Gleichstellung der Geschlechter“ und „Förderung einer nachhaltigen Entwicklung“ einen wichtigen Beitrag:

Durch seine grundlegende Zielsetzung, junge Menschen zu fördern, die sozial benachteiligt und/​oder individuell beeinträchtigt sind, trägt das Programm zum Grundsatz der Antidiskriminierung beziehungsweise Chancengleichheit bei und richtet sich auch an junge Menschen mit Migrationshintergrund.
Durch Unterstützung der Betroffenen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung, Verselbständigung und Unterbringung in gesicherten Wohnverhältnissen sollen gleiche Chancen im Hinblick auf ihre soziale Integration – beispielsweise auch im Hinblick auf den Übergang in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt – ermöglicht und Armutsrisiken reduziert werden. Förderpläne sind diskriminierungsfrei zu gestalten und sollen passgenau auf die jeweilige Ausgangs- und Bedarfslage des jungen Menschen abgestimmt sein. Benachteiligungen oder Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, der Hautfarbe oder ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sollen im Rahmen der Umsetzung der Förderpläne abgebaut werden.
Zum bereichsübergreifenden Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter leistet das ESF Plus-Programm einen wichtigen Beitrag, indem insbesondere im Rahmen der Ansprache der Zielgruppen sowie bei der Beratung und Entwicklung sozialer Kompetenzen geschlechtersensible Ansätze verfolgt werden sollen.
Zum bereichsübergreifenden Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung soll das Programm insbesondere durch eine ressourcenschonende Arbeitsweise, den umweltschonenden Einsatz von Materialien, ökologisches Veranstaltungsmanagement sowie durch CO2-armes Reisen beitragen.

1.2 Rechtsgrundlagen

Die Förderung des ESF Plus-Programms aus dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) erfolgt auf Grundlage der Verordnung (EU) 2021/​1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 (ESF Plus-Verordnung) und der Verordnung (EU) 2021/​1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 (Allgemeine Strukturfondsverordnung). Jegliche delegierte Rechtsakte beziehungsweise Durchführungsbestimmungen, die in Verbindung mit der Strukturfondsförderung stehen und erlassen wurden beziehungsweise noch erlassen werden, vervollständigen die rechtliche Grundlage.

Rechtsgrundlage ist das Bundesprogramm für den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) in der Förderperiode 2021 bis 2027 (CCI: 2021DE05SFPR001). Die Förderung nach dieser Richtlinie ist dem spezifischen Ziel „Förderung der sozialen Integration von Menschen, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, einschließlich der am stärksten benachteiligten Personen und Kindern“ gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe l der Verordnung (EU) 2021/​1057 zugeordnet. Es handelt sich um eine Förderung zugunsten benachteiligter junger Menschen im Alter von 14 bis einschließlich 26 Jahren.

Der Bund gewährt Zuwendungen nach Maßgabe dieser Richtlinie, der §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO), den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften, den Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung im Rahmen des ESF-Bundesprogramms für den ESF Plus in der Förderperiode 2021 bis 2027 (BNBest-P-ESF-Bund) sowie den Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gebietskörperschaften und Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften im Rahmen des ESF-Bundesprogramms für den ESF Plus in der Förderperiode 2021 bis 2027 (BNBest-Gk-ESF-Bund), die Gegenstand der Zuwendungsbescheide werden (beide abrufbar unter www.esf.de).

Die Bewilligungsbehörde – das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) – entscheidet aufgrund der eingereichten Unterlagen im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens und der verfügbaren Haushaltsmittel über die Förderung der Projekte. Ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht nicht.

2 Gegenstand der Förderung

2.1 Methodische Bausteine

Zur Erreichung der in Nummer 1.1 genannten Ziele werden pro Vorhaben vier methodische Bausteine durch das ESF Plus-Programm gefördert, auf deren Grundlage die Kommunen für die jeweilige Zielgruppe/​die jeweiligen Zielgruppen bedarfsgerechte Projekte konzipieren und umsetzen können:

1.
Aufsuchende Jugendsozialarbeit,
2.
Niedrigschwellige Beratung/​Clearing,
3.
Case Management,
4.
Erprobung neuer Wohnformen.

Allen vier methodischen Bausteinen gemein ist eine sozialpädagogische Einzelfallarbeit unterschiedlicher Dauer und Intensität. Die einzelnen methodischen Bausteine sind beliebig miteinander kombinierbar, sodass verschiedene, ineinandergreifende Angebote geschaffen werden können. Baustein 3 kann dabei auch Elemente von Baustein 4 enthalten und Baustein 4 auch Elemente der jeweils anderen Bausteine. Die Angebote für die Zielgruppe erschöpfen sich nicht allein in einer Versorgung mit Wohnraum, sondern beinhalten auch einen ganzheitlichen Betreuungsansatz durch sozialpädagogische Unterstützung bei der sozialen Integration, insbesondere mit Blick auf den Übergang in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Flankierend zu allen vier Bausteinen werden im Rahmen des ESF Plus-Programms auch Gruppenmaßnahmen gefördert, beispielsweise zu den Themen Wohnen, selbständige Lebensführung und Stärkung von Kompetenzen.

2.1.1 Inhalt der methodischen Bausteine

Baustein 1 – Aufsuchende Jugendsozialarbeit

Der Baustein „Aufsuchende Jugendsozialarbeit“ ist eine Form der sozialpädagogischen Fallarbeit für junge Menschen, die alleine nicht den Weg zu Unterstützungsangeboten finden. Sie werden in ihrer Wohnung oder an den Orten, an denen sie sich für gewöhnlich aufhalten (zum Beispiel Jugendclub, Plätze „zum Abhängen“, in Notunterkünften oder auf der Straße) von sozialpädagogischen Fachkräften wie beispielsweise Streetworkerinnen/​Streetworkern oder mobilen Beraterinnen/​Beratern aufgesucht. Aufgabe der Fachkräfte ist es, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen anzusprechen, Vertrauen zu ihnen aufzubauen, sie zu motivieren und sie an entsprechende Unterstützungsangebote (Dienste, Personen und Einrichtungen) heranzuführen. Dies können auch digitale und soziale Medien (zum Beispiel Internetportale speziell für die Zielgruppen, Messengerdienste sowie einschlägige Apps oder Chat-Gruppen) sein, um mögliche Hemmschwellen auf Seiten der jungen Menschen abzubauen. Bei Bedarf erfolgt im Rahmen der aufsuchenden Jugendsozialarbeit zum Zwecke der gezielten und nachhaltigen Begleitung und Beratung eine Weitervermittlung der jungen Menschen an das Case Management (Baustein 3).

Baustein 2 – Niedrigschwellige Beratung/​Clearing

Der Baustein „Niedrigschwellige Beratung/​Clearing“ umfasst kurzfristig angelegte, individuelle sozialpädagogische Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen. Diese werden durch eine Beratungs- oder Clearingstelle erbracht, die für junge Menschen als „erste Anlaufstelle“ dienen soll. Hier wird der jeweilige weitere Unterstützungsbedarf geklärt und bei Bedarf an die zuständigen Institutionen beziehungsweise Ansprechpartnerinnen/​Ansprechpartner (zum Beispiel therapeutische Beratungsstellen, Drogen- und Suchtberatungsstellen, Wohnungsämter, Agenturen für Arbeit und Jobcenter) weitervermittelt. Einfache Unterstützungsleistungen, wie beispielsweise kurzfristige Beratungen und Hilfe bei der Wohnungsbewerbung, können von der Beratungs- oder Clearingstelle selbst erbracht werden. Jugendliche und junge Erwachsene mit intensiverem Unterstützungsbedarf werden an spezialisierte Hilfsangebote oder in das längerfristig angelegte Case Management übergeben (Baustein 3).

Baustein 3 – Case Management

Der Baustein „Case Management“ beinhaltet eine intensive und langfristig angelegte sozialpädagogische Fallarbeit und Begleitung der jungen Menschen über bestimmte Lebens- und Entwicklungsabschnitte sowie über einzelne Rechtskreise und Angebote hinweg. Der Prozess des Case Managements umfasst die Ermittlung von Ausgangs- und Bedarfslagen, die Planung und Koordinierung der erforderlichen Hilfen sowie deren Erfolgskontrolle und kann auch eine Unterstützung hin zu stabilen Wohnverhältnissen (zum Beispiel Hilfe bei der Wohnungssuche oder Begleitung bei Wohnungsbesichtigungen) beinhalten.

Wesentlicher Bestandteil der individuellen Förderplanung ist zunächst, die Ausgangs- und/​oder Problemlage der Jugendlichen und jungen Menschen sowie ihren konkreten Hilfebedarf zu ermitteln und ein individuelles Kompetenz- und Bedarfsprofil zu erstellen. Auf dessen Grundlage sowie der damit verbundenen Anforderungen an die individuelle (Persönlichkeits-)Entwicklung wird gemeinsam mit dem betroffenen jungen Menschen ein individueller Förderplan erstellt. Die Case Managerinnen/​Manager haben im Verlauf des Begleitungsprozesses regelmäßig zu prüfen, ob die im Förderplan festgelegten Ziele erreicht wurden, die gewählten Hilfen weiterhin geeignet und notwendig sind oder eine Anpassung des Förderplans erforderlich ist. Werden im Rahmen der Umsetzung der Hilfen andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind diese an der Erstellung des Förderplans und dessen Überprüfung zu beteiligen.

Sofern spezialisierte Hilfsangebote für spezifische Problemlagen wohnortnah vorhanden sind – zum Beispiel Schuldner-, Sucht- und Drogenberatungsstellen, Jobcenter, Agenturen für Arbeit sowie Dienste und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe – vermitteln und begleiten die Case Managerinnen/​Manager die jungen Menschen bei Bedarf dorthin und koordinieren die Inanspruchnahme der Hilfen für sie. Konkrete Hilfsmaßnahmen neben der sozialpädagogischen Begleitung bieten die Case Managerinnen/​Manager nur dann selbst an, wenn sie hierfür – unter anderem aufgrund des Vertrauensverhältnisses zu den Jugendlichen und jungen Erwachsenen – in besonderem Maße geeignet sind und über die hierfür erforderlichen Fachkenntnisse verfügen.

Baustein 4 – Erprobung neuer Wohnformen

Ein weiterer Baustein ist die „Erprobung neuer Wohnformen“, bei der die Schaffung verschiedener (in der jeweiligen Kommune noch nicht vorhandener) Wohnformen für junge Menschen und deren Unterbringung in das jeweilige Wohnprojekt modellhaft erprobt werden. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden im Rahmen der Umsetzung von Baustein 4 individuell sozialpädagogisch begleitet. Wie eng und lange die Begleitung erfolgt, hängt vom individuellen Bedarf des jungen Menschen ab. Die Begleitung dient auch dazu, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Verselbständigung zu unterstützen.

Zur Schaffung gesicherter Wohnverhältnisse für die jungen Menschen kommen beispielsweise folgende Unterbringungsformen in Betracht: Das betreute Einzelwohnen, Wohngemeinschaften, intensivpädagogische Wohngruppen, Jugendwohnheime, aber auch die Rückkehr in familiäre Wohnverhältnisse. Auch innovative Konzepte wie der sogenannte Housing-First-Ansatz1 für von Wohnungslosigkeit betroffene oder bedrohte junge Menschen können im Rahmen dieses Bausteins erprobt werden, sofern hierbei ein Minimum an sozialpädagogischer Begleitung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sichergestellt ist. Mit dem Ziel, akute Krisen zu bewältigen und eine existenzielle Grundlage für junge Menschen zu schaffen, kommt zunächst auch eine Unterbringung in Notschlafstellen in Betracht, wobei es im Anschluss daran Ziel sein muss, die Betroffenen in gesicherte Wohnverhältnisse zu bringen.

Vor Aufnahme in das jeweilige Wohnprojekt ist zu klären, ob die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die Aufnahme in das jeweilige Vorhaben geeignet sind. Sofern sie noch minderjährig sind, ist nach § 42 Absatz 1 SGB VIII (Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen) das Jugendamt einzuschalten.

Bei der Umsetzung des Bausteins „Erprobung neuer Wohnformen“ können auch Elemente der Bausteine 1 bis 3 integriert werden, insbesondere des Case Managements.

2.1.2 Qualitätsanforderungen an Projekte

Die Projekte sollen durch Fachkräfte mit entsprechender Ausbildung (vorzugsweise in den Bereichen Soziale Arbeit und Sozialpädagogik), interkultureller Kompetenz sowie Gender- und Diversitätskompetenz erbracht werden, die gute Kenntnisse über die lokalen Strukturen sowie Akteurinnen/​Akteure und Angebote in dem durch das Programm beschriebenen Themenfeld haben sollen.

Die Fachkräfte sind im Rahmen der Projektarbeit feste Ansprechpartnerinnen/​Ansprechpartner für die jungen Menschen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung und auf ihrem Weg hin zu einer eigenständigen Lebensführung. Sie bieten – je nach methodischem Baustein – sozialpädagogische Beratung und Begleitung unterschiedlicher Intensität an und orientieren sich an Ausgangs- und Problemlage, Lebenssituation, Biografie, Potenzialen, Kompetenzen und Bedürfnissen der jungen Menschen. Bei ihrer Arbeit mit den jungen Menschen berücksichtigen sie deren Geschlecht sowie ihren kulturellen und weltanschaulich-religiösen Hintergrund, beziehen ihr soziales Umfeld (insbesondere Eltern und Gleichaltrige in ähnlichen Problemlagen, sofern diese vorhanden sind) ein und stimmen sich eng mit anderen übergangsrelevanten Akteurinnen/​Akteuren und Einrichtungen ab. Für jeden Teilnehmenden ist eine elektronische Fallakte zu führen.

Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen über Gender- und Diversitätskompetenzen auf Organisations- und Personalebene verfügen oder diese durch Teilnahme an Schulungen/​Trainings auf- beziehungsweise ausbauen.

2.1.3 Auswahl der methodischen Bausteine und Projekte

Jeder am ESF Plus-Programm teilnehmende örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe soll die in Nummer 1.1 genannte Zielgruppe/​genannten Zielgruppen, die vor Ort bislang unzureichend unterstützt wird/​werden, identifizieren und aufbauend auf einer Bedarfs- und Angebotsanalyse die für ihn relevanten methodischen Bausteine auswählen. Auf Basis der ausgewählten methodischen Bausteine soll jeder örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein Vorhaben konzipieren und umsetzen, mit dem vor Ort vorhandene Förderlücken möglichst passgenau geschlossen und die Zielgruppe/​Zielgruppen erreicht wird/​werden. Das beantragte Vorhaben kann aus mehreren Projekten bestehen und muss mindestens zwei methodische Bausteine beinhalten.

Die modellhafte Erprobung der Leistungen beziehungsweise Angebote nach dem neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz können Teil des ESF Plus-Vorhabens im Sinne eines Handlungsrahmens sein. Es muss jedoch noch ein neuer Aspekt (zum Beispiel Wohnraumunterbringung etc., Vernetzung mit weiteren, ggf. neuen Partnern) hinzukommen, damit das Angebot insgesamt als innovatives Modell gilt.

2.2 Kommunale Koordinierungsstelle

Die gemäß Nummer 2.1 umzusetzenden methodischen Bausteine werden von einer kommunalen Koordinierungsstelle koordiniert und gesteuert.

2.2.1 Aufgaben

Der kommunalen Koordinierungsstelle obliegt die Verantwortung für die Koordinierung und Steuerung der durchgeführten Maßnahmen: Auf Grundlage einer rechtskreisübergreifenden Bedarfs- und Angebotsanalyse identifiziert sie Lücken in der kommunalen Angebotsstruktur für die in Nummer 1.1 genannten Zielgruppe/​Zielgruppen und konzipiert auf Grundlage der in Nummer 2.1 genannten methodischen Bausteine ein passgenaues Vorhaben, um diese Lücken zu schließen.

Die im Rahmen des Vorhabens konzipierten Projekte können entweder durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe selbst oder durch Träger der freien Jugendhilfe (Weiterleitungsempfänger) umgesetzt werden. Die kommunale Koordinierungsstelle begleitet die Projektumsetzung, führt gemeinsam mit dem Weiterleitungsempfänger/​den Weiterleitungsempfängern regelmäßig eine Erfolgskontrolle durch und ist für die ordnungsgemäße Durchführung des gesamten Vorhabens verantwortlich.

Sowohl auf strategischer als auch auf operativer Ebene arbeitet die kommunale Koordinierungsstelle eng mit weiteren Akteurinnen/​Akteuren des durch das Programm beschriebenen Themenfeldes zusammen, um eine möglichst kohärente Förderung der Zielgruppe/​Zielgruppen zu erreichen. Zu ihren Kooperationspartnerinnen/​Kooperationspartnern zählen insbesondere Träger der freien Jugendhilfe, Träger von Diensten und Einrichtungen der Wohnungslosen- beziehungsweise Wohnungsnotfallhilfe, kommunale Wohnungsbaugesellschaften, Sozialhilfe- und gegebenenfalls auch Rehabilitationsträger, Jobcenter, Agenturen für Arbeit sowie Schuldner-, Drogen- und Suchtberatungsstellen.

Die kommunale Koordinierungsstelle vertritt die Anliegen der Jugendsozialarbeit auf kommunalpolitischer Ebene und gegenüber der (Fach-)Öffentlichkeit. Sie beteiligt sich – soweit sinnvoll – an Gremien, Steuerungskreisen etc. in dem durch das Programm beschriebenen Themenfeld und bemüht sich aktiv und frühzeitig um eine Verstetigung erfolgreicher Projekte. Zu diesem Zweck baut die Koordinierungsstelle auch Pressekontakte auf und betreibt Öffentlichkeitsarbeit.

2.2.2 Strukturelle Verankerung

Durch das ESF Plus-Programm wird der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe darin gestärkt, seine Verantwortung für die in den §§ 41 ff. SGB VIII festgelegten Aufgaben wahrzunehmen. Daher sollen die im Rahmen des Vorhabens durchgeführten Projekte vorrangig durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe koordiniert und gesteuert werden, der innerhalb der kommunalen Verwaltungsstruktur ((Land-)Kreis, kreisfreie Stadt oder Bezirk in einem Stadtstaat) für Maßnahmen für Care Leaver sowie (entkoppelte) junge Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind, zuständig ist.

Die Eingliederung der Koordinierungsstelle in die kommunale Verwaltungsstruktur ist so zu gestalten, dass sowohl eine Anbindung an die jeweilige Führungsebene/​strategische Ebene (zum Beispiel Dezernentin/​Dezernent, Landrätin/​Landrat, Oberbürgermeisterin/​Oberbürgermeister, Bürgermeisterin/​Bürgermeister oder Jugendhilfeausschuss) als auch an die operative Ebene (zum Beispiel Fachdienste und kommunale Gremien) sichergestellt ist.

3 Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt für die Teilnahme am ESF Plus-Programm sind örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Natürliche Personen können keine Zuwendung nach dieser Richtlinie erhalten.

Die Zuwendung kann gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Nummer 12 zu § 44 BHO teilweise an Dritte (Weiterleitungsempfänger) weitergeleitet werden. Der Zuwendungsempfänger ist für die zweckentsprechende Verwendung der von ihm weitergeleiteten Mittel durch den/​die Weiterleitungsempfänger verantwortlich.

4 Besondere Zuwendungsvoraussetzungen

Voraussetzung für die Gewährung einer Zuwendung ist, dass gemäß den Vorgaben in Nummer 7.1 ein fristgerechter und vollständiger Antrag eingereicht wurde und die Gesamtfinanzierung des Vorhabens sichergestellt ist.

Zuwendungen dürfen darüber hinaus nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Eine rückwirkende Förderung ist ausgeschlossen.

5 Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

Die Zuwendung wird im Wege der Projektförderung als Anteilsfinanzierung in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Dezember 2027 gewährt. Dabei kommen die für die Zielgebiete des ESF Plus geltenden Interventionssätze zur Anwendung.

Die Fördersätze betragen bis zu

40 Prozent für das Zielgebiet Stärker entwickelte Regionen (hierzu gehören die alten Bundesländer mit Land Berlin und Region Leipzig, ohne die Regionen Lüneburg und Trier),
60 Prozent für das Zielgebiet Übergangsregionen (hierzu gehören die neuen Bundesländer mit den Regionen Lüneburg und Trier, ohne Land Berlin und Region Leipzig).

Bemessungsgrundlage für den jeweiligen Interventionssatz sind die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben. Dabei sind mindestens

60 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben für das Zielgebiet Stärker entwickelte Regionen (hierzu gehören die alten Bundesländer mit Land Berlin und Region Leipzig, ohne die Regionen Lüneburg und Trier),
40 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben für das Zielgebiet Übergangsregionen (hierzu gehören die neuen Bundesländer mit den Regionen Lüneburg und Trier, ohne Land Berlin und Region Leipzig)

von den Antragstellenden als Eigenanteil (Kofinanzierung) aufzubringen.

Die Kofinanzierung erfolgt grundsätzlich in Form von Geldleistungen, kann aber auch durch Ausgaben für Personal des Zuwendungsempfängers/​Weiterleitungsempfängers erbracht werden, dass für die Mitarbeit im Projekt freigestellt ist (Personalgestellung). Geldleistungen sind grundsätzlich durch eigene öffentliche Mittel (Eigenmittel) zu erbringen, können aber auch durch Drittmittel erbracht werden. Zulässige Drittmittel sind andere öffentliche Mittel (Landesmittel) sowie nichtöffentliche Mittel Dritter, sofern diese Mittel nicht dem ESF Plus oder anderen EU-Fonds entstammen. Die Aufteilung der Finanzierungsquellen (ESF Plus-Mittel sowie nationale öffentliche Mittel und/​oder private nationale Mittel) ist vom Zuwendungsempfänger im Finanzierungsplan darzulegen. Es besteht ein Kumulationsverbot mit Förderungen, die aus anderen öffentlichen Programmen (EU, Bund, Länder) finanziert werden. Vorhandene kommunale Kooperationsstrukturen müssen einbezogen werden, um Doppelstrukturen zu vermeiden.

Zur Umsetzung der vier methodischen Bausteine sowie zur Wahrnehmung der inhaltlichen und administrativen Aufgaben im Vorhaben sind Personal- und Restkosten zuwendungsfähig.

Direkte Personalausgaben sowie Ausgaben ohne Geldfluss (Personalgestellung) werden auf Grundlage von Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2021/​1060 als Kosten je Einheit gewährt.

Honorare werden auf Grundlage von Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/​1060 nach tatsächlich angefallener Höhe abgerechnet. Zuwendungsfähig ist dabei nur die Honorarvergütung, die als Gegenleistung für die Tätigkeit gezahlt wird. Sämtliche Sachausgaben (zum Beispiel Nutzung von Infrastruktur, Materialaufwand) und Reisekosten in Zusammenhang mit der Honorarleistung sind im Honorarvertrag und in der Rechnung separat auszuweisen. Diese können nicht direkt abgerechnet werden.

Die förderfähigen Restkosten eines Vorhabens werden auf Grundlage von Artikel 56 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/​1060 in Form einer Restkostenpauschale gewährt. Die Höhe der Restkostenpauschale beträgt 22 Prozent der direkten förderfähigen Personalkosten. Als direkte förderfähige Personalausgaben gelten für diese Berechnung neben den direkten Personalausgaben und Ausgaben ohne Geldfluss (Personalgestellung) auch die Honorare. Indirekte Projektausgaben werden über diesen Pauschalsatz abgedeckt und können nicht als Eigenbeteiligung anerkannt werden.

Die maximale Zuschusshöhe für eine Förderung aus dem ESF Plus beträgt pro Antragstellerin/​Antragsteller:

im Jahr 2022 bis zu 83 333,33 Euro
im Jahr 2023 bis zu 200 000 Euro,
im Jahr 2024 bis zu 250 000 Euro,
in den Jahren 2025 bis 2027 bis zu 300 000 Euro.

Sofern die mit dem Zuwendungsbescheid festgelegte Höhe der mindestens zu erbringenden Kofinanzierung der Antragstellenden nicht im Förderzeitraum (1. August 2022 bis 31. Dezember 2027) erbracht wird, kann dies zu einer anteiligen Reduzierung der bewilligten ESF Plus-Mittel führen. Kann aufgrund der fehlenden Kofinanzierung und der damit nicht mehr gesicherten Gesamtfinanzierung der Zuwendungszweck nicht erreicht werden, können ein Widerruf des Zuwendungsbescheids und eine Rückforderung der gewährten Zuwendungen erfolgen.

Einzelheiten sind in den Fördergrundsätzen für Zuwendungen aus dem Europäischen Sozialfonds Plus – Förderperiode 2021 bis 2027 (Fördergrundsätze) geregelt.

6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen

6.1 Bereichsübergreifende Grundsätze (ehemals Querschnittsziele) und ökologische Nachhaltigkeit

In allen Phasen der Programmplanung und -umsetzung sind gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) 2021/​1060 in Verbindung mit Artikel 6 der Verordnung (EU) 2021/​1057 die bereichsübergreifenden Grundsätze Gleichstellung der Geschlechter und Antidiskriminierung unter Hinzunahme des Ziels der ökologischen Nachhaltigkeit integriert und/​oder als spezifischen Ansatz sicherzustellen. Es sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Niemand darf aufgrund des Geschlechts, der Hautfarbe oder ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung diskriminiert werden. Barrieren der Teilhabe sollen abgebaut und die Barrierefreiheit sowie Inklusion gefördert werden. In diesem Zusammenhang muss zudem gemäß Artikel 15 in Verbindung mit Anhang III der Verordnung (EU) 2021/​1060 das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Übereinstimmung mit dem Beschluss 2010/​48/​EG des Rates eingehalten und geachtet werden. Entsprechend Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/​1057 sowie Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/​1060 darf bei der Programmplanung und -umsetzung die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) und das damit verbundene Ziel, die fundamentalen Rechte der EU-Bürgerinnen und Bürger zu sichern, nicht verletzt werden.

6.2 Mitwirkung/​Datenspeicherung

Die Zuwendungsempfänger und gegebenenfalls beteiligte Stellen sind verpflichtet, im Rahmen der Finanzkontrolle durch die in Nummer 7.5 genannten Stellen mitzuwirken und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Mit dem Antrag erklären sich die Antragstellenden damit einverstanden, die notwendigen Daten für die Projektbegleitung, Projektbewertung/​Evaluierung, Projektfinanzverwaltung und Überprüfung/​Prüfung zu erheben, zu speichern und an die beauftragten Stellen weiterzuleiten. Für Prüfzwecke benötigte Dokumente, die nicht bereits elektronisch vorgelegt wurden, sind auf Anforderung der prüfenden Stelle in elektronischer Form zu übermitteln. Die Erfüllung der Berichtspflichten und die Erhebung und Pflege der Daten sind Voraussetzung für den Abruf von Fördermitteln bei der Europäischen Kommission und deren Auszahlung.

6.3 Monitoring und Evaluierung des Programms

Die Zuwendungsempfänger sind grundsätzlich verpflichtet, die gemeinsamen Outputindikatoren für ESF Plus-Interventionen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) 2021/​1057 als auch weitere programmrelevante Daten zu erheben und dem Zuwendungsgeber zu vorgegebenen Zeitpunkten zu übermitteln.

Dazu erheben sie diese Daten bei den Teilnehmenden und den beteiligten Akteuren eines Projektes. Insbesondere informieren die Zuwendungsempfänger die am Projekt Teilnehmenden über die Rechtsgrundlage, den Zweck und den Umfang der Datenverarbeitung sowie die Rechte der Teilnehmenden gemäß Datenschutz-Grundverordnung und dokumentieren dies im vorgegebenen IT-System.

Zudem sind die Zuwendungsempfänger verpflichtet, mit den für das Monitoring und die Evaluierung des Programms beauftragten Stellen zusammenzuarbeiten. Insbesondere müssen sie die erforderlichen Projektdaten zur finanziellen und materiellen Steuerung in das dafür eingerichtete IT-System regelmäßig eingeben. Die erhobenen Daten bilden die Grundlage für die Berichtspflichten der ESF-Verwaltungsbehörde gegenüber der Europäischen Kommission.

6.4 Transparenz der Förderung

Die Zuwendungsempfänger erklären sich damit einverstanden, dass unter anderem, entsprechend Artikel 49 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/​1060, Informationen öffentlich zugänglich (beispielsweise auf der Webseite der ESF-Verwaltungsbehörde www.esf.de) sind, wie beispielsweise:

bei juristischen Personen: Name der/​des Begünstigten,
Bezeichnung des Vorhabens,
Zweck und erwartete und tatsächliche Errungenschaften des Vorhabens,
Datum des Beginns des Vorhabens,
voraussichtliches oder tatsächliches Datum des Abschlusses des Vorhabens,
Gesamtkosten des Vorhabens,
betroffenes spezifisches Ziel,
Unions-Kofinanzierungssatz,
bei Vorhaben ohne festen Standort oder Vorhaben mit mehreren Standorten:
Standort des Begünstigten, an dem er Rechtsträger ist, beziehungsweise die Region auf NUTS-2-Ebene, wenn der Begünstigte eine natürliche Person ist,
Postleitzahl des Vorhabens oder andere angemessene Standortindikatoren,
Art der Intervention für das Vorhaben gemäß Artikel 73 Absatz 2 Buchstabe g der Verordnung (EU) 2021/​1060.

Die Zuwendungsempfänger erklären sich weiterhin damit einverstanden, dass sie zur Sicherstellung der Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben und zur Verhütung und Aufdeckung von Betrug die nach Artikel 69 Absatz 2 und Artikel 72 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2021/​1060 zu erhebenden Daten des Anhangs XVII der Verordnung (EU) 2021/​1060 im dafür eingerichteten IT-System erfassen. Diese Daten umfassen teilweise sensible beziehungsweise persönliche Daten zur Person oder zum Unternehmen und, falls vorhanden, zu allen wirtschaftlichen Eigentümern und allen Auftragnehmenden und deren wirtschaftlichen Eigentümern und Verträgen. Um den geltenden Datenschutzvorschriften zu genügen, müssen die Vorgaben der Verwaltungsbehörde zur Erfüllung der Informationspflicht nach Artikel 14 DSGVO umgesetzt werden.

6.5 Kommunikation

Mit ihrem Antrag verpflichten sich die Antragstellenden dazu, den Anforderungen an die Informations- und Publizitätsmaßnahmen der Begünstigten im Hinblick auf Sichtbarkeit und Transparenz gemäß Artikel 46 Buchstabe a, Artikel 47 sowie Artikel 50 in Verbindung mit Anhang IX der Verordnung (EU) 2021/​1060 zu entsprechen und auf eine Förderung des Programms durch den ESF Plus hinzuweisen. Einzelheiten werden im Zuwendungsbescheid geregelt.

6.6 IT-System

Das gesamte ESF Plus-Zuwendungsverfahren wird elektronisch über das Projektverwaltungssystem Förderportal Z-EU-S (www.foerderportal-zeus.de) abgewickelt.

Schriftform erforderliche Vorgänge sind elektronisch zu „unterzeichnen“. Dies erfolgt bei jeder Schriftform erforderlichen Einreichung über die in Z-EU-S bereitgestellten elektronischen Formulare und der Identitätsnachweis mittels des kostenlosen eID-Services von Z-EU-S oder – alternativ – durch Aufbringen einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) auf das PDF-Exportdokument des eingereichten Vorgangs unter Verwendung einer entsprechenden QES-Signaturlösung (für Details wird auf die Online-Hilfe von Z-EU-S verwiesen). In Ausnahmefällen kann bei der Bewilligungsbehörde die Nachreichung der Unterschrift auf postalischem Wege beantragt werden.

Behördenseitig wird grundsätzlich mittels QES unterschrieben und werden die signierten Bescheide in Z-EU-S zur Verfügung gestellt. Bei Ausfall oder Nichtverfügbarkeit der Technik kann in Ausnahmefällen ein Bescheid auch in Papierform zugehen.

Auf der Eingangsseite des Förderportals Z-EU-S (www.foerderportal-zeus.de) sind Informationen über die Registrierung für das Förderportal Z-EU-S und ein Hilfe-Service abrufbar.

6.7 Erfahrungsaustausch/​Wissenstransfer

Die Zuwendungsempfänger verpflichten sich, an einem programmweiten Erfahrungsaustausch in Form von Workshops und Fachkonferenzen sowie an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen.

7 Verfahren

Die Auswahl der Projekte erfolgt über ein zweistufiges Verfahren. Es besteht aus einem Interessenbekundungsverfahren (erste Stufe) und einem Antragsverfahren (zweite Stufe). Im Anschluss daran folgt das Bewilligungsverfahren. Eine Antragsstellung (zweite Stufe) ist nur nach vorheriger Teilnahme am Interessenbekundungsverfahren möglich.

7.1 Antragsverfahren

Nach Abschluss des Interessenbekundungsverfahrens werden die für eine Förderung in Frage kommenden Teilnehmenden des Interessenbekundungsverfahrens aufgefordert, innerhalb einer Frist von acht Wochen einen förmlichen Förderantrag zu stellen. Der Stichtag für die Frist wird mit der Aufforderung zur Antragstellung bekannt gegeben. Das ESF Plus-Zuwendungsverfahren wird elektronisch über das Förderportal Z-EU-S (www.foerderportal-zeus.de) abgewickelt. Die potenziellen Vorhabenträger haben einen förmlichen Förderantrag in elektronischer Form über das Förderportal Z-EU-S bei der bewilligenden Stelle

Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben
Referat 402 – Geschäftszimmer Stichwort „JUGEND STÄRKEN: Brücken in die Eigenständigkeit“
An den Gelenkbogenhallen 2 – 6
50679 Köln

einzureichen. Stehen keine Möglichkeiten einer elektronischen Zeichnung zur Verfügung kann eine postalische Einsendung erfolgen.

Für die Einhaltung der Frist ist die elektronische Einreichung des Antrags über das Förderportal Z-EU-S beziehungsweise der Posteingangsstempel beim BAFzA maßgeblich.

Im Rahmen der Antragstellung ist für den beantragten Förderzeitraum (ab 1. August 2022 bis 31. Dezember 2027) ein Finanzierungsplan vorzulegen, der die geplanten Ausgaben und deren Finanzierung ausweist. Die Angaben zur Finanzierung beinhalten verbindliche Erklärungen zur Erbringung des Eigenanteils, aus denen die Art und Höhe der kommunalen Kofinanzierung hervorgeht. ESF Plus-Fördermittel sind im Rahmen der Antragstellung als Gesamtausgaben auszuweisen. Dem Antrag ist eine Erklärung zur Kofinanzierung beizufügen, aus der die Höhe und der Zeitraum der Kofinanzierung für das beantragte Vorhaben hervorgehen. Die Erklärung muss außerdem eine Bestätigung zum Ausschluss der Doppelförderung durch Mittel des Europäischen Sozialfonds Plus oder anderen EU-Strukturfonds beinhalten. Ist geplant, im Rahmen der Kofinanzierung Mittel Dritter einzubringen, sind diese im Rahmen der Kofinanzierungserklärung durch Zusagen der Mittelgeber nachzuweisen.

Sofern nach Abschluss des Interessenbekundungsverfahrens Aktualisierungen am geplanten Vorhaben vorgesehen sind, enthält der Antrag auch eine angepasste Projektskizze.

Fachliche und technische Hinweise zum Antragsverfahren sind auf dem Förderportal Z-EU-S veröffentlicht.

7.2 Bewilligungsverfahren

Die Fördergrundsätze, abrufbar unter www.esf.de, sind zu beachten.

7.3 Anforderungs- und Auszahlungsverfahren

Die Auszahlung der ESF Plus-Fördermittel erfolgt gemäß der in Nummer 1.2 genannten Besonderen Nebenbestimmungen für ESF Plus-Zuwendungen im Wege der Erstattung der tatsächlich im Vorhaben angefallenen Ausgaben (Erstattungsverfahren). Sämtliche Projektausgaben müssen daher durch den Zuwendungsempfänger beziehungsweise Weiterleitungsempfänger vorfinanziert werden. Einzelheiten werden in den Fördergrundsätzen geregelt.

7.4 Verwendungsnachweis

Abweichend von Nummer 6 BNBest-P-ESF-Bund und Nummer 6 BNBest-Gk-ESF-Bund ist der Verwendungsnachweis spätestens vier Monate nach Erfüllung des Zuwendungszwecks vorzulegen. Die Zwischennachweise sind jährlich, spätestens vier Monate nach Jahresende, vorzulegen.

Ausgaben, die auf Grundlage von Pauschalen gemäß Nummer 6.2.3 BNBest-P-ESF-Bund und Nummer 6.4.1 BNBest-Gk-ESF-Bund abgerechnet werden, sind in einer Summe in der Belegliste aufzuführen. Der Zuwendungsempfänger bestätigt, dass Ausgaben für den Zweck, für den die Pauschale gewährt wurde, tatsächlich angefallen sind und die Einhaltung der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung gewahrt wurde.

Soweit die Verwendungsbestätigung nicht erbracht wird, kann die Bewilligungsbehörde den Zuwendungsbescheid nach § 49 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) mit Wirkung auch für die Vergangenheit ganz oder teilweise widerrufen und die Zuwendung, auch wenn sie bereits verwendet worden ist, zurückfordern.

7.5 Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die §§ 48 bis 49a VwVfG, die §§ 23, 44 BHO und die hierzu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen von den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zugelassen worden sind.

Der Bundesrechnungshof ist gemäß § 91 BHO zur Prüfung berechtigt. Zusätzlich prüfberechtigt sind die Europäische Kommission, der Europäische Rechnungshof, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, die Europäische Staatsanwaltschaft, die ESF-Verwaltungsbehörde und die ESF-Prüfbehörde des Bundes sowie ihre zwischengeschalteten Stellen gemäß Nummer 7.4 BNBest-P-ESF-Bund und Nummer 7.4 BNBest-Gk-ESF-Bund.

8 Programmumsetzung

Dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend obliegt die Steuerung des ESF Plus-Programms „JUGEND STÄRKEN: Brücken in die Eigenständigkeit“. Mit der Koordinierung und fördertechnischen Umsetzung des Programms ist das BAFzA – Referat 402 ESF Förderprogramme I – beauftragt.

9 Geltungsdauer

Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung auf der Internetseite www.esf.de in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2027.

Bonn, den 29. August 2024

Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Im Auftrag
Frederik Jansen

1
Unter Housing First werden verschiedene Projektansätze subsumiert, die Wohnraum für Wohnungslose zur Verfügung stellen und den Bezug und Erhalt des Wohnraums an keine oder nur wenige Bedingungen knüpfen.

Leave A Comment