Wir haben dazu einen befreundeten Juristen befragt. Hier seine Antwort:Es sprechen mehr Gründe dafür, dass die Forderung des Rechtsanwalts als gemeinsamer Vertreter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Future Business KGaA so nicht begründet ist, als für ihre Begründung:
- Grundsätzlich ist jeder Gläubiger, der für die Wahl des jeweiligen Vertreters und seiner Tätigkeit gestimmt hat, in der Gläubigerversammlung davon ausgegangen, dass die Vergütung des jeweiligen gemeinsamen Vertreters aus der Masse erfolgt. Der jeweilige Vertreter war derselben Ansicht. Diese Grundlage – Vergütung aus der Masse – wurde vom BGH im Grundsatz gekippt. Will man dies nun unter eine (rückwirkende) „Geschäftsführung ohne Auftrag“ subsumieren, dann stellt sich die Frage, ob die zu vergütende Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters im Interesse des jeweiligen Gläubigers erfolgte. Dazu gehört auch das Kosteninteresse. Es dürfte aber nicht im Kosteninteresse des jeweiligen Gläubigers gewesen sein, eine bereits früher angemeldete Forderung neu (und nun kostenauslösend) anzumelden. Hier stellt sich also die Frage, ob bereits eine Forderungsanmeldung vorlag.
- Die Höhe der geltend gemachten Gebühren ist fraglich. Für eine Forderungsanmeldung dürfte eine 0,5-Gebühr nach RVG angemessen sein. Ob eine darüber hinaus gehende Tätigkeit unter Gebührenaspekten – wie etwa die Vertretung im gesamten Verfahren durch (welche konkrete?) weitere Tätigkeit des Vertreters – im Interesse des jeweiligen Gläubigers liegt, ist fraglich.
- Die Rechtsfrage ist gleichwohl offen. Gleichwohl dürfte unwahrscheinlich sein, dass der jeweilige Vertreter gleichzeitig alle Gläubiger verklagt und diese Prozesse sämtlich parallel führen kann und will. Wahrscheinlicher ist, dass er zunächst ein Mahnverfahren anstrengt. Dort kann der Gläubiger widersprechen oder Einspruch erheben (gegen einen Vollstreckungsbescheid). Im letzteren Fall hat der gemeinsame Vertreter nur die Notfrist von zwei Wochen zur materiellen Begründung seiner Forderung. Ob er dies in hunderten oder gar tausenden Fällen gleichzeitig schafft, ist auch eine Frage der Logistik sowie der Verhältnismäßigkeit für beispielsweise eine Forderung in Höhe von 300,00 Euro.
- Hinzu kommt die Frage, ob ein gemeinsamer Vertreter, der für GenussRECHTS-Gläubiger gewählt wurde, wirksam gewählt wurde, d.h. § 19 SchVG entsprechend anwendbar war. Dies beurteilt das OLG Dresden uneinheitlich. Bisherige Tendenzen des BGH lassen aber darauf schließen, dass § 19 SchVG durchaus entsprechend anwendbar ist. Diese Frage betrifft ebenfalls die Grundlage der Tätigkeit für die geltend gemachte Vergütung.
Es dürfte zu erwarten sein, dass der gemeinsame Vertreter erst einmal wenige Prozesse mit Signalwirkung führt zur Klärung der Frage. An dem Ergebnis kann sich der jeweilige Gläubiger dann orientieren. Ebenso könnte er unter Vorbehalt bereits jetzt zahlen und ggf. zurück fordern.
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