Es weihnachtet sehr – zumindest in den Straßen von Paris. In der französischen Regierung hingegen herrscht eher Endzeitstimmung als besinnliche Vorfreude. Premierminister Michel Barnier und sein Team taumeln wie ein Weihnachtsbaum im Sturmwind auf ihr Ende zu. Das legendäre „D-Day-Papier“, auch bekannt als Haushaltsentwurf für 2025, sorgt für reichlich Kopfschütteln, Kritik und Marktkollaps. Doch Barnier bleibt tapfer – wenn auch etwas schief in der Kurve – und warnt vor einem „Sturm auf den internationalen Finanzmärkten“. Klingt fast so, als wäre dieser Sturm das Highlight seiner Weihnachtsfeier.
Haushalt oder Hölle?
Frankreichs Finanzzahlen lesen sich wie das Drehbuch einer Tragikomödie. Staatsschulden? Über 110 Prozent der Wirtschaftsleistung. Haushaltsdefizit? Doppelt so hoch wie erlaubt – aber wer zählt das schon so genau? Der EU ist’s jedenfalls nicht egal: Sie hat Frankreich längst ins Defizit-„Naughty List“-Verfahren gesteckt.
Barnier präsentiert stolz einen Plan, um 60 Milliarden Euro einzusparen. Zwei Drittel durch Sparmaßnahmen, der Rest durch Steuererhöhungen. Klingt einfach, oder? Nicht, wenn 400 Großunternehmen mit einem Umsatz über einer Milliarde Euro die Rechnung zahlen sollen. Der Präsident Emmanuel Macron, der einst als Retter der Wirtschaft gefeiert wurde, sieht sich nun mit Vorwürfen konfrontiert, er habe den „Unternehmerfreund“ gegen einen „Steuereintreiber“ eingetauscht. Fröhliche Weihnachten!
Parlament? Nicht nötig, danke!
Da die Regierung über keine Mehrheit im Parlament verfügt, bleibt Barnier nur ein Rettungsanker: der berüchtigte Verfassungsartikel 49.3. Damit könnte er den Haushalt ohne Abstimmung durchdrücken. Der Haken? Es folgt ein Misstrauensvotum, und das könnte ihm das politische Genick brechen. Marine Le Pen und ihre rechtspopulistische Rassemblement National-Partei, die plötzlich das Schicksal der Regierung in den Händen hält, genießen derweil die Show. Noch im Oktober wollte Le Pen dem Misstrauensvotum nicht zustimmen – jetzt hat sie offenbar Lust auf ein vorweihnachtliches Drama. Vielleicht plant sie einen politischen Putsch als Silvester-Highlight? Man darf gespannt sein.
Ein Finanzminister im Dauerstress
Während Barnier durch die politischen Trümmer watet, darf Finanzminister Antoine Armand, gerade mal 33 Jahre alt, das Undankbare tun: die Wirtschaft beruhigen und gleichzeitig Zugeständnisse machen. Er warnt vor einem „Szenario wie in Griechenland“ – ein bisschen Panikmache gehört schließlich zum guten Ton. Die Märkte allerdings sind wenig beeindruckt. Französische Staatsanleihen fallen im Wert, Investoren werfen sie wie heiße Kastanien auf den Markt, und die Zinsen steigen schneller als die Preise für Weihnachtsbäume. Selbst Griechenland, der einstige Prügelknabe der Eurozone, bietet aktuell die gleichen Anleiherenditen wie Frankreich. Ein Kompliment? Wohl kaum.
Weihnachten in der Warteschleife
Die entscheidenden Tage stehen kurz bevor: Am 18. Dezember könnte Barnier den Haushalt per 49.3 durchdrücken. Zwei Tage später droht das Misstrauensvotum – ein Timing, das Frankreich pünktlich zu den Feiertagen in die nächste politische Krise stürzen könnte. Während andere sich auf Lebkuchen und Lichterglanz freuen, könnte Paris sich mit einer handlungsunfähigen Regierung herumschlagen. Frohe Festtage!
Egal, wie die Geschichte ausgeht, eines ist sicher: Frankreich liefert wieder einmal ein politisches Drama, das die Eurozone in Atem hält. Ob Barnier, Le Pen oder irgendein anderer Protagonist als Sieger aus diesem Chaos hervorgeht, bleibt ungewiss. Klar ist nur, dass die Franzosen ein Händchen dafür haben, Politik und Theater auf höchstem Niveau zu vereinen. Und so bleibt uns nur, den Rotwein einzuschenken und zuzusehen, wie die Bühne Frankreich ein weiteres Spektakel liefert. Santé!
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