Startseite Allgemeines Fußballturnier trotz Firmenunterstützung keine Betriebsveranstaltung: Bundessozialgericht entscheidet gegen Anerkennung als Arbeitsunfall (Az. B 2 U 14/22 R)
Allgemeines

Fußballturnier trotz Firmenunterstützung keine Betriebsveranstaltung: Bundessozialgericht entscheidet gegen Anerkennung als Arbeitsunfall (Az. B 2 U 14/22 R)

Daniel_B_photos (CC0), Pixabay
Teilen

Martin Marschke*, Lagerarbeiter in einem großen Tiefkühlkost-Unternehmen, erlebte kürzlich eine bittere Enttäuschung: Er verletzte sich bei einem jährlich stattfindenden Fußballturnier, an dem fußballbegeisterte Mitarbeiter der Firma teilnehmen. Dabei zog er sich eine schmerzhafte Knieverletzung zu, die ihn für einige Zeit arbeitsunfähig machte. Doch als er hoffte, dass die gesetzliche Unfallversicherung für die Folgen seiner Verletzung aufkommen würde, erlebte er eine unangenehme Überraschung – die Berufsgenossenschaft verweigerte die Anerkennung als Arbeitsunfall. Letztlich bestätigte auch das Bundessozialgericht die Entscheidung: Das Fußballturnier sei keine Betriebsveranstaltung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.

Ein Event mit Tradition, aber ohne Versicherungsschutz

Das besagte Fußballturnier hat in Marschkes Firma bereits eine langjährige Tradition. Jedes Jahr treten fußballbegeisterte Mitarbeiter verschiedener Unternehmensstandorte gegeneinander an, und das Siegerteam des Vorjahres organisiert das Event im Folgejahr. So auch in diesem Fall: Die Niederlassung, die im letzten Jahr den begehrten Pokal gewonnen hatte, war für die Ausrichtung des Turniers verantwortlich. Das Unternehmen selbst übernahm großzügig die anfallenden Kosten, stiftete den mit großem Stolz verbundenen Siegerpokal und unterstützte das Turnier in organisatorischer Hinsicht. Doch diese Unterstützung, so stellte das Gericht klar, macht das Event noch lange nicht zu einer offiziellen Betriebsveranstaltung.

Martin Marschke, der sich als leidenschaftlicher Fußballer auf das Turnier gefreut hatte, spielte mit vollem Einsatz, bis es zu dem folgenschweren Foul kam. Eine unglückliche Kollision führte dazu, dass er sich das rechte Knie verdrehte und sofort vom Spielfeld getragen werden musste. Die Diagnose: Eine ernsthafte Knieverletzung, die eine längerfristige Auszeit von der Arbeit erforderlich machte. Er wandte sich an die Berufsgenossenschaft und meldete den Vorfall als Arbeitsunfall, in der Hoffnung, dass die gesetzliche Unfallversicherung für seine medizinischen Kosten und die Ausfallzeit aufkommen würde.

Das Urteil: Kein Arbeitsunfall

Die Ernüchterung kam prompt. Die Berufsgenossenschaft lehnte Marschkes Antrag ab und argumentierte, dass es sich bei dem Fußballturnier um eine Freizeitaktivität handle, die nicht im Zusammenhang mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten stehe. Daraufhin ging der Fall vor Gericht, doch auch das Bundessozialgericht bestätigte in letzter Instanz die Entscheidung der Berufsgenossenschaft.

Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die Teilnahme an dem Fußballturnier keine betriebliche Pflicht für Herrn Marschke als Lagerarbeiter gewesen sei. Zwar habe das Unternehmen das Event finanziell und organisatorisch unterstützt, doch dies mache das Turnier nicht zu einer offiziellen Betriebsveranstaltung oder zu einem Teil des Betriebssports. Besonders wichtig: Das Turnier war nur für fußballbegeisterte Mitarbeiter offen und damit nicht als allgemeine, für alle Beschäftigten zugängliche Veranstaltung konzipiert. Es handelte sich daher nicht um eine Aktivität, die als Betriebssport im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannt werden könne.

Freiwilliger Spaß mit Risiko

Das Bundessozialgericht betonte außerdem, dass Betriebssport – also sportliche Aktivitäten, die im Rahmen der Gesundheitsförderung von Arbeitgebern organisiert werden – nur dann versichert sei, wenn dieser Sport regelmäßig stattfinde und allen Beschäftigten offenstehe. Im Falle des Fußballturniers war jedoch von vornherein klar, dass es nur auf den fußballbegeisterten Teil der Belegschaft beschränkt war. Außerdem fand das Turnier nur einmal jährlich statt und nicht in regelmäßigen Abständen, wie es für versicherten Betriebssport erforderlich wäre.

Auch wenn Marschke durch seine Teilnahme die Unternehmenskultur stärken und den Teamgeist fördern wollte, spielte dies für das Gericht keine Rolle. Die gesetzliche Unfallversicherung greift hier nicht, da die Teilnahme an dem Turnier als freiwillige Freizeitbeschäftigung gewertet wurde, die keinen direkten Zusammenhang mit der Erfüllung der beruflichen Pflichten hatte.

Fazit: Keine Versicherung für Freizeitvergnügen

Das Urteil des Bundessozialgerichts zeigt einmal mehr, dass nicht jede Aktivität, die vom Arbeitgeber unterstützt oder organisiert wird, automatisch unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt. Selbst wenn das Unternehmen die Kosten trägt und Preise stiftet, wie im Fall des Fußballturniers, ist entscheidend, ob es sich um eine Pflichtveranstaltung oder um eine allen Mitarbeitern offenstehende Aktivität handelt. In Marschkes Fall war das Fußballturnier eine freiwillige Freizeitbeschäftigung – und das führte dazu, dass er nach seiner Verletzung auf den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung verzichten musste.

Beschluss des Bundessozialgerichts vom 26. September 2024 (Az. B 2 U 14/22 R

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

Pflegebeitrag steigt ab Januar 2025 um 0,2 Prozentpunkte

Der Bundesrat hat am 20. Dezember 2024 der Verordnung zur Anpassung des...

Allgemeines

Magdeburg: Ermittlung und Trauer nach der Amokfahrt – Ein Überblick

Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am Freitagabend hat eine tiefe Wunde...

Allgemeines

Trump und die Realität: Von der „gewaltigen Mandats“-Behauptung zu ersten Stolpersteinen in Washington

Donald Trump ist noch nicht einmal offiziell ins Weiße Haus zurückgekehrt, doch...