Die Gefängnisse sind voll, leider mit den falschen Leuten. Das ist das Ergebnis einer Anhörung im Bundestag in diesen Tagen. Was tun?
Cum Ex Betrüger lachen noch
Im Strafrecht gibt es eine schiefe Diskussion. Gefühlt ist immer alles unsicherer geworden. Die aktuellen Statistiken sprechen vom Gegenteil. Die Wahrscheinlichkeit Opfer einer Straftat zu werden, ist geringer geworden. Hierüber hatten wir in diesen Tagen berichtet.
Die Erfassung der Kriminalität macht Schwierigkeiten; hier soll nach dem Willen mancher Politiker die statistische Erfassung optimiert werden.
Wirtschaftskriminellen geht es in Deutschland besonders gut, weil die Vermögensbeschlagnahme nicht richtig funktioniert. Stammtischdiskussionen sind sinnlos: die paar böse Ausländer, die zu Unrecht Kindergeld beziehen, sind nichts gegen diejenigen, die die Staatskasse gestohlen haben. Die Politiker stürzen sich zur Zeit lieber auf die Kindergeldbetrüger.
Cum Ex – die Schatzkasse des Staates stehlen und dann noch nicht einmal eine Anklage?
Wer sitzt im Gefängnis? Arme Schlucker, die zu blöd sind Formulare auszufüllen
Ein Ausschuss im Bundestag beschäftige sich mit der Frage, ob Gefängnis für Personen angezeigt ist, die kleinere Geldstrafen für Schwarzfahren und Ladendiebstahl nicht zahlen. Wer nicht zahlt, muss im Gefängnis brummen. Das ist bisher die Regel. Gegen eine Aufhebung der Ersatzfreiheitsstrafe sprach sich die Mehrheit der Sachverständigen in einer Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz aus. Die Linke will das ändern: Gefängnis macht keinen Sinn, kostet den Steuerzahler Geld. Nach dem Antrag sollen die entsprechenden Regelungen im Strafgesetzbuch ersatzlos gestrichen und die gemeinnützige Arbeit zur Abwendung der Pfändung durch eine neue bundesgesetzliche Regelung gestärkt werden. Die Ersatzfreiheitsstrafe sei in ihrer aktuellen Konzeption und ihrer praktischen Anwendung ein Instrument der Diskriminierung von einkommens- und vermögensschwachen Menschen, die häufig am Existenzminimum leben, heißt es im Gesetzentwurf. Eine freiheitsentziehende Bestrafung dürfe nur dann in Betracht kommen, wenn andere Mittel nicht hinreichend wirksam sind.
In Anbetracht einer aus ihrer Sicht fehlenden Alternative plädierten die meisten der von den Fraktionen eingeladenen acht Experten aus Rechtssprechung und Wissenschaft trotz einiger Kritikpunkte für die Beibehaltung der bisherigen Regelung der Ersatzfreiheitsstrafe. Davon abweichend meinte der Leiter der Berliner Justizvollzugsanstalt Plötzensee, Uwe Meyer-Odewald, Ersatzfreiheitsstrafen seien zumindest für Bagatellstraftaten wie Schwarzfahren aus kriminalpolitischer nicht mehr vertretbar. Die vorrangige Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit sei grundsätzlich deren Vollstreckung vorzuziehen. Die gegenwärtige Lösung gehe am Bedarf der Betroffenen vorbei und zu Lasten des Justizvollzugs.
Wir brauchen Lehrerinnen und keine neuen Gefängnisse
Viele der aufgrund einer Ersatzfreiheitsstrafe Einsitzenden benötigten eine intensive Betreuung, die eine Justizvollzugsanstalt aber nicht leisten könne, sagte Meyer-Odewald. Den Kosten von rund 150 Euro pro Tag stünden Tagessätze von 10 bis 15 Euro gegenüber. Für unsinnige Maßnahmen würde Millionen ausgegeben. Dieses Geld könne besser angelegt werden.
Die empirische Forschung belege, dass die Ersatzfreiheitsstrafe als Ultima Ratio zu einem großen Teil die Folge von nicht gezahlten Geldstrafen wegen geringer Eigentumsdelikte und Schwarzfahrens sei. Sie sei daher ein soziales Problem, das auf Bundesebene gelöst werden müsse. Die Betroffenen seien oft sozial Benachteiligte und Obdachlose, die klassische Armutsdelikte begingen. Menschen dürften nicht aus Armutsgründen im Gefängnis landen.
Dagegen spricht: Eine Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe würde für eine beachtliche Gruppe von vermögens- und einkommenslosen sowie arbeitsunfähigen oder -unwilligen Verurteilten im Ergebnis zur Straffreiheit führen.
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