Interviewer: Frau Bntschev, die BaFin warnt regelmäßig vor Geldwäsche. Warum ist das Thema so wichtig, und was genau versteht man eigentlich unter Geldwäsche?
Kerstin Bntschev: Geldwäsche bedeutet, dass Kriminelle Geld, das sie durch illegale Geschäfte – wie Drogenhandel, Menschenhandel oder Betrug – verdient haben, in den legalen Geldkreislauf einschleusen. Sie wollen damit die wahre Herkunft des Geldes verschleiern. Das Ziel ist, dass das Geld „sauber“ aussieht, damit es in Immobilien, Autos oder andere legale Geschäfte investiert werden kann. Ohne Geldwäsche könnten viele kriminelle Netzwerke gar nicht funktionieren, denn sie brauchen dieses „saubere“ Geld, um ihre illegalen Aktivitäten zu finanzieren und auszubauen.
Interviewer: Können Sie uns ein einfaches Beispiel für Geldwäsche geben?
Kerstin Bntschev: Natürlich. Stellen Sie sich vor, ein Drogendealer verdient jeden Monat große Summen Bargeld durch seine illegalen Geschäfte. Er kann dieses Geld aber nicht einfach so auf ein Bankkonto einzahlen, weil die Bank nach der Herkunft des Geldes fragen würde. Also eröffnet er ein Restaurant – nennen wir es „La Dolce Vita“. Aber das Restaurant hat eigentlich kaum Kunden. Trotzdem gibt er an, dass es sehr erfolgreich sei und hohe Einnahmen erzielt. Das schmutzige Geld wird nun als vermeintlicher Umsatz des Restaurants in die Bücher eingetragen. Auf diese Weise sieht es so aus, als stamme das Geld aus legalen Geschäften. Das ist ein typischer Geldwäsche-Fall.
Interviewer: Welche Gefahren entstehen durch Geldwäsche für die Gesellschaft?
Kerstin Bntschev: Die Gefahren sind enorm. Erstens untergräbt Geldwäsche das Vertrauen in die Wirtschaft, weil Kriminelle so ihre illegalen Gewinne legalisieren und damit sogar legale Geschäfte übernehmen können. Zweitens verzerrt sie den Wettbewerb. Unternehmen, die mit illegalem Geld gestützt werden, können günstiger arbeiten als ehrliche Betriebe. Und drittens stärkt jeder gewaschene Euro die organisierte Kriminalität, die dadurch weiter Menschen ausbeuten, Waffen kaufen oder neue Verbrechen planen kann. Langfristig wird dadurch unser Rechtsstaat geschwächt.
Interviewer: Die BaFin hat kürzlich eine Warnung zu einem Finanzdienstleister herausgegeben. Was sollten Anleger tun, wenn sie auf ein solches Unternehmen hereingefallen sind?
Kerstin Bntschev: Wenn Anleger feststellen, dass sie einem unseriösen Anbieter aufgesessen sind, sollten sie sofort handeln. Hier sind die wichtigsten Schritte:
- Zahlungen stoppen und die Bank informieren: Wenden Sie sich umgehend an Ihre Bank oder Ihren Zahlungsdienstleister. Möglicherweise können Zahlungen noch rückgängig gemacht werden, vor allem bei Lastschriften oder Kreditkartenzahlungen.
- Strafanzeige erstatten: Melden Sie den Vorfall der Polizei und erstatten Sie Strafanzeige wegen Betrugs. Die Behörden können dann ermitteln, ob es sich um einen größeren Fall von Geldwäsche oder anderen Straftaten handelt.
- Rechtlichen Beistand einholen: Ein auf Kapitalmarkt- oder Wirtschaftsstrafrecht spezialisierter Anwalt kann prüfen, welche rechtlichen Ansprüche Sie geltend machen können – sei es gegen das Unternehmen selbst oder eventuell gegen Dritte, die in den Betrug verwickelt sind.
- BaFin und Verbraucherzentralen informieren: Melden Sie den Fall auch der BaFin und suchen Sie Unterstützung bei Verbraucherzentralen. Diese können Ihnen helfen, weitere Schritte zu planen und auf die Probleme aufmerksam machen, damit andere gewarnt werden.
Interviewer: Was können Unternehmen tun, um nicht unbewusst in Geldwäsche verwickelt zu werden?
Kerstin Bntschev: Unternehmen sollten klare Maßnahmen ergreifen, um sich vor Geldwäsche zu schützen. Das beginnt mit dem Prinzip „Know Your Customer“ – also „Kenne deinen Kunden“. Man sollte die Identität und den Hintergrund eines Geschäftspartners immer gründlich prüfen. Wenn zum Beispiel ein Kunde mit ungewöhnlich hohen Barzahlungen kommt oder ein Unternehmen plötzlich sehr hohe Umsätze meldet, ohne dass es erklärbar ist, sollten Alarmglocken läuten.
Darüber hinaus müssen Unternehmen interne Prozesse und Kontrollen einrichten. Besonders wichtig sind Schulungen für die Mitarbeitenden, damit sie Verdachtsfälle erkennen können. Schließlich geht es auch darum, verdächtige Transaktionen rechtzeitig den Behörden zu melden.
Interviewer: Gibt es aktuelle gesetzliche Änderungen, die dabei helfen sollen, Geldwäsche zu bekämpfen?
Kerstin Bntschev: Ja, die Europäische Union hat ein neues Geldwäschepaket verabschiedet. Es enthält unter anderem eine Bargeldobergrenze von 10.000 Euro für Geschäfte. Zudem wird eine neue europäische Behörde zur Geldwäschebekämpfung in Frankfurt eingerichtet. Diese soll grenzüberschreitend für strengere Kontrollen sorgen. Ziel ist es, Geldwäsche europaweit besser zu verhindern und einheitliche Standards zu schaffen.
Interviewer: Frau Bntschev, was raten Sie abschließend unseren Lesern?
Kerstin Bntschev: Seien Sie wachsam und misstrauisch, wenn ein Angebot zu gut klingt, um wahr zu sein. Prüfen Sie Finanzdienstleister sorgfältig, bevor Sie investieren. Und scheuen Sie sich nicht, bei Zweifeln einen Anwalt oder die BaFin zu kontaktieren. Vor allem: Handeln Sie schnell, wenn Sie das Gefühl haben, betrogen worden zu sein. Jeder Tag zählt, um Schäden zu begrenzen und kriminelle Netzwerke zu schwächen.
Interviewer: Vielen Dank für das Gespräch!
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