Hygiene Vorschriften gelten auch fürs Ehrenamt – Lebensmittel Retter sind verantwortlich – eine App genügt nicht – wer online organisiert muss offline kontrollieren
Ein Urteil welches der Initiative sicherlich „weh tun“ wird, aber ein völlig nachvollziehbares Urteil, denn auch die Tafeln in Deutschland müssen sehr viel Geld dafür investieren, um alle Hygienevorschriften einzuhalten. Gerade im Lebensmittelbereich kann man nicht mal soeben „5 gerade sein lassen“. Darüber sollte man sich auch bei den Lebensmittelrettern dann bitte im Klaren sein.
Auch Organisatoren von kostenlosen Angeboten zur nachbarschaftlichen ‚Lebensmittelrettung‘ müssen die lebensmittelrechtlichen Hygienevorgaben beachten.
Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht. Es verwies auf Gesundheitsgefahren für Verbraucher.
Wer anderen die Möglichkeit eröffnet, auf allgemein zugänglichen Warentischen Nahrungsmittel zur kostenlosen Entnahme durch Dritte zu deponieren, die ansonsten dem Verfall preisgegeben wären, unterliegt strengen europarechtlichen Hygienevorgaben. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Berlin den Eilantrag einer Privatperson zurückgewiesen, deren Praxis der Lebensmittelumverteilung ein Berliner Bezirksamt beanstandet hatte.
Der Antragsteller stellt in einem von der Straße aus allgemein zugänglichen Windfang Warentische zur Lebensmittelumverteilung bereit. Dorthin liefert zum einen ein lokaler Biomarkt regelmäßig aussortierte Lebensmitteln an. Deren Verteilung wird über Gruppen von Social-Media-Anbietern organisiert, an denen ca. 750 Personen teilnehmen. Zum anderen bringen auch weitere Dritte Lebensmittel aus privaten oder sonstigen Beständen unkon-trolliert und zur freien Mitnahme für jedermann ein. Das Bezirksamt hatte nach Feststellung ungekühlter, verdorbener und unsauber aufbewahrter bzw. unverpackter Lebensmittel auf den Warentischen die weitere Lebensmittelumverteilung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt. Die hygienischen Voraussetzungen würden nicht eingehalten. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit seinem Eilantrag und machte geltend, er sei kein „Lebensmittelunternehmer“ und daher für die Lebensmittelumverteilung nicht verantwortlich. Das Bezirksamt müsse sich an die Dritten wenden. Zudem diene das Vorhaben dazu, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Die 14. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. Die lebensmittelrechtlichen Vorgaben des Europarechts richteten sich zwar an „Lebensmittelunternehmer“. Hiervon sei aber auch der Antragsteller erfasst. Die Lebensmittelvorgaben beträfen alle natürlichen oder juristischen Personen, die im Vertrieb von Lebensmitteln tätig seien, unabhängig davon, ob die Tätigkeit auf Gewinnerzielung ausgerichtet und ob sie öffentlich oder privat sei oder nicht. Entscheidend sei, dass der Antragsteller den Ort und die Einrichtung bereitstelle und es dulde, dass Dritte Lebensmittel einbrächten. Das Projekt stehe auch nicht im Einklang mit den Hygienevorgaben. Der Antragsteller halte die Warenauslage nicht sauber und er überprüfe die eingestellten Lebensmittel auch nicht hinreichend auf ein Mindesthaltbarkeitsdatum oder die Kühlnotwendigkeit. Dies gefährde die Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das berechtigte Anliegen, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, rechtfertige es nicht, Hygienevorgaben nicht einzuhalten.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.
Beschluss der 14. Kammer vom 21. Oktober 2021 (VG 14 L 453/21)
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