Es ist wohl nicht der Jahresstart, den sich Premierminister Keir Starmer erträumt hatte: Kaum war die Silvesterkaterstimmung verflogen, nutzte Elon Musk die Gelegenheit, eine Twitter-Tirade (oder besser gesagt, eine „X“-Tirade – danke, Elon) gegen den britischen Premier loszulassen. Und nein, es ging dabei nicht um Marsraketen oder Elektroautos, sondern um… britische Politik. Weil warum auch nicht?
Der reichste Mann der Welt – und offenbar auch einer der am wenigsten beschäftigten – hat Starmer und dessen Regierung in einen öffentlichen Streit verwickelt, der ebenso unnötig wie laut ist. In der ersten Woche des Jahres hat Musk die britische Regierung gleich mehrfach der Untätigkeit in der Aufarbeitung von Missbrauchsskandalen beschuldigt und die Freilassung des rechtsextremen Aktivisten Tommy Robinson gefordert. Dass Robinson wegen Missachtung des Gerichts im Gefängnis sitzt und nicht, weil die Justiz plötzlich böse geworden ist, scheint Musk herzlich wenig zu interessieren. Fakten? So 2024.
Elon Musk: Vom Milliardär zum Möchtegern-Premierberater
Dass Musk sich so vehement in die britische Politik einmischt, kommt nicht völlig überraschend. Der Mann, der sich beim US-Wahlkampf von Donald Trump als mächtiger Helfer inszenierte, hat offenbar Geschmack daran gefunden, auch in Europa Chaos zu stiften. Er hat nicht nur die EU mehrfach als „Regelungswut-Dystopie“ beschimpft, sondern auch den deutschen Wahlkampf im Februar ins Visier genommen – zur Freude der AfD, die er kurzerhand als „hoffnungsvolle Alternative“ gelobt hat. Die AfD? Hoffnungsvoll? Für wen, genau?
Zurück nach Großbritannien: Musk fordert nicht weniger als die Absetzung Starmers und seiner Minister, Neuwahlen und – Achtung, es wird königlich – die Auflösung des Parlaments durch König Charles III. Dass das seit fast 200 Jahren nicht mehr passiert ist und eine solche Aktion vermutlich eine kleine, aber feine Verfassungskrise auslösen würde? Ach, Details. Musk hat gesprochen.
Farage & Musk: Eine Bromance für die Populisten-Chroniken
Während die Labour-Regierung überlegt, wie sie mit Musks Social-Media-Exzessen umgehen soll, reibt sich Nigel Farage die Hände. Der Chef der populistischen Reform UK sieht in Musk nicht nur einen Geldgeber, sondern auch einen „Helden“, der junge Menschen begeistert. „Er zeigt uns, wie wir es in Amerika gemacht haben,“ schwärmte Farage kürzlich auf GB News. Übersetzung: „Elon weiß, wie man Chaos macht, und das könnten wir auch hier gut gebrauchen.“
Doch Musk ist nicht nur eine Chance für Farage, sondern auch ein Risiko. Seine Unterstützung für Tommy Robinson – der Held von Musks „Grooming-Gang-Narrativ“ – war selbst für Farage zu viel. „Robinson sitzt im Gefängnis, weil er die Justiz behindert hat, nicht weil er ein Märtyrer ist,“ stellte Farage klar. Aber hey, wenn Musk spendet, kann man ja mal ein Auge zudrücken.
Keir Starmer: Der Premier, der schweigt
Und was macht Starmer? Bislang wenig. Der Premier hat sich bewusst zurückgehalten und Musks Vorwürfe, er habe als ehemaliger Chefankläger bei Missbrauchsfällen versagt, nicht direkt kommentiert. Vielleicht hofft er, dass Musk sich irgendwann ein neues Hobby sucht. Vielleicht eine neue Rakete, die auf Twitter schießen kann?
Aber wie lange kann er schweigen? Musks Angriffe sind nicht nur laut, sondern werden auch zunehmend beleidigend. Er hat Starmers Ministerin Jess Phillips wiederholt als „böse Kreatur“ bezeichnet und ihre Verhaftung gefordert. Die Begründung? Sie priorisiere lokale Ermittlungen vor nationalen – ein Vorgehen, das weder ein Verbrechen noch moralisch fragwürdig ist, aber offenbar trotzdem Anlass für eine digitale Hexenjagd bietet.
Trump, Musk und der Druck auf die „Special Relationship“
Während Musk in Europa wütet, steht im Hintergrund das eigentliche Dilemma: die Beziehung zwischen Großbritannien und den USA. Starmer weiß, dass er auf eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Trump-Administration angewiesen ist. Und Trump? Nun, der und Musk sind bekanntlich Best Buddies. Die britische Regierung kann es sich also nicht leisten, Musk öffentlich zu brüskieren – zumindest nicht, solange der Milliardär als heimlicher Trump-Berater agiert.
Hier kommt die diplomatische Gratwanderung: Starmer muss irgendwie Musk auf Abstand halten, ohne ihn komplett zu verprellen, während er gleichzeitig versucht, den Einfluss von Reform UK und Farage zu minimieren. Eine Aufgabe, die ungefähr so viel Spaß macht wie ein Brexit-Vertrag mit der EU auszuhandeln.
Fazit: Musk, der König der digitalen Anarchie
Obwohl Musk in der britischen Politik (noch) keine große Rolle spielt, zeigt sein Einfluss die Zerbrechlichkeit der aktuellen politischen Landschaft. Seine Unterstützung für rechtsextreme Figuren und Parteien bringt nicht nur neue Herausforderungen mit sich, sondern stellt auch die Frage, wie sehr Social Media die öffentliche Meinung manipulieren kann.
Für Starmer und Labour bleibt die Hoffnung, dass Musk irgendwann das Interesse an Großbritannien verliert – vielleicht zugunsten eines neuen politischen Projekts. Mars-Parlament, oder so?
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