Habecks Kritik an Israels Gaza-Offensive löst Entrüstung in der Union aus

Published On: Montag, 27.05.2024By Tags:

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat mit seinen jüngsten Äußerungen zum Konflikt zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen heftige Kritik aus den Reihen der Unionsfraktion auf sich gezogen. Bei einem Auftritt auf dem Demokratiefest zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes in Berlin hatte Habeck am Samstag die israelischen Militärschläge als völkerrechtswidrig bezeichnet. Diese Einschätzung stößt bei führenden Unionspolitikern auf scharfen Widerspruch und Unverständnis.

„Die Aussagen von Herrn Habeck sind in dieser zugespitzten Situation völlig inakzeptabel und tragen nichts zur Deeskalation bei“, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Johann Wadephul, gegenüber „Welt-Online“. Angesichts der Schwere und Komplexität des Konflikts hätte der Vizekanzler besser daran getan zu schweigen, anstatt einseitig Partei zu ergreifen und Israels Recht auf Selbstverteidigung in Frage zu stellen.

Wadephul forderte Habeck auf, seine Position zu überdenken und klarzustellen, ob er damit auch für die gesamte Bundesregierung spreche. „Es kann nicht sein, dass der Vizekanzler hier einen Keil zwischen die Koalitionspartner treibt und die seit Jahrzehnten enge Freundschaft zu Israel leichtfertig aufs Spiel setzt“, mahnte der CDU-Außenpolitikexperte. Er erwarte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ein unmissverständliches Bekenntnis zur Sicherheit Israels und eine klare Distanzierung von den Äußerungen Habecks.

Noch schärfer fiel die Kritik des CSU-Generalsekretärs Martin Huber aus. Habecks Aussagen seien „unfassbar und beschämend“ und gerade in einer Zeit, in der in Deutschland eine antisemitisch aufgeladene Stimmung herrsche, höchst verantwortungslos, erklärte Huber am Sonntag in München. Der Wirtschaftsminister gieße mit seinen Schuldzuweisungen an Israel zusätzlich Öl ins Feuer und trage zur weiteren Eskalation der Situation bei.

„Wer den jüdischen Staat öffentlich an den Pranger stellt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, antizionistischen Kräften Vorschub zu leisten“, so der CSU-Generalsekretär. Stattdessen müssten sich alle demokratischen Parteien in diesen schwierigen Zeiten klar hinter Israel stellen, das von der Terrororganisation Hamas mit Raketenangriffen überzogen werde. Huber appellierte an die Grünen, auf ihren Koalitionspartner einzuwirken und sich von Habecks „Ausrutscher“ zu distanzieren.

Auch aus der FDP kam Widerspruch gegen den Vizekanzler. Der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber erklärte via Twitter, dass die Bewertung der Rechtmäßigkeit militärischer Einsätze allein der Bundesregierung obliege. „Einzelmeinungen, egal von wem sie kommen, sind in diesem sensiblen Bereich fehl am Platz“, schrieb Faber. Deutschland müsse fest an der Seite Israels stehen und dürfe nicht den Eindruck erwecken, beide Seiten des Konflikts gleichzusetzen.

Habeck hatte auf dem Demokratiefest gesagt: „Die Situation in Israel und Palästina, in Gaza, in den besetzten Gebieten ist dramatisch. Wir sehen, dass die Gewalt auf allen Seiten derart eskaliert, dass es zahlreiche zivile Opfer gibt und die Spirale der Gewalt sich immer weiterdreht. Völkerrechtlich ist das, was Israel im Gazastreifen macht, sehr schwer zu rechtfertigen und zu begründen.“ Das israelische Militär müsse die Verhältnismäßigkeit wahren und dürfe sich bei der Verteidigung gegen die Hamas nicht nur an militärischen, sondern auch an humanitären und menschenrechtlichen Kriterien messen lassen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich am Wochenende nicht direkt zu Habecks Aussagen geäußert. Bei seinem Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Samstagabend betonte er aber das Recht Israels auf Selbstverteidigung gegen die Raketenangriffe aus Gaza. Zugleich mahnte er Verhältnismäßigkeit an und forderte ein baldiges Ende der Kämpfe, um weitere zivile Opfer zu vermeiden.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) telefonierte am Sonntag nacheinander mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen und dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtaje. Dabei trat sie für eine Deeskalation ein und warb für eine Rückkehr zu Verhandlungen. Eine Positionierung zu Habecks Aussagen blieb zunächst aus.

Unterdessen gingen die Kämpfe zwischen Israel und der Hamas unvermindert weiter. Nach Angaben der israelischen Armee wurden seit Freitagabend mehr als 600 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Das israelische Militär reagierte mit Dutzenden Luftangriffen auf Ziele der Hamas und des Islamischen Dschihad. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben bislang 29 Menschen getötet und über 250 verletzt, darunter viele Frauen und Kinder. Israel meldete zehn Verletzte durch Raketensplitter.

Sowohl die USA als auch die EU und die Vereinten Nationen riefen beide Seiten eindringlich zur Zurückhaltung und zur Vermeidung ziviler Opfer auf. In der Region wird befürchtet, dass die Gewalt weiter eskaliert und sich auch auf das Westjordanland ausbreiten könnte. Aus Ramallah wurden am Sonntag bereits Protestmärsche Richtung israelischer Kontrollpunkte gemeldet, die von Sicherheitskräften gewaltsam gestoppt wurden.

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