Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Aufhebung des Haftbefehls durch das Amtsgericht erneut einen Haftbefehl erlassen. Der Beschuldigte sei dringend der Misshandlung seines sechs Monate alten Sohnes verdächtig. Es bestehe der Haftgrund der Fluchtgefahr.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, dass er seinen sechs Monate alten weinenden Sohn durch Anwendung von massiver körperlicher Gewalt ruhigstellen wollte. Er habe dabei den Tod des Kindes billigend in Kauf genommen. Das Kind habe multiple Verletzungen erlitten. Der Beschuldigte wurde nach dem Vorfall Mitte Dezember 2022 vorläufig festgenommen und befand sich in Untersuchungshaft. Nach seiner Vernehmung hob das Amtsgericht den Haftbefehl Ende Dezember 2022 auf. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte das Landgericht zurückgewiesen.
Auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das OLG erneut einen Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen. Es bestehe der dringende Tatverdacht der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit der Misshandlung Schutzbefohlener, begründete das OLG seine Entscheidung. Der Beschuldigte habe den Säugling durch Schläge und das Abschneiden der Luftzufuhr mittels einer über den ganzen Körper geworfenen Decke, die er mit der Hand und seinem Körpergewicht noch auf das Gesicht gedrückt habe, vorsätzlich für eine Dauer von 20 Sekunden körperlich misshandelt. Das Kind habe nicht unerhebliches Verletzungen erlitten. Die Behandlung sei potentiell lebensgefährlich gewesen. Dies hätte der Beschuldigte, der von kräftiger Statur sei, angesichts der eskalierenden Gewalt am Tattag auch erkennen können.
Außerdem bestehe der Tatverdacht, dass der Beschuldigte seinen sehr jungen und am Anfang der Entwicklung stehenden Sohn roh misshandelt habe. Vom Versuch der Tötung sei der Beschuldigte dagegen strafbefreiend zurückgetreten. Er habe vornehmlich das als störend empfundene weinende Kind ruhigstellen wollen. Nach dem Wegziehen der Decke habe er aber seine totbringenden Bemühungen nicht fortgesetzt, sondern das Kind – widerwillig – in Richtung der Mutter auf die Matratze geworfen.
Es liege der Haftgrund der Fluchtgefahr vor. Im Verurteilungsfalle habe der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe zu rechnen, die sich angesichts der massiven Gewalteinwirkungen gegen einen Säugling und der Gewaltspirale am Tattag nicht im bewährungsfähigen Bereich bewegen könne. Der Beschuldigte habe zudem mehrfach seiner Frau gedroht, sie solle nichts sagen, da er sonst ins Gefängnis müsse. Er habe damit nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass er eine Haft vermeiden wolle. Zudem stünden weitere Vorwürfe von Körperverletzungen gegen seine Frau und die gemeinsamen Kinder im Raum. Fluchthemmende Bindungen familiärer oder beruflicher Art lägen nicht vor. Der Beschuldigte habe schon vor den hier relevanten Vorwürfen seinen Arbeitsplatz verloren. Seine Frau sei mit seinen beiden Kindern wieder nach Italien gezogen. Dass der Beschuldigte im Zeitraum nach Aufhebung des amtsgerichtlichen Haftbefehls nach einer Ausreise nach Italien zur Beerdigung seiner Tante wieder nach Deutschland zurückkehrte, stehe der Annahme der Fluchtgefahr nicht entgegen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beschuldigte vielmehr davon ausgehen können, dass infolge der Aufhebung des Haftbefehls keine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung drohe.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.1.2023, Az. 2 Ws 4/23
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