Die Frage haben wir dem Experten für Vertriebshaftung RA und FA HuGR Daniel Blazek (BEMK Rechtsanwälte) gestellt. Denn uns liegen in der Redaktion Anspruchsschreiben gegen Vermittler solcher Angebote vor. Hier seine Antwort:
Sehr geehrte Damen und Herren,
es war nur eine Frage der Zeit, bis die Haftung des Vertriebs für solche Abwicklungsmodelle breiter diskutiert wird. Denn die Versicherungsrückabwicklung hatte in der Vergangenheit Konjunktur und nicht alle vertraglichen Versprechen wurden eingehalten. Bei Unmut liegt nicht nur die Haftung des Service-Dienstleisters nahe, sondern auch des Vertriebs. Dies ist – wie immer – eine Frage des jeweiligen Einzelfalls und erfordert eine individuelle Prüfung und ggfls. Verteidigung. Aber grundsätzlich dürfte Folgendes gelten:
- Pflichtverletzung untersuchen
Wie genau lautet der Vorwurf? Naturgemäß wirft man Vertrieb vor, dass er (vorvertraglich) über bestimmte Umstände nicht aufgeklärt habe. Dabei gilt allerdings nicht der Kanon für die Vermittlung von Kapitalanlagen, sondern es ist auf diejenigen erheblichen Umstände abzustellen, die im Zusammenhang mit dem konkreten Modell der Policen-Rückabwicklung versprochen werden bzw. vertraglich jeweils vorgesehen sind. Besonderes Augenmerk kann dabei – je nach Konstellation – auf der Transparenz der Vergütung des Vertriebs liegen oder der Frage der Rechtsdienstleistung.
- (Rechtliche) Qualifizierung des Haftungsadressaten
Es spielt zudem eine Rolle, ob ein bloßer Tippgeber (Namhaftmacher) oder ein Vermittler in Anspruch genommen wird. Die Pflichtenkreise unterscheiden sich ganz erheblich und damit auch die Verletzungsmöglichkeiten. Darüber hinaus verhalten sich viele vermeintliche Tippgeber faktisch wie Vermittler oder empfehlen die Policen-Rückabwicklung im Zusammenhang mit anderweitig vermittelten Produkten. Eine Abgrenzung ist oft unklar.
- Verantwortlichkeit?
Kann der In-Anspruch-Genommene eigentlich etwas für den vorgeworfenen Schadensgrund oder wusste er nichts davon und hat es auch nicht wissen müssen? Oftmals soll der Vertrieb für Ausführungsfehler der vertraglich Verantwortlichen haften. Jedoch sind Ausführungsfehler keine Aufklärungsfehler. Auch das allgemeine Risiko wissentlicher Pflichtverletzungen des Managements fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Aufklärenden.
- Kausalität
Gerade im Bereich der vermittelten Policen-Abwicklung spielt häufig eine Rolle, ob angesichts der vorgeworfenen Aufklärungspflichtverletzung die Rückabwicklung nicht ohnehin in Auftrag gegeben worden wäre.
- Schadenshöhe
Auch die Frage der Schadenshöhe bedarf zumeist besonderer Betrachtung. Was genau wird als Schaden geltend gemacht? Und wie verhält sich dies zu einem etwaigen Abwicklungsvorteil im Vergleich zur Untätigkeit? Wird sog. großer Schadensersatz begehrt und wie würde sich angesichts dessen der Vorteilsausgleich berechnen?
Sie sehen, dass auch bei anwaltlicher Inanspruchnahme durchaus einige individuelle Umstände relevant werden können und nicht per se eine Haftung besteht.
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